2.000 Menschen trauerten auf Marktplatz und Freiheitsplatz mit den Familien der Opfer vom 19. Februar Deutliches Zeichen des Mitgefühls gesetzt

Etwa 2.000 Menschen hatten sich versammelt um auf dem zentralen Marktplatz und Freiheitsplatz in Hanau auf Videoleinwänden die zentrale Trauerfeier für die Opfer des rassistischen Anschlags Anschlags zu verfolgen. Foto: zli

Hanau/alle Stadtteile(zli)– „Hanau steht zusammen“: Etwa 2.000 Menschen hatten sich versammelt um auf dem zentralen Marktplatz und Freiheitsplatz in Hanau auf Videoleinwänden die zentrale Trauerfeier für die Opfer des rassistischen Anschlags s zu verfolgen.

650 geladene Gäste waren in den komplett abgeriegelten Congress Park Hanau am Schlossplatz gekommen um dort mit Familien, Freunden und der angereisten Politprominenz der Opfer des rassistischen Anschlags vom 19. Februar zu gedenken. Auch an diesem Tag war wieder deutlich zu fühlen wie sehr dieser Tag die Menschen in Hanau getroffen und verändert hat. So kennt man die Stadt einfach nicht. Zwei Stunden vor Beginn der Gedenkfeier um 18 Uhr waren wenige Menschen in der Innenstadt unterwegs, es war sehr ruhig. Die Einzelhandelsgeschäfte waren geschlossen und nur wenige Läden und Kaufhäuser versuchten sich darin einen normalen Geschäftstag anzubieten. Deren Räumewaren allerdings fast leer, nach Shopping stand hier keinem der Sinn. Es wurden hohe Sicherheitsvorkehrungen getroffen, die Zugänge zu den Fußgängerzonen rund um die beiden Plätze waren sehr gut gesichert: Fußgänger konnten passieren, einem Fahrzeug beispielsweise wäre es aber nicht möglich gewesen hineinzufahren. Polizei war überall, die beiden Plätze durfte man erst nach Taschenkontrolle betreten und man war t froh darum - irgendwie hatte man schon das Gefühl, dass man nicht mehr wirklich sicher ist in dieser Stadt.

Ab Beginn der Live-Übertragung des Hessischen Rundfunks füllte sich der Marktplatz langsam. Während der Vorberichterstattung kamen die Umstehenden ins Gespräch, auch wegen des ersten Corona-Falles in Hanau der am Tag zuvor bekannt worden war. Die Zuhörer hatten sich bewusst entschieden trotzdem zu kommen, keine Panik vor einer eventuellen Ansteckung zu haben. Sie wollten noch einmal ein deutliches Zeichen des Mitgefühls setzen für die Angehörigen der Opfer.

„Es gehört für mich zur Verarbeitung dazu, ich will diese Tat irgendwie begreifen und kann es nicht, es ist nämlich einfach nicht zu verstehen.“ Eine junge Frau neben mir drückte damit aus was viele hier denken. Eine Gruppe Jugendlicher erzählte, dass sie einige der Getöteten kennen. „Man kennt sich eben hier, das ist in Hanau so. Ich kenne die eine Familie sehr gut, da ist der Onkel erschossen worden“. Sie erzählten auch von der Angst ihrer Eltern die nicht mehr möchten, dass sie wie früher in die City gehen.

Nachdem die Trauerfeier begann, sprach zuerst Oberbürgermeister Claus Kaminsky, man merkte ihm an wie ihn die letzten beiden Wochen erschüttert haben.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier redete, später Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Die Menschen hörten allen Vorträgen still und andächtig zu, aber als der erste Freund, Kemal Kocak, seine Trauerrede hielt, hätte man buchstäblich eine Stecknadel fallen hören können. Er ließ sein Skript erstmal beiseite, richtete persönliche Worte an die trauernden Familien und Politiker, seine Trauer mitzufühlen ließ vielen Zuhörern die Tränen in die Augen steigen. Auch zwei Schwestern, Ajla Kurtovìc und Saida Hashemi, erzählten in ihren Reden über den unbegreifbaren Verlust ihrer Brüder.

In allen Vorträgen wurde Persönliches über die Getöteten erzählt, wie sie waren und wie sehr sie geliebt wurden. Es waren bewegende Reden, sowohl die der Politiker als auch - ganz besonders ergreifend - die der Angehörigen. Zum Abschluss sang ein Sänger das Lied von John Lennon über den Traum von Freiheit und Frieden für alle Menschen, egal aus und in welchem Land: „Imagine all the people living life in peace“. Die Videoleinwand war danach wieder leer, bis auf eine flackernde Kerze, und die Menschen gingen ein letztes Mal an diesem Abend zum Brüder-Grimm-Denkmal. Dort erinnerten unzählige Kerzen, Bilder und Blumen an die ermordeten jungen Menschen aus Hanau. Es sollte bei der Feier um die Opfer und deren Familien und Freunde gehen, das war der Anspruch und der Wunsch. Die Ermordeten sollten ein Gesicht, einen Namen haben und nicht vergessen werden. Das war gelungen.