Wolfgang Runkel hört als Kantor in Bergen-Enkheim auf Emotionen in Tönen

Gemeinsam mit Sopranistin Rahel Maas übt Wolfgang Runkel für das letzte Konzert in seiner Funktion als Kantor in Bergen-Enkheim. Bild: Zöllner

Bergen-Enkheim (iz) – „Ich bin ein unglaublicher Perfektionist und ich bin auch streng“, gibt Wolfgang Runkel zu und muss lachen. „Gleichzeitig bin ich aber auch bekannt für meine Geduld und Hartnäckigkeit. Das Großartige am gemeinsamen Musizieren sind die Emotionen in den Tönen“, sagt der 42-Jährige. Mehr als zehn Jahre lang war Runkel als Kantor in der Evangelischen Kirchengemeinde Bergen-Enkheim tätig. Unter anderem wegen der Reformpläne der Kirche Kurhessen-Waldeck, zu der Bergen-Enkheim gehört, geht Runkel nun einen neuen Weg. Seit Sommer dieses Jahres unterrichtet er nun am Franziskaner-Gymnasium Kreuzburg in Großkrotzenburg Musik und Religion.

Runkel hatte 2011 die Leitung der Kantorei und die Organistenstelle in Bergen-Enkheim eigentlich nur vertretungsweise für den damals erkrankten Bastian Baumann übernommen. Als sein Vorgänger starb, wurde der gebürtige Friedberger sein offizieller Nachfolger mit einer halben Stelle im Kantorat. Schon damals eine Sparmaßnahme der Kirche, was Runkel allerdings die Freiheit verschaffte, weiterhin freiberuflich für verschiedene Projekte zu arbeiten. „Mein Vorgänger hat mir ein reich bestelltes Feld hinterlassen und unheimlich viel bewegt. Das wollte ich weiter beibehalten“, sagt der zweifache Familienvater, der in Gelnhausen aufgewachsen ist. Das ist ihm unter anderem mit einer Konzertreihe und einem Podcast auch gelungen. Die Konzertreihe wurde indes durch die Coronapandemie unterbrochen.

Mit sechs Jahren begann er Klavier zu spielen, sang im Chor und war Orgelschüler. „Kürzlich ist meine Klavierlehrerin im Alter von 96 Jahren gestorben, ich habe bei ihr die Trauermusik gespielt“, erzählt er. Das Abitur legte er am Karl-Rehbein-Gymnasium ab, einer Schule mit musikalischem Schwerpunkt. Danach studiert Runkel an der Frankfurter Musikhochschule Frankfurt Schulmusik, Klavier und Evangelische Kirchenmusik.

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Schon während seines Studiums arbeitet Runkel freiberuflich als Fotograf und Musiker unter anderem für die Frankfurter Oper als Pianist bei der Kinderoper. Des Weiteren ist Runkel als Chorleiter der Opernakademie in Bad Orb aktiv und leitet den Volkschor in Niederrodenbach.

Die Pandemie hat Bewegung in vieles gebracht. Seine Freiberuflichkeit war coronabedingt auf Eis gelegt, sein Einkommen hatte er lediglich aus der halben Kantoreistelle. Schon 2018 zeichneten sich weitere Reformkurse der Kirche ab. „Es war klar, dass es starke Veränderungen geben wird, auch wenn meine Stelle noch bis 2026 erhalten geblieben wäre. Vor einem Jahr bekam ich das Angebot, in den Schuldienst zu gehen“, erklärt Runkel, der passionierter Hobby-Biologe ist. Als Schüler hatte er sich mehrfach bei „Jugend forscht“ für den Landeswettbewerb qualifiziert. Nun geht der 42-Jährige an die Schule, die ihn damals gern als Oberstufenschüler gewinnen wollte. Den musikalischen Schwerpunkt soll er dort aufbauen. Sechs Klassen der Jahrgangsstufen fünf bis zehn wird er nun sein musikalisches Wissen weitergeben.

Ein letztes Konzert in der Laurentiuskirche hat der Kirchenmusiker noch für den November zusammengestellt, zusammen mit dem Kantorat in Bad Vilbel. Gemeinsam mit Sopranistin Rahel Maas übt er die verschiedenen Passagen am Flügel. Nach dem Konzert ist das Kantorat Geschichte. Mit dem Weggang von Runkel fällt das Kantorat nämlich komplett weg. Die Arbeit des Kantors soll auf mehrere Personen aufgeteilt werden, die sich neben- und ehrenamtlich um Gottesdienstmusik, Chor, Instrumente und Konzerte kümmern sollen. Sparmaßnahmen eben.