„Essenzen“ von Christoph Schindler im Karl-Mayer-Haus Reich an Stein statt steinreich

Der Bildhauer Christoph Schindler (rechts) sprach bei der Vernissage zu seiner Ausstellung „Essenzen“ im Karl-Mayer-Haus zu vielen Besuchern. FOTO: M

Obertshausen – Sie heißen „Maison Beige“, „Das hohe Haus“, „Beinkleid“ oder schlicht „Eindrücke“. Viele der steinernen Körper tragen keinen Namen, aber alle eröffnen ganz neue Ein- und Durchblicke.

Der Heimat- und Geschichtsverein (HGV) kehrte zu einer seiner Wurzeln zurück und präsentiert im Karl-Mayer-Haus nun die Ausstellung „Essenzen“ des Obertshausener Bildhauers Christoph Schindler.

Der Künstler lebt und wirkt heute gerade um die Ecke, verlieh dem Heimatmuseum bereits zum Start 1994 ein Gesicht. Genau genommen sind es drei Köpfe, die der „Klüngel“ zusammensteckt. Die Skulptur begrüßt den Besucher unauffällig im Hof, mit sehr sparsamen Konturen auf glattem Stein, und doch klar in ihrer Botschaft. Andere Exponate fordern die Fantasie von Betrachterin oder Betrachter heraus.

Zwei Dutzend Werke verteilen sich jetzt im Saal und in den offenen Räumen des Hauses und unterstreichen das Verständnis als Werkstatt-Museum. Schindler arbeitet mit Sand- und Kalksandstein aus verschiedenen Regionen, mit Anröchter Dolomit, Basaltlava, Trachyt, Marmor und Stahlblech. Er gestaltete Altäre, Ambos, Taufbecken und andere Elemente für die heimischen Kirchen Herz Jesu und St. Thomas Morus, aber auch für den Wormser Dom, das Priesterseminar in Mainz sowie zahlreiche weitere Gotteshäuser zwischen Gießen, Hanau und Speyer.

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Aus seiner Werkstatt stammt auch das Ensemble „Genossenschaft“ vor der Volksbank Maingau in Hausen und der „Dreiklang“ am Eingang des Waldparks in Ste. Genevieve des Bois. Akzente setzte er auf Friedhöfen, so in Seligenstadt und auf dem Sternenkinderfeld in Heusenstamm. Derzeit berät er mit dem ehemaligen Vorsitzenden des HGV, Professor Klaus Werner, als Beauftragter des Landesverbands der jüdischen Gemeinden in Hessen bei der Gestaltung von Grab- und Gedenkstätten.

Der 58-Jährige machte sein Abitur am Leibniz-Gymnasium in Offenbach, absolvierte eine Lehre beim Bildhauer Alois Schneider in der Lederstadt und studierte an der Bildhauerschule in Müllheim in der Schweiz. Für seine Arbeiten erhielt er Stipendien und mehrere Auszeichnungen, stellte im Rhein-Main-Gebiet, aber auch in Süddeutschland, Schweiz und Österreich aus.

Die „Essenzen“ hatte Schindler bereits für 2020 zusammengestellt, erinnerte HGV-Vorsitzender Armin Paul bei der Vernissage. So viele Gäste wie selten zuvor tummelten sich auf den Etagen und im Hof, wo die Jazzband Obertshausen mit dem einstigen Kultur-Chef unserer Zeitung, Klaus Ackermann, an den Tasten das Ereignis begleitete.

Einen „humorvollen, aufmerksamen Menschen und guten Beobachter, zupackend, gestaltend und wie für die Kunst geschaffenen“, lobte der Hausener Autor und Freund Ludo Kaiser den Mann mit den großen Händen. „Er sägt, schleift, meißelt und poliert Stein, der Staub ist sein ständiger Begleiter“, charakterisierte der Kulturschaffende aus Offenbach. „Er ist nicht steinreich, aber reich an Stein“, kennzeichnete Kaiser den „Meister der strukturellen Klarheit“.

„Alles entwickelt sich beim Arbeiten“, erläuterte Schindler in wenigen Worten, „Stein ist eines der ersten Ausdrucksmittel des Menschen“. Die Figuren auf den verschiedenen Ebenen des Museums dokumentieren Schaffensperioden und Werkgruppen.

Während der Ausstellung von Christoph Schindler ist das Museum an jedem Sonntagung bis zum 24. Juli von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

Von Michael Prochnow