Ein Palast für den Gänsehirten Malteser veranstalten Märchenstunde in Bornheim

Lioba Abel-Meiser und Kathrin Sommer mit Deko-Stücken in der Stadtteilbibliothek Bornheim. Foto: Faure

Bornheim (jf) – Die Malteser hatten zur Märchenstunde in die Stadtteilbibliothek Bornheim eingeladen – zu einer Veranstaltung für Erwachsene. Bibliotheksleiterin Kerstin Herkströter begrüßte die Besucher. Lioba Abel-Meiser, bei den Maltesern verantwortlich für ehrenamtliche soziale Dienste, und ihre Kollegin Kathrin Sommer, im ambulanten Hospizdienst tätig, stellten sich kurz vor.

 „Märchen und Sterben“ lautete das Thema. Keine leichte Kost, daher auch nichts für Kinder. Auf dem Tisch vor den beiden Erzählerinnen lagen verschiedene Utensilien; ein Spiegel, ein Kamm, ein großer roter Apfel, ein gelbes Papierboot, zwei Gartenzwerge, eine Kiste mit runden, flachen Glassteinen.

Was sind Märchen? Überlieferungen – zumindest bei den Brüdern Grimm. Geschichten, die Elemente aus Sagen und Mythen enthalten, Wahrheiten und Phantasien. „Oft passieren gerade den kleinen Leuten in den Märchen große Wunder. Das bedeutet auch: Trau der Sehnsucht, geh los“, bemerkte Lioba Abel-Meiser. Sie las „Schneewittchen“ vor. Gleich zu Beginn stirbt die Königin, die sich ein Mädchen „so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und mit so schwarzen Haaren wie Ebenholz“ gewünscht hatte. Das Kind ward geboren und verlor nach kurzer Zeit seine Mutter – ein harter Schlag. Doch es sollte noch schlimmer kommen, denn der König und Kindsvater nahm sich eine neue Frau, die ständig ihren magischen Spiegel befragte und, als sie nicht mehr „die Schönste im Land“ war, Mordabsichten hegte. Das Märchen ist bekannt, der für Erwachsene geschriebene Schluss der Urfassung dagegen nicht so sehr: Die böse Stiefmutter bekommt auf dem Ball zur Hochzeit ihrer Stieftochter glühende Pantoffel gereicht und muss sich darin zu Tode tanzen. Hart. Aber irgendwie auch gerecht. Oder?

„Was bleibt nach dem Märchen als Bild im Kopf?“, fragte Abel-Meiser. „Der gläserne Sarg“, „die glühenden Schuhe“, „der Schnürriemen“, antworteten die Zuhörenden. Und wie viel Sterben enthält das Märchen? „Viel – schon am Anfang stirbt die Mutter.“ „Jedes Leben hat seine Zeit.“ „Auch die Sehnsucht, den Tod zu überwinden, spielt eine Rolle.“ „Der Tod wird als Strafe dargestellt.“ Es gibt Parallelen zwischen Schlaf und Tod – in der griechischen Mythologie sind Hypnos, der Schlaf, und Thanatos, der Tod, Söhne der Nyx, der Nacht.

Kathrin Sommer trug die nächste Geschichte, „Der Tod und der Gänsehirt“, vor. Die Parabel ist nur in der ersten Auflage der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 1872 zu finden, stammt aus Georg Philipp Harsdörffers Sammlung „Der grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichten“.

Ein Gänsehirt begegnet am Fluss dem Tod, der aus dem Wasser kommt und aus der Welt will. Der Hirte möchte mit, aber der Tod sagte, es sei noch zu früh. Statt des Hirten nimmt er einen Geizhals mit, der ertrinkt. Später holt er den Hirten, der in einer anderen Welt im Palast wie ein König leben darf. „Gibt es einen Himmel nur für Hirten?“, fragte eine Besucherin augenzwinkernd. Doch wer weiß das schon.

„Märchen helfen manchmal, mit Kranken, die nicht mehr geheilt werden können, über das Sterben ins Gespräch zu kommen und ihnen die Angst davor zu nehmen“, erklärte Lioba Abel-Meiser. Das bedeute jedoch nicht, dass bei Besuchen im Hospiz Märchen vorgelesen werden. Im Übrigen würden Kinder mit dem Tod und dem Sterben leichter umgehen, sie richteten sich in ihrer Phantasie eine eigene Welt ein, in der die verstorbene Oma von einer Wolke aus dem Enkel zuschaut und so irgendwie immer noch da ist.

„Märchen sind ein unerschöpflicher Schatz und durchaus nicht nur etwas für Kinder“, sagte Lioba Abel-Meiser am Ende der ungewöhnlichen Märchenstunde. Kathrin Sommer hatte noch eine besondere Überraschung für die Gäste: Jeder durfte sich einen Glasstein aussuchen, wenn er aus der Kiste genommen werde, solle man an ein besonders schönes Erlebnis denken. Der Glasstein sei nun immer mit diesem guten Moment verbunden und erinnere daran, sobald man ihn in die Hand nehme. Das wollte jeder Gast probieren.

Mehr über die Arbeit der Malteser und weitere Veranstaltungen ist unter www.malteser-frankfurt.de zu finden.