Umweltschutzgruppen wollen Zeichen setzen Stadtgründungstag ohne Autos

Straßen voller Autos, so soll es in Neu-Isenburg am 24. Juli am Geburtstag der Stadt nicht aussehen. Mehrere Umweltschutzgruppen rufen zum autofreien Sonntag auf.

Neu-Isenburg – Wenn Energie knapp wird, greift ein wirksames Rezept, das in der Bundesrepublik schon 1973 angewendet wurde. Als ein Engpass der Versorgung mit Erdöl drohte, ordnete die Regierung im November vor 49 Jahren per Energiesicherungsgesetz ein Tempolimit und vier autofreie Sonntage an. Die Menschen gingen auf den Straßen spazieren, radelten über Autobahnen und Kinder nutzen die leeren Asphaltpisten an den Adventssonntagen 1973 als Schlittenbahn.

Für autofreie Sonntage gäbe es auch heute mit Blick auf den Klimawandel sowie den Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine und die teuren Spritpreise starke Argumente. Dieser Ansicht sind die Mitglieder der Neu-Isenburger Umweltorganisationen Allgemeiner Deutscher Fahrradclub (ADFC), Naturschutzbund (Nabu), Verkehrsclub Deutschland (VCD) und der Watt-Club, die Bürgerinitiative für die Energiewende und den Klimaschutz in Neu-Isenburg. Sie setzen sich für einen autofreien Sonntag ein und appellieren an alle, am 24. Juli die Autos freiwillig stehen zu lassen und aufs Fahrrad sowie auf Bus und Bahn umzusteigen. Damit könne die Luft ein bisschen sauberer werden und Energie und Geld gespart.

Der 24. Juli ist für Neu-Isenburg bekanntlich nicht irgendein Tag, sondern er gilt als Gründungstag, als Geburtstag der Stadt. 1699 leisteten dem Landesherrn Graf Philipp 34 französische Glaubensflüchtlinge, Hugenotten genannt, im Offenbacher Schloss den Treueid. Der Graf hatte den Migranten an der Südgrenze zur Stadt Frankfurt Land gegeben, damit sie sich dort ansiedeln und ihre Religion ausüben können.

So entstand Neu-Isenburg, in dem am 323. Geburtstag nach Vorstellung der Umweltschutzgruppen keine Autos fahren sollen.

Nabu, ADFC und Co. hatten eigentlich eine noch größere und wirksamere Aktion gegen die Luftverunreinigung durch Abgase geplant, doch nach Darstellung von Gisela Mauer, Sprecherin der Gruppen, spielte der Magistrat dabei nicht mit. Gewünscht hatten sich die Umweltschützer einen ganzen „Sommer fürs Klima“. Der sogenannte Park(ing) Day sollte nicht nur einen Tag dauern, sondern über Monate hinweg hätte es auf der Frankfurter Straße Aktionen gegeben. Die Aktiven wollten damit veranschaulichen, wie das Leben menschenfreundlicher, mit weniger Lärm und Schadstoffausstoß, weniger Unfällen und Gefahren im Fuß- und Radverkehr und mit mehr Achtsamkeit gegenüber den Schwächeren aussehen könne, so die Sprecherin.

Für den 24. Juli haben sich die Umweltschutzgruppen gewünscht, dass die Frankfurter Straße zwischen Karlstraße und Friedhofstraße gesperrt wird. Dort hätten die Anwohnerinnen und Anwohner und alle anderen Geburtstag feiern können. Wer von außen komme, mit dem Rad oder dem ÖPNV, „hätte unsere Stadt an diesem Tag von ihrer besten Seite erleben können: gesellig, kreativ und mit viel Platz zum Flanieren“, so die Klimaschützer.

Enttäuscht sind die Veranstalter nicht nur wegen der Absage der Stadt, die eine Sperrung verweigere – sondern auch, weil der beschlossene Start von Tempo 30 auf der Nord-Süd-Achse in Neu-Isenburg sich weiter verzögere. „Nach jahrelangem, zähem Ringen sollte es im zweiten Quartal 2022 endlich losgehen mit der einjährigen Probephase von Tempo 30 auf der Frankfurter Straße, doch jetzt wird es eher Anfang September“, kritisieren die Umweltschutzgruppen.

Die geplante Aktion zum freiwilligen Verzicht aufs Autofahren am 24. Juli wollen sich die Umweltorganisationen aber nicht vermiesen lassen. Sie hoffen, dass sich viele Bürger beteiligen und den von ihnen ausgegebenen Geburtstags-Slogan beherzigen: „Drei zwo drei – da hat mein Auto frei“.  
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