Congress Park Hanau feiert 20-Jähriges – Im Stadtbild längst behauptet Vom Pferdestall zum CPH

Trotz anfänglich kritischer Töne wegen der „Tankstellenarchitektur“: Congress Park Hanau und Stadthalle geben dem Hanauer Schlossplatz stadtgestalterisch Struktur. Bild: cph

Hanau – 20 Jahre können wie eine Ewigkeit erscheinen, aber auch wie im Flug vergehen. Für das CPH gilt beides: In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich das Haus am Schlossplatz als Ort vielfältiger Veranstaltungen etabliert, wird aber inzwischen auch an diesem historisch exponierten Platz als eine Symbiose aus Denkmal und moderner Architektur wahrgenommen und wie selbstverständlich akzeptiert. Der seinerzeit als „Tankstellenarchitektur“ geschmähte Lückenschluss in der Schlossplatzarchitektur durch das Foyer des Neubaus hat dem Charakter des Platzes gutgetan, ohne ihn einzuengen und ohne Aufdringlichkeit.

Das CPH, so kann man resümieren, hat über die Jahre seinen Platz sowohl als Institution als auch im Stadtbild behauptet.

Dass das CPH an dieser Stelle verwirklicht wurde, hat natürlich eine Vorgeschichte. Eigentlich geht diese bis in die 1920er Jahre zurück, als in Hanau ganz andere soziale und politische Um- und Zustände herrschten. Man war weit entfernt von der Breite der medialen Angebote, den vielfältigen Konsumgewohnheiten und dem Freizeitverhalten unserer Tage. Das gesellschaftliche Leben spielte sich vielfach in Vereinen ab, allein über ein Dutzend Gesangvereine waren in der Stadt aktiv und hatten sich über Zuspruch nicht zu beklagen. Das Vereinsleben, aber auch größere private Feiern, spielten sich in Gasthäusern ab, derer die meisten über einen eigenen Veranstaltungssaal verfügten.

Dennoch brauchte es auch Platz für größere Veranstaltungen, für die schließlich die Stadt Hanau Anfang der 1920er Jahre den ehemals gräflichen-hanauischen Marstall am Schlossplatz, die Stadthalle, erwarb. Dort nun spielten sich Bälle, Konzerte, Konferenzen und Parteiversammlungen der Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg ab. In die Oper oder ins Schauspiel gingen die Hanauer aber in ihr Stadttheater, ein Haus mit eigenem Ensemble und Orchester am damaligen Platz der Republik; heute steht dort das Forum.

Die Bombennächte der letzten Kriegsjahre gingen an Hanau nicht vorbei: Bei Angriffen im Dezember 1944 sowie am 6. Januar und nicht zuletzt am 19. März 1945 fiel die Stadt in Trümmer und mit ihr die Stadthalle, die zuletzt als Lazarett diente. Ebenso das von Erbprinz Wilhelm 1768 erbaute Theater. Hanau war nach der fast 90-prozentigen Zerstörung in wenigen Nachkriegsjahren im Wesentlichen wieder aufgebaut. Auch die schnelle Wiederherstellung der Stadthalle als Veranstaltungsort gehörte dazu, doch blieb das alte Theater Ruine. Ein Wiederaufbau wurde zwar diskutiert, dann aber verworfen; Kostengründe waren wohl ausschlaggebend. Für das Hanauer Theaterpublikum wurde deshalb die Stadthalle für die nächsten Jahrzehnte der Ort für Musik- und Sprechtheater. Mit allen Nachteilen, die ein solches Provisorium halt nun mal hatte. Inklusive der allen Provisorien eigenen Beständigkeit.

Das ging sogar einige Jahrzehnte gut. Die Hanauer Volksbühne, ein Bildungsverein in sozialdemokratischer Tradition, 1933 von den Nazis aufgelöst und 1946 wiedergegründet, bestritt in jenen Jahren im Wesentlichen das Theaterangebot in Hanau mit den verschiedensten Tourneetheatern. Man lernte, mit den Verhältnissen umzugehen. Und der Motor des Vereins und langjährige Vorsitzende Heinz Niedenthal, prominenter Hanauer SPD-Mann und bestens in der westdeutschen Theaterszene vernetzt, schaffte es mit seinem Team, ein überaus vielseitiges und anspruchsvolles Programm in Hanau zu etablieren.

Doch mit den Jahren wurden die Zustände unhaltbar. Eine zu kleine Bühne, mangelhafte und unzulängliche Bühnentechnik, miserable Künstlergarderoben, ein enger Orchestergraben, schlechte Akustik – und auch die Küchendüfte, die aus der angrenzenden Küche des Bürgerhaus-Restaurants in den Saal wehten: Das alles war eine Zumutung für die auftretenden Schauspieler und Musiker, aber auch für das Publikum.

Immer weniger waren bekannte Gastspielbühnen bereit, in Hanau aufzutreten. Allein Niedenthals Hilferufe verhallten jahrelang ungehört.

Richtig eng wurde es dann Anfang der 1980er Jahre. Das Pfalztheater Kaiserslautern, sozusagen die Hanauer Hausbühne, bekam ein neues Haus. Dessen Bühnendimension ermöglichte Kulissen, die auf der Stadthallenbühne kaum mehr unterzubringen waren, Gastspiele in Hanau mithin fraglich wurden. Wenn man also als Theaterspielort, zumal vor dem Hintergrund einer über 200-jährigen Tradition, überleben wollte, musste Abhilfe geschaffen werden. Doch weder zu einer grundlegenden Erneuerung der Spielstätte Stadthalle, noch zu einem Neubau waren die politischen Entscheidungsträger damals bereit. Auch der 1986 eingesetzte Kulturdezernent Klaus Remer (SPD) fand bei seinen Genossen kein Gehör, setzten diese doch inzwischen eher auf ein „multifunktionales Zentrum“ – in dem alles und nichts möglich gewesen wäre.

Zwar beteuerte die Politik quer durch die Fraktionen vielfach Verständnis für die missliche Lage, doch neben einer tatsächlichen oder gefühlt insgeheimen Ablehnung eines „bürgerlichen“ Theaters durch die tonangebende SPD, gab es grundsätzliche Dissonanzen schon beim Standort. Die Nicolay, der Wallweg oder der Schlossgarten entlang der Heinrich-Bott-Straße wurden ebenso wie der Freiheitsplatz ins Auge gefasst und wieder verworfen. Derweil drohte Hanau die Zeit davonzulaufen. Die lange gärende Idee, in einem Förderverein die Interessen des Hanauer Theaterpublikums zu bündeln und durch massive Öffentlichkeitsarbeit für ein neues Haus zu werben, wurde dann 1987 konkret. An die Spitze setzte sich Helmut Blome.

In dem damaligen, in der Stadt hochgeachteten Chefredakteur des HANAUER ANZEIGER trat damit der Journalist hinter den Theaterliebhaber zurück; es gelang ihm in kürzester Zeit, neben den rund 100 zur Gründung erschienenen Hanauern – es sollten mehrere Hundert werden – einiges an Prominenz im Verein zu versammeln: Heinz Niedenthal, den Architekten Hans Clormann, den kunstsinnigen Bürgermeister Wolfgang Strecke, den Handwerksmeister Dietrich Brüggemann und last but not least die „Grande Dame“ der Hanauer Kulturszene, Pauli Schmorell.

Einen Zahn indes zog Blome hartnäckigen Hanauer Theaterromantikern sofort: Mit ihm werde es kein reines Theater und kein eigenes Ensemble in Hanau geben. Es scheint, als habe Blome geahnt, welche finanziellen Bürden auf die öffentlichen Haushalte im 21. Jahrhundert zukämen, und vor allem, wie sich Freizeitverhalten und Kulturgenuss dereinst verändern würden.

Der Verein unternahm alsbald zahlreich Informationsreisen zu anderen Theaterspielorten, solchen mit reinen Theatern und solchen mit kombinierter Nutzung. Doch Anfang der 1990er Jahre wurde es langsam eng: 1994 nahm Margret Härtel (CDU) auf dem Hanauer Oberbürgermeistersessel Platz. Und mit ihr kam auch Bewegung in die Theaterfrage. Es stellte sich kurz darauf heraus, dass die Stadthalle so marode war, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie feuerpolizeilich geschlossen werden müsste.

Nun ging es plötzlich schnell und nur noch um eine bauliche und technische Aufwertung der alten Stadthalle durch einen radikalen Umbau nebst einem Neubau anstelle des auch schon wieder maroden Bürgerhauses aus den 1960er Jahren. Warum nicht gleich so, kann man heute fragen. Das Ergebnis nämlich war das, was heute als CPH 20-jähriges Bestehen feiern kann.

Es waren damals gleich mehrere Faktoren, die da zusammenwirkten: Der öffentliche Druck, den der Theaterförderverein qua seiner Existenz ausübte, zeigte Wirkung bei den politischen Entscheidern, weiteres Taktieren war nicht mehr!

Die Oberbürgermeisterin stand hinter dem Projekt und der Stadtkämmerer, ein gewisser Claus Kaminsky (SPD), blickte auf eine wohlgefüllte Kasse, hatte man doch gerade erst einen Teil der Stadtwerke verkauft. Und an der Schwelle zum 21. Jahrhundert wurde auch in der SPD die Zukunftsfrage diskutiert: Was macht das Hanau des 21. Jahrhunderts aus?

Blickt man heute zurück, so erscheint vieles kleinkariert, was einen ordentlichen Veranstaltungsort in Hanaus Innenstadt jahrzehntelang verhindert hat. Doch dass es schließlich zu der letztlich verwirklichten, wenn auch 30 Millionen D-Mark teuren Lösung kam, ist in der Retrospektive eben auch ein Glücksfall. Ohne dass dies intendiert gewesen wäre, hat Hanau mit dem CPH heute nicht nur eine vielseitig nutzbare, zentrale Adresse.

Die Großstadt Hanau hat, indem sie kulturelle Infrastruktur an zentraler Stelle belassen und aufgewertet hat, zugleich die Hanauer Altstadt belebt und die Stadtarchitektur in der geglückten Verbindung von historischem und zeitgenössischem Bauen bereichert. Zukunftsorientiert, könnte man sagen.

Von Werner Kurz