An ersten Sonntag im Monat gibt's Konzerte Dietzenbach ist Mekka für Jazz- und Swing-Freunde

Garanten für entspannten Swing und Jazz: Hans-Peter Bartsch, Udo Kaczorowski, Heiko Ommert, Joske Kruijssen und Bernd Theimann. Foto: Mangold

Dietzenbach (man) – Bevor es losgeht, rechnet Manfred Lehr etwas vor. Ein Ehepaar zahle für den Besuch von „Swing und mehr“ im Hotel Atrium am Park rund 35 Euro: Mit Eintritt, Essen und Trinken. Und weil die meisten Besucher das Arbeitsleben schon hinter sich hätten, die Rente nicht bei allen üppig ausfalle, seien manche froh, sich für den Betrag Kultur leisten zu können.

„Eine Stadt wie Dietzenbach mit 30000 Einwohnern müsste so was einrichten können.“ Da dem nicht so sei, wie Lehr ausführt, „springen wir mit Hilfe unserer treuen Sponsoren ein“. Mit „wir“ meint Lehr seine Mitstreiterin Monika Reichenbach, die vor über neun Jahren auf die Idee kam, monatlich ein Jazzkonzert in der Stadt zu veranstalten. „Swing und mehr“ müssen sich einige nicht mehr im Terminkalender notieren, weil ohnehin fest steht, ‘am Sonntag ist Dietzenbach-Time im Hotel Atrium am Park’.

Heute tritt die Band Five Pieces auf. Zu der gehört die niederländische Sängerin Joske Kruijssen. Ihren ersten Einsatz hat die Frau bei „The Girl From Ipanema“.

Das Lied aus den 60er Jahren kennt im Saal natürlich jeder. Die schlichte Melodie, die so leicht ins Ohr geht, sang damals die Brasilianerin Astrud Gilberto, ebenso mit einem Akzent wie heute Joske Kruijssen. Der Charme der Niederländerin liegt ohnehin auch darin, die englischen Texte phonetisch so wiederzugeben, wie es dem eigenen Zungenschlag liegt.

Die meisten, die zuhören, kennen einander. So wie Reinhard Labudda, der in seiner Wahlheimat Babenhausen stets verlässlich die Einladungen zu „Swing und mehr“ in Geschäften auslegt. Manfred Lehr ernannte ihn zum Mitglied eines Fanclubs, was Labudda, der an jedem ersten Sonntag des Monats hier mit seiner Frau Ulrike und einer Freundin des Paars erscheint, erheitert zur Kenntnis nimmt. Das, was Lehr und Reichenbach den Fanclub nennen, ist ein Sextett aus Jazz- und Swingfreunden, die immer zusammen sitzen.

Musiker wie Hans-Peter Bartsch am Schlagzeug, Bernd Theimann am Klavier und der Saxophonist Heiko Ommert werden einen Song wie „I’m Beginning To See The Light“ schon unzählige Male gespielt haben. Abgenudelt hören sich ihre Interpretationen dennoch nicht an, vielmehr gezielt unaufdringlich. Im Mittelpunkt stehen die Melodien, die Texte, die von der Liebe und vom Leben berichten und letztlich nichts anderes ausrücken, als ‘irgendwie geht es immer weiter’.

In der Pause erzählt der Kontra-Bassist Udo Kaczorowski von früheren Jazz-Zeiten in Frankfurt, von den Clubs der Amis, in denen der heute 73-Jährige regelmäßig die Saiten zupfte. Wer die Formation hört, die sich vor über dreißig Jahre gründete und mehrmals die Besetzung wechselte, den kann es wundern, warum Jazz und Swing in den letzten Jahrzehnten schleichend ihr Publikum verlieren. Sicher könnte es mit dem Jazz wieder aufwärts gehen, „vielleicht wird es irgendwann besser, aber das höre ich auch schon lange.“ Kaczorowski erwähnt einen Gig vor kurzem in Frankfurt, „gerade mal zwei Leute hörten zu“. Er selbst kam als Jugendlicher auf den musikalischen Geschmack, als ihm Platten des Vaters in die Hände fielen, „da dachte ich, das ist was für mich“.

In Dietzenbach kann es Kaczorowski nicht passieren, vor leeren Stühlen zu spielen. Rund hundert sind heute besetzt. Monika Reichenbach weiß von Leuten, die zur ersten Jamsession vor neun Jahren kamen und kaum eines der etwa 80 folgenden Konzerte verpassten.

Sicher auch nicht das nächste am Sonntag, 4. September. Dann tritt von 12 bis 14.30 Uhr das Swing-Sound-Orchestra aus Darmstadt im Hotel Atrium am Park an der Waldstraße 84in Dietzenbach auf.