Einsteigen, bitte: Vom Ginnheimer Spargel zur Grünen Soße Exkursion mit der Straßenbahn 16

Die historische Pferdebahn im Jahr 1890.

Frankfurt (red) – Sie verbindet den nördlich gelegenen Stadtteil Ginnheim mit dem Frankfurter Süden und führt über Oberrad bis zur Stadtgrenze Offenbach. Dabei passiert sie nicht nur zentrale Orte Frankfurts, sondern weist selbst eine abwechslungsreiche Geschichte auf. Willkommen zu einer historischen Fahrt mit der Straßenbahnlinie 16.

Wo heute elektrisch betriebene Straßenbahnen unterwegs sind, rollten einst von Pferden gezogene Wagen über die Gleise. Ebenso vielfältig wie ihre Entwicklung von einer Pferde- zur elektrischen Bahn sind die Ortsteile, die die Tram 16 auf einer Strecke von zwölf Kilometern durchfährt. Dennoch lassen sich Parallelen zwischen Ginnheim und Oberrad – wo die Linie heute beginnt und endet – erkennen. Zwei Stadtteile gleicher, überschaubarer Größe, mit annähernd derselben Einwohnerzahl, um dieselbe Zeit Anfang 1900 in Frankfurt eingemeindet, sind die Viertel ehemalige Dörfer. Beide ermöglichen Zugang zu grünen Oasen: Das Ginnheimer Wäldchen und der Niddapark machen Ginnheim zu einem beliebten Naherholungsgebiet entlang der Nidda. Die Nähe zum Fluss ist auch Oberrad eigen: Am Mainufer gelegen, bieten sich die weitläufigen Felder, aber auch der zum Stadtwald gehörende Scheerwald, vorzüglich für Spaziergänge und Ausflüge an.

Die Erkundungstour der Ortschaften offenbart zunächst, dass Ginnheim der geografisch um sein Wahrzeichen gebrachte Stadtteil ist. Denn formal betrachtet steht der im Volksmund „Ginnheimer Spargel“ genannte Fernmeldeturm eigentlich in Bockenheim. Er wacht über die Endstation in Ginnheim, wo große Aushängeschilder an den Geschäften gegenüber der Gleise deutlich machen, worum es hier geht: Kiosk Endstation, Pilsstube Endstation oder Endstation 148 ist dort zu lesen. Die Haltestelle teilt sich die Tram-Linie 16 mit den U-Bahnlinien U1 und U9 – Endstation, alle aussteigen. Oder in unserem Fall: Alle einsteigen, die Erkundungstour geht los.

Das kleinstädtische Erscheinungsbild Ginnheims hinter sich lassend, bahnt sich die Linie 16 zunächst ihren Weg zur Bockenheimer Frauenfriedenskirche mit deren imposanten, fast schon andächtig auf die Fahrgäste herabschauenden Marienstatue an der Außenfassade. Von dort aus geht es entlang der für den Stadtteil typischen Altbau-Architektur zur Bockenheimer Warte. Man könnte meinen, auf einer Linie, die den Uni-Campus Bockenheim anfährt, seien viele Studierende anzutreffen. Dass dem nicht so ist, liegt vermutlich daran, dass der ehemalige Hauptcampus der Goethe-Uni sich aktuell in Auflösung befindet.

Benachbart zur Bockenheimer Warte und dem Uni-Campus befindet sich ein weiteres geschichtsträchtiges Gebäude und beeindruckt durch seine Gründerzeit-Architektur: Das seit 1988 von den Städtischen Bühnen als Spielstätte genutzte Bockenheimer Depot. Wie der Name erkennen lässt, handelt es sich bei dem Industriedenkmal um ein ehemaliges Straßenbahndepot, ein Betriebshof der damaligen Pferdebahn und Hauptwerkstatt. Bis zu seiner Stilllegung 1978 fuhren in die dreischiffige Wagenhalle viele Bahnen ein- und aus, um gelagert, gewartet, repariert zu werden.

Eine weitere Besonderheit macht den Bockenheimer Streckenabschnitt aus: Die erste Straßenbahnlinie Frankfurts, die 1872 eröffnete Pferdebahn, fuhr auf einem Teilstück der Linie 16. Mit den Pferdewagen setzte die damalige Frankfurter Trambahn-Gesellschaft einen Meilenstein für nunmehr 150 Jahre Straßenbahngeschichte in Frankfurt. Sich heute mit der Tram fortzubewegen geht deutlich schneller als noch zu Zeiten der Pferdebahnen, die durchschnittlich mit gemächlichen zehn Kilometern pro Stunde unterwegs waren.

Endete die Pferdebahn damals in Bockenheim, fährt die heutige Linie 16 weiter Richtung Messe, die im Stadtteil Westend-Süd liegt. Als weltweit drittgrößtes Messegelände stellt sie einen der wichtigsten wirtschaftlichen Standorte in Frankfurt dar. Ebenso wie die Messe ist auch die kinetische Skulptur „Hammering Man“ ein Wahrzeichen Frankfurts – sie ist ein Symbol für Arbeit und steht seit 1991 vor dem Messeturm. Messe, Skulptur und Straßenbahn stehen für ständigen Wandel und Bewegung. Fahrgäste erreichen die Messehallen über die grüne Ludwig-Erhard-Anlage und fahren dabei über Rasengleis. Insgesamt 12,4 Kilometer begrünter Gleise gibt es im Frankfurter Stadtgebiet, wie die VGF informiert.

Nicht weniger dynamisch als an der Messe geht es am Hauptbahnhof zu, der trubeligsten Station der Linie. Das 1888 eröffnete Gebäude nutzen knapp 500.000 Reisende täglich. Die 16 verbindet die Mainseiten „Hibbdebach“ und „Dribbdebach“. Über die Friedensbrücke fährt sie nach Sachsenhausen. Als Letztes steuert die Tram Oberrad an, auf den hiesigen Feldern werden alle sieben Kräuter der Grünen Soße angebaut.