Halbzeit bei der Lesungsreihe „Zwischen Friedhof und Himmel“ Zum Nachdenken anregen

Pavel Buchweitz absolviert seinen Bundesfreiwilligendienst bei Polymer FM und hat sich für seine Lesungsreihe mit dem Thema Leben und Tod auseinandergesetzt. Bild: Mariia Bykova/Polymer FM/p

Fechenheim (red) – Für das bewegende Projekt „Zwischen Friedhof und Himmel – Geschichten, Gedichte, Texte und Gedanken zu Leben und Tod“ des Vereins Polymer FM hat sich Pavel Buchweitz, der beim Verein seinen Bundesfreiwilligendienst absolviert, intensiv mit dem Thema Leben und Tod auseinandergesetzt. Dabei ist er gerade einmal 18 Jahre alt. Bei insgesamt vier Veranstaltungen vor dem Kulturpavillon auf dem Fechenheimer Friedhof bietet er den Zuhörern Anreize, den Tod als etwas anzunehmen, das zum Leben dazugehört. Zwei Veranstaltungen liefen bereits mit Erfolg – in der Halbzeitpause stellt der junge Mann sein Projekt den Fechenheimern vor.

„In der Literaturlesungsreihe, die sich mit dem Leben und dem Tod befasst, werden Geschichten, Gedichte, Texte und Gedanken, auf einem Friedhof, über das Leben und den Tod vorgelesen. Der Ursprung dieses Projekts liegt in der zunächst schlichten Idee, mehr über den

Tod zu reden, um damit die Sprachlosigkeit zu überwinden. Bei der Entwicklung dieser Idee merkte ich allerdings, wie unfassbar verwoben Leben und Tod miteinander sind. In meiner Wanderung durch Geschichten, Gedichte und Texte aller Art und Leut’, begann ich mich mit meiner eigenen Sterblichkeit und der Bedeutung des Todes, wie noch nie zuvor in meinem Leben auseinanderzusetzen“, sagt Buchweitz. Den ersten Funken zu dieser Idee habe Sabine Lauer, die Erste Vorsitzende von Polymer FM, entzündet. „Sie betreut auch die Bundesfreiwilligen in ihrem Jahr im Verein. Dieser Funke hat in mir ein Feuer entfacht, das Projekt umzusetzen. Seitdem sind Sabine Lauer und ich gleichermaßen am Projekt beteiligt, um das Beste daraus zu machen. Zudem gibt es natürlich noch viele Unterstützer und helfende Hände, ohne die eine Umsetzung nicht möglich wäre“, führt der 18-Jährige aus.

Bei den Lesungen werden Gedichte von bekannten und auch lokalen Schriftstellern vorgelesen, Buchauszüge von Bestattern, philosophische Ansichten

über Leben und Tod, letzte Worte von bedeutenden Personen oder kuriose Todesgeschichten vorgetragen – „also eigentlich alles, was zum Nachdenken und Neudenken anregt“, erklärt Buchweitz.

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Fechenheim (red) – Angst davor, dass sich Besucher möglicherweise vom Veranstaltungsort für die Lesungen – dem Fechenheimer Friedhof – abschrecken lassen könnten, hat Buchweitz nicht: „Überraschenderweise ist genau das Gegenteil der Fall. Die Veranstaltung soll natürlich primär die Menschen dazu bringen über den Tod zu sprechen, aber auch den Tod wieder in ihr Leben zu lassen, anstatt ihm aus dem Weg zu gehen. Zudem regt der Friedhof die Leute an, sich auf eine gewisse Stimmung einzulassen, anders kann ich es nicht sagen. Ich denke, eine wichtige Rolle spielt auch der Kulturpavillon, vor dem die Lesungen stattfinden. Es ist ein ehemaliges Totenhaus, in dem von Frühling bis Herbst Ausstellungen und Veranstaltungen stattfinden, unter anderem Konzerte. Das macht den Friedhof lebendig, auch wenn es widersprüchlich klingt. Zudem ist es einfach ein wirklich schöner und ruhiger Ort.“

Als zu jung, um sich mit dem Thema Tod auseinanderzusetzen, findet sich der BFDler nicht: „Zuerst einmal denke ich nicht, dass man zu jung für das Thema sein kann, warum denn auch? Die erste Veranstaltung der Reihe haben wir beispielsweise mit einem Kinderbuch begonnen, das wir von einer Sterbetherapeutin ausgeliehen haben. Dort wird der Tod ganz klar ausgedrückt und nicht mit Umschreibungen wie: Oma ist den Himmel gegangen, Opa schläft, die Katze ist jetzt im Katzenreich verschleiert. Aus psychologischer Sicht verwirren solche Aussagen das Kind nur und es kann sogar ungewollte Folgen nach sich ziehen. Was ich damit sagen will, ist: Der Tod ist etwas ganz Natürliches, etwas das wir alle unweigerlich erfahren werden, früher oder später. Warum, solange es geht, den Tod unausgesprochen vor sich herschieben? Mich persönlich hat das Thema einfach sehr interessiert, ich denke das liegt einfach an mir als Person. Doch vor allem der Ort inspirierte mich, der Friedhof und der Kulturpavillon, die Toten und die Lebenden – wie miteinander verbunden. Das hat mich fasziniert.“

In seinem eigenen Leben habe es bislang noch keinen Todesfall von sehr nahe stehenden Personen gegeben, allerdings in seinem Freundeskreis: „In diesen Fällen habe ich den Tod, die Trauer um einen Menschen oder ein Tier, schon ziemlich intensiv mitbekommen. Ich habe gemerkt, wie vorsichtig und sensibel mit dem Thema umgegangen werden muss, wenn von eigenen Erfahrungen die Rede ist, denn man weiß nie, was die andere Person gerade durchmacht.“ Trauernden therapeutische Hilfe zu geben, sei zudem nicht im Sinne seines Projekts. „Das Einzige, was ich vielleicht mitgeben kann, ist dass man die Trauer zulassen und darüber sprechen sollte, denn erst dann kann man wirklich akzeptieren, dass die Person oder das Tier tot ist und dann kann der Heilungsprozess einsetzen“, empfiehlt Buchweitz.

Die kostenfreien Veranstaltungen beginnen um 17 Uhr vor dem Kulturpavillon Friedhof Fechenheim, der sich hinter der Trauerhalle befindet. Der Verein Polymer FM bittet um vorherige Anmeldung per E-Mail an info[at]polymerfm[dot]de oder unter Z 069 42085828 und freut sich über eine Spende. Die kommenden Lesungen sind am Sonntag, 20. August („Ein geliebter Mensch ist fort“) und am Sonntag, 10. September („Zeit, loszulassen“).