Museum für Moderne Kunst zeigt mehr als 300 Werke von Rosemarie Trockel Gefangen in Kreisläufen

Ina Hartwig (links), Susanne Pfeffer und Britta Kaiser-Schuster vor Rosemarie Trockels Kunstwerk „Prisoner of Yourself“.

Altstadt (jf) – Ein riesiges blaues Gestrick scheint eine Wand auf der ersten Ebene des Museums für Moderne Kunst (MMK) zu bedecken. Dort beginnt die Ausstellung „Rosemarie Trockel“. Bereits 1988, drei Jahre vor Eröffnung des von Hans Hollein entworfenen „Tortenstücks“ zwischen Braubach- und Berliner Straße, hatte das Museum erste Werke von Trockel angekauft. Inzwischen gehören 50 Arbeiten der Künstlerin zum Bestand des Hauses.

„Trockels Arbeiten haben etwas Universelles, sind nicht systematisch fassbar“, sagte Kulturdezernentin Ina Hartwig. Britta Kaiser-Schuster von der Kulturstiftung des Bundes, eine Förderin der Exposition, verwies auf zahlreiche internationale Ausstellungen der Künstlerin, die in den 80er Jahren vor allem durch ihre Strickbilder berühmt geworden ist. Der Titel des Werkes „Prisoner of Yourself“ zeigt jedoch, dass solche Erfolge auch einengen können. Trockel hat längst solche Einschränkungen durchbrochen, die mehr als 300 Arbeiten – Bilder, Zeichnungen, Fotografien, Figuren, Installationen und Filme – beweisen das.

Immer wieder beschäftigt sich die Künstlerin mit Gerechtigkeit, mit Gleichberechtigung, mit Zuschreibungen und Machtverhältnissen. Auch Tiere sind ein wichtiges Thema. Die Retrospektive, die sich über alle drei Ebenen des Hauses erstreckt, bietet eine Fülle von Positionen. Trockel gestaltete Buchcover, wehrt sich gegen die Verbannung der Frau an den häuslichen Herd, nutzt Herdplatten als Muster an Wänden.

Eine besondere Installation mit dem Titel „S.h.e.“ zeigt einen vermutlich weiblichen Oberkörper vor dem Bild eines Gerichtssaals. Eine weiße Flüssigkeit spritzt auf den Boden, immer wieder wird diese Flüssigkeit von der Halbfigur aufgewischt. Gefangen in einem Kreislauf.

Das besondere Verhältnis zu Trockels Mutter wird in der Arbeit „Living Means to Appreciate Your Mother Nude“ thematisiert. Das auf dem Boden aufgebrachte Foto einer entspannt bäuchlings liegenden jungen Frau, die nur mit Wäsche und Pullover bekleidet ist und Bilder anschaut, zieht die Betrachterin an.

Eine große Bilderwand zeigt oben links Putin, fotografiert von vorn, von der Seite, wie ein Häftling. Um ihn herum sind trauernde Frauen. Worte braucht dieses Statement keine.

Tiere faszinieren Trockel. Sie filmte 1994 in „Napoli“ riesige Schwärme von Staren, es sind Millionen Tiere. Die Wissenschaft erforschte dieses Verhalten, heute ist der Begriff Schwarmintelligenz allgemein bekannt.

Weniger bekannt ist vielen das Paarungsverhalten von Seepferdchen, dort sind die Geschlechterrollen umgedreht, das Männchen trägt die Jungen aus. Trockel zeigt einen Ausschnitt aus dem Film von Jean Painlevés (1933).

Küchengeräte spielen ebenfalls eine Rolle im Oeuvre der Künstlerin. Ein riesiges Werk aus metallisch schimmernden Platten erinnert an Küchenreiben. Doch das Objekt ist aus Keramik, wirkt fast bedrohlich.

Trockel agiert souverän mit verschiedenen Materialien, überrascht immer, erschreckt zuweilen. Die Ausstellung im MMK ist bis zum 18. Juni 2023 zu sehen.

Ein Werk von ihr steht übrigens seit 1994 im Stadtraum, es ist der Frankfurter Engel auf dem Klaus-Mann-Platz in der Nähe der Liebfrauenschule. Trockel gab der Mahnung an die Verfolgung der Homosexuellen mit der Skulptur eine ganz eigene Form.

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