Gedenkfeier für Monika Steinkopf in der Nikolauskapelle Ein großes Herz für Bücher und Menschen

Gedachten Monika Steinkopf: Charlotte Brombach (links) und Helma Fischer. Bild: Faure

Bergen-Enkheim (jf) – Die kleine Hymne „Auf was nur einmal ist“ von Peter Rühmkorf, dritter Stadtschreiber 1976/77, gesungen und am Klavier begleitet von Alexander Keidel-Euler, eröffnete die Gedenkfeier für Monika Steinkopf in der Nikolauskapelle. Monika Steinkopf, 1938 in Hamburg geboren, hat 1978 die Berger Bücherstube eröffnet. „Sie ist immer Hamburgerin geblieben, erfuhr erst vor Kurzem, dass einer ihrer Vorfahren Walfänger war und stürzte sich erneut auf ‚Moby-Dick’“, erzählte ihre Freundin Helma Fischer.

„Bei einer literarischen Veranstaltung säße sie unter uns, nicht in der ersten, aber vielleicht in der dritten Reihe“, bemerkte Charlotte Brombach. Steinkopf hatte selbst unzählige Lesungen organisiert, lud zu Spaziergängen ein, kannte unglaublich viele Anekdoten „ihrer“ Stadtschreiber, die sie über die Jahre begleitet hat. „Monika Steinkopf hat auf das 50. Stadtschreiberjubiläum hingelebt, sie durfte noch dabei sein und starb am 15. September“, sagte Brombach. Steinkopf wollte keine große Trauerfeier, hat sich vielmehr eine Gedenkstunde gewünscht. Diese Zusammenkunft stand sowohl unter dem Motto „Lest, um zu leben“, Aufdruck der Lesezeichen der Berger Bücherstube, als auch unter dem Titel „Erinnerung, zweite Gegenwart“, eine Formulierung von Arnold Stadler.

Barbara Seitz, Freundin und Gewerkschafterin aus München, hatte Monika Steinkopf in der Buchhandlung Lehmkuhl in Schwabing kennengelernt. „Monika hatte viel Energie. Die Buchhandlung in Bergen wurde unter ihrer Leitung zur Wohnstube der Stadtschreiber. Trotz der räumlichen Entfernung haben wir die Verbindung zueinander nie verloren.“ Nachdem Steinkopf 2015 ihre Buchhandlung geschlossen hat, machte Seitz ihr den Abschied mit einer gemeinsamen Reise nach Südfrankreich leichter. Dort trafen sie Keramiker, dieses Metier war die zweite Liebe Steinkopfs.

Giavino Heringer, ein langjähriger Kunde aus der Münchner Zeit, erinnerte sich an die erste Begegnung mit Steinkopf. Er dachte mit Respekt: „Die liest ja das, was sie verkauft.“ Er stellte fest: „Monika war für mich die Ariadne in der Literatur.“

Birgitta Assheuer trug mit Klavierbegleitung Gedichte der Stadtschreiber Helga M. Novak, Peter Härtling, Dieter Kühn, Arnold Stadler, Friederike Roth und Katharina Hacker vor. Veronika Brier erinnerte an die hilfsbereite Buchhändlerin, die sich sehr oft an der Veranstaltung „Literatur am Kirchplatz“ beteiligte. Im Grußwort der Keramikerin Susanne Kallenbach wurde deutlich: Monika Steinkopf kannte sich mit dem besonderen Material aus. Die Buchhändlerin empfahl der Keramikerin das Buch „Rituale“ von Cees Noteboom, das sich um eine kostbare Teeschale dreht. „Da wurde mir klar, dass ich Monika vertrauen konnte“, schrieb Kallenbach.

Bücher und Keramik sind offensichtlich eine gute Mischung, die hochkarätigen Ausstellungen in der Berger Bücherstube waren erfolgreich. Steinkopf hatte sich schon in ihrer Jugend mit Keramik beschäftigt, ein Thema, das sie nie wieder losließ. 2008 erfüllte sie sich einen Traum, veröffentlichte das Buch „Ton und Krüge“ im Insel Verlag.

Arnold Stadler hatte ebenfalls ein Grußwort gesandt: „Es gab eine Freundschaft auf den ersten Blick mit der Stadtschreiber-Päpstin.“ Sie habe die ganze Welt mit dem Lesevirus infizieren wollen, war mit ihrer Bücherstube „Lebensmittel- und Feinkosthändlerin“.

Marcel Beyer, Stadtschreiber 2012/13, unterstrich: „Monika wusste zu jedem Buch eine Geschichte, erzählte ernsthaft und mit blitzenden Augen, ohne Menschen zu blamieren.“ Er selbst habe anlässlich der Verleihung des Büchnerpreises 2016 dankbar auf eine Buchempfehlung von Monika Steinkopf, „Versuchter Selbstmord mit Stecknadeln“ von Ernst Büchner, Arzt und Vater von Georg Büchner, zurückgegriffen.

„Ob Wolfgang wohl etwas zu essen hat?“ Diese Frage beschäftigte Monika Steinkopf irgendwann während der Stadtschreiberschaft von Wolfgang Hilbig (2001/02). Sie teilte den Gedanken mit der befreundeten Katja Lange-Müller. Beide richteten einen Proviantkorb, klingelten am Stadtschreiberhaus: „Hier sind das Rotkäppchen Monika und die Jägermeisterin Katja.“ Es wurde ein wunderbarer Abend. Als Katja Lange-Müller die letzten E-Mails von Monika Steinkopf vorlas, musste die Stadtschreiberin mit den Tränen kämpfen. Am Schluss dieser würdigen und tröstlichen Veranstaltung sangen alle „Geh aus, mein Herz“. Monika Steinkopf hätte dieser Spätnachmittag in der Nikolauskapelle gut gefallen. Sie war ja irgendwie die ganze Zeit dabei.

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