„Es will merr net in mein Kopp enei“ Grandiose Stoltze-Revue begeisterte die Bornheimer

Markus Neumeyer (von links), Susanne Kohnen, dahinter Gregor Praml, Stefani Kunkel und Michael Quast. Foto: Faure

Bornheim (jf) – 14 Tage vor Friedrich Stoltzes 200. Geburtstag war der Saal der Evangelischen Kirchengemeinde Frankfurt-Bornheim rappelvoll: Die Fliegende Volksbühne präsentierte ihre Stoltze-Revue. Stefani Kunkel und Michael Quast erzählten aus dem Leben des Mundartdichters, Journalisten, Verlegers und Streiters für Freiheit und Demokratie.

Gleich zu Beginn „Die Blutblas“, Stoltzes Gedicht über den Streich des Schülers Mohr, der sich mit einer blutgefüllten Schweineblase gegen den „Farrenschwanz“ des Lehrers Diehl gewappnet hatte. „Nu isses vorbei“, kommentierte Quast nach dem Vortrag und schnaufte durch. Der kleine Friedrich atmete schon früh liberale Luft – im Gasthof „Zum Rebstock“, dessen Pächter Stoltzes Vater Friedrich Christian war, trafen sich freiheitlich gesinnte Bürger. Kam die Polizei, sangen sie das unschuldige Lied von der „Fleig an der Wand“ – es wurde an diesem Abend mehrfach unvermittelt eingestreut.

1832 nahm der Vater den 15-Jährigen, der eine Kaufmannslehre begonnen hatte, mit zum Hambacher Fest. Gemeinsam sang das Ensemble das Lied „Fürsten zum Land hinaus“, natürlich in Frankfurter Mundart und neu arrangiert von Markus Neumeyer (Klavier) mit Susanne Kohnen (Oboe, Saxophon) und Gregor Praml (Kontrabass). Ein Jahr später starb Friedrich Stoltzes Vater, der Sohn brach die Lehre ab, setzte sie später in Paris und Lyon fort und kam 1841 zurück nach Frankfurt. Sein erster Gedichtband erschien, 1845 wurde er Vorleser des Frankfurter Bankiers Amschel Mayer von Rothschild.

Einsatz für die Demokratie

1848. Stoltzes Einsatz für Demokratie hat seinen Preis, er wurde verhaftet, allerdings nach dem Verhör wieder freigelassen. Die Revolution war schon fast verloren, da ging Stoltze auf Anraten seines Freundes und Kollegen Ernst Schalck („Was für ein Name“, kommentierte Stefani Kunkel) zu den Freischärlern in die Pfalz. „Nicht weit davon befindet sich Kallstadt. Da wurde Donald Trumps Großvater Friedrich Trump 1869 geboren“, setzte Michael Quast hinzu, „der wanderte 1905 nach Amerika aus.“ „Ei, mer ham enn weg!“, rief jemand aus dem Publikum. Gelächter und Beifall. 1852 veröffentlichte Stoltze die erste Ausgabe seiner „Frankfurter Krebbel- und Warme Broedscher Zeitung“, die zwar in Frankfurt, nicht jedoch in den Nachbarstaaten Hessen und Kurhessen toleriert wurde. 1860 folgt die „Frankfurter Latern“.

„Sachsenhäuserisch – das ging damals so“, erklärte Michael Quast vor einem Loblied auf den Apfelwein: „Wer nix uff’s Stoffche hält, der daut aam laad! Nix so uff dare Welt mecht aam so Fraad.“ Nach diesem grandiosen Vortrag gab es viel Applaus – wie sehr oft nach einzelnen Szenen. Stoltzes Freiheitsdrang und seine Kritik an den herrschenden Zuständen brachten ihm zahlreiche Anzeigen ein. Er verteidigte sich vor Gericht selbst – in Versform. 1880 entstand zum Turnerfest Stoltzes bekanntestes Gedicht, sein Frankfurt-Bekenntnis. 1884 starb nach 35 Ehejahren seine Frau Mary. Elf Kinder hatte das Paar, davon überlebten sieben – darunter vier Töchter.

Revue wird noch einmal aufgeführt

Friedrich Stoltzes erster Sohn Adolph, geboren 1842 – seine Mutter starb ein Jahr später – , wurde ein berühmter Bühnendichter. Friedrich Stoltze starb 1891. Vergessen wurde er in Frankfurt nicht: Seine Zeilen stehen an Häuserwänden, eine Ausstellung befindet sich übergangsweise auf der Galerie im Kundenzentrum der Frankfurter Sparkasse – 2018 soll die Ausstellung in das rekonstruierte Altstadthaus „Goldene Waage“ umziehen. Auf dem Hühnermarkt soll der 1895 der Öffentlichkeit übergebene Stoltze-Denkmal-Brunnen wieder aufgestellt werden. Wer die Stoltze-Revue noch sehen will, muss sich sputen: Am 29. November wird sie im Ledermuseum Offenbach zum letzten Mal gezeigt. Ob Stoltze-Kenner oder nicht – sie ist für jeden ein interessanter, kurzweiliger und lustiger Einblick in Leben und Werk von Frankfurts zweitbekanntestem Dichter.