Ginkgo-Verein lässt Besucher hinter die Kulissen seiner Häuser blicken Viel mehr als nur altersgerechtes Wohnen

Der Garten ist die wahre Pracht: Petra Beißel (links) und Ute May-Baldner (Dritte von links) mit den Gästen. Bild: Jost

Langen – Im Garten des Ginkgo-Hauses I ranken sich Rosen in gepflegten Beeten, es gibt ein Kräuterbeet, Bänke laden zum Sitzen ein, und unter dem Pavillon treffen sich die Bewohner im Sommer häufig zum gemeinsamen Kaffee. Unlängst hatte der Verein zur Besichtigung der Häuser eingeladen, um Interessierten einen Blick hinter die Kulissen des gemeinschaftlichen Wohnens zu ermöglichen.

Petra Beißel, Vorstandsmitglied im Verein, begrüßte die Gäste auf der Terrasse des Gemeinschaftsraums. „Ich bin noch relativ neu hier im Haus. Ich hatte mich dazu entschieden, mich mit dem Eintritt der Rente um gemeinschaftliches Wohnen zu kümmern. Das habe ich getan und es hat zum Glück relativ schnell geklappt“, sagt sie.

Ute May-Baldner führt in ihre Wohnung im vierten Obergeschoss von Haus I. Ihr Zuhause und die dazu gehörende Dachterrasse bietet den Blick über das komplette Neubaugebiet an der Elisabeth-Selbert-Allee. „Als ich hier 2002 eingezogen bin, war dort noch alles grün“, sagt sie. May-Baldner gehört zu den Mitbegründerinnen des Vereins. „Ich war 52 Jahre alt, als ich begann, mich für ein gemeinschaftliches Wohnen zu engagieren. Mein Umfeld reagierte verständnislos“, erinnert sie sich.

Das gemeinschaftliche Wohnen hat sich auch nach mehr als 20 Jahren bewährt. Der Kontakt unter den Nachbarn ist gut. Die Bewohner achten aufeinander, wenn einer krank ist, geht man füreinander einkaufen. Deswegen ist es so wichtig, dass sich jeder neue potenzielle Mieter oder Käufer in dem jeweiligen Haus vorstellen muss und ausgesucht wird. Bei aller Gemeinschaft hat trotzdem jeder in seiner Wohnung sein eigenes Reich und kann die Tür zu ziehen. Es gibt bestimmte Regeln, an die sich alle halten müssen: Ein Treffen im Monat, bei dem alle Themen besprochen werden, ist verpflichtend. „Außerdem haben wir in unseren Verträgen festgeschrieben, dass sich jeder vier Stunden in der Woche für die Gemeinschaft einbringt“, sagt Wolfgang Braun, Vorsitzender des Ginkgo-Vereins. Wie das im Detail aussieht, ist jedem selbst überlassen. „Jeder macht eben das, was ihm liegt. Das wird auch nicht kontrolliert“, sagt Ute May-Baldner.

Die Gemeinschaft geht über das Wohnen hinaus: In Haus II teilen sich zehn Bewohner vier gemeinsame Autos. „Über eine App können wir Nutzungszeiten eintragen. Die Fahrzeuge werden so viel effizienter und kostengünstiger genutzt“, sagt Wolfgang Braun. Bei aller Freude über das so positive gemeinschaftliche Wohnen, es gibt schon mal Schwierigkeiten. Auch davon erzählen die Verantwortlichen. Gerade zuletzt sorgt die Wohnung eines verstorbenen Mitbewohners für Kopfzerbrechen. Bestenfalls kann über den Verein ein neuer Eigentümer gefunden werden, denn eine Warteliste gibt es. „Wenn die Erben aber den höchstmöglichen Preis für die Wohnung erreichen möchten, wird es schwierig“, bedauert Braun, dass dies über einen Makler am Verein vorbei abgewickelt wird.

Die Gastgeber verstehen es gut, Lust auf gemeinschaftliches Wohnen zu machen. Sie sagen aber auch, dass es selten zu früh ist, sich Gedanken um Wohnen im Alter zu machen. Dem Verein ist es lieb, wenn eher jüngere Bewohner neu dazu ziehen, weil sie noch fit genug sind, um Gemeinschaftsprojekte anzupacken.
 njo