Achtklässler der Konrad-Haenisch-Schule ist ein Mathe-Ass Nour löst gern knifflige Aufgaben

Murad Ayadi überreicht Nour Aldin Alhakim die Urkunde für den dritten Platz in der zweiten Runde des Hessischen Mathematik-Wettbewerbs. Foto: Faure

Fechenheim (jf) – „Nour, du hast jetzt noch zehn Minuten“, sagt Mathelehrer Murad Ayadi. Der Achtklässler nickt, schaut nicht auf von seinen Aufgaben, konzentriert sich. So, wie er sich seit fast 90 Minuten den Anforderungen in der dritten Runde des 53. Hessischen Mathematik-Wettbewerbs stellt: Allein, nur der Lehrer ist dabei, darf aber natürlich nicht helfen. „Nour hat noch Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache, aber ein deutsch-arabisches Wörterbuch darf er dabei haben, um die Texte auch richtig verstehen zu können“, erläutert Ayadi.

An der ersten Runde des Contests Ende November 2020 nahmen hessenweit in drei Aufgabengruppen mehr als 50.000 Schüler, darunter knapp 100 aus der Konrad-Haenisch-Schule, teil. Nour schaffte es ohne Probleme in die zweite Runde, dort war noch ein weiterer Achtklässler aus seiner Schule mit im Rennen. Ist Mathe also eine Sache für Jungs? „Nein, kann man so nicht sagen, wir hatten im vergangenen Schuljahr zwei Mädchen, die vordere Plätze belegten“, sagt Ayadi, der seit 2012 an der Konrad-Haenisch-Schule unterrichtet.

Dann hat es der 15-jährige Nour Aldin Alhakim geschafft, kommt aus dem Raum und meint: „Die Aufgaben waren schwieriger als in den vergangenen Runden. Aber ich glaube, ich hab‘s gut gemacht.“ Nun freut er sich, seinen Vater zu sehen, der an diesem Tag extra in die Schule gekommen ist. Der Buchhalter floh 2016 aus Syrien nach Deutschland, konnte 2019 seine beiden Söhne und seine Frau nachholen. Der zweite, zwölfjährige Sohn besucht ebenfalls die Konrad-Haenisch-Schule, vor sechs Monaten kam noch ein Mädchen zur Welt, erzählt der Vater mit leuchtenden Augen. War in dieser Konstellation Homeschooling für die Familie nicht eine ganz besondere Anforderung? „Nour hat das alleine gemacht“, erzählt der Vater. „Er hat sogar noch zwei Programmiersprachen gelernt“, bemerkt Klassenlehrer Cornelius Nordhofen, der gerade auf dem Flur vorbeikommt, und lobt den Jungen: „Er ist weit in den Naturwissenschaften, ist kein lauter und auffälliger Schüler, überlegt, was er sagt, ist ein Kopfmensch.“

Die beiden Geschwister interessieren sich für die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Ein bisschen liegt das in der Familie, die Mutter hat beruflich mit Mathematik zu tun und konnte Nour bei der Vorbereitung auf den Wettbewerb helfen.

Coronabedingt wird den Kreissiegern aus der zweiten Runde des Mathe-Wettbewerbs in einer Videokonferenz gratuliert; Murad Ayadi hat den Monitor so zurechtgerückt, dass Nour, der Vater und der Lehrer die Übertragung gut sehen können. Sie sind schon stolz, dass Nour Aldin Alhakim zu den 27 Besten der Kreise gehört und sein Name genannt wird. Das ist eine Urkunde und ein kleines Geschenk wert – die Urkunde überreicht Ayadi dem glücklichen Mathe-Ass allerdings live. Vielleicht gehört er ja am Ende zu den Landessiegern. Nour besuchte vor zwei Jahren eine Intensivklasse, lernte zunächst Deutsch und ist seit diesem Schuljahr im Regelunterricht. Vielleicht lernt er künftig an einem Gymnasium. Was er werden will, weiß Nour schon: Zahnarzt.