Niederdorfelden plant Aufstiegshilfe für das Nidderwehr Flusslauf soll renaturiert werden

Dieses Wehr in der Nidder soll dank eines Umgehungsgerinnes die Fische zukünftig nicht mehr am Flussaufwärtsschwimmen hindern. Foto: jürgen w. niehoff

Niederdorfelden – Freie Bahn für die Fische. In der Nidder am Rande von Niederdorfelden soll dies ein Umgehungsgerinne ähnlich einer Fischtreppe schon bald möglich machen.

Staumauern, Wehre und Wasserkraftanlagen sind für Fische und Wasserlebewesen normalerweise Wanderhindernisse, die sie aufgrund des Höhenunterschiedes kaum überwinden können. Auf so ein Hindernis stoßen die Fische auch in Niederdorfelden. Bereits vor etwa zehn Jahren wurden Gedanken im Niederdorfelder Rathaus laut, das Wehr und damit das Hindernis in der Nidder zu beseitigen. Aus Kostengründen wurden die Pläne damals wieder beiseitegelegt.

Das etwa eineinhalb Meter hohe Wehr wurde vor sehr langer Zeit für die ehemalige Ölmühle, die bereits im Jahr 1266 in den Geschichtsbüchern erwähnt wird, errichtet. Heute wird durch das Wasserrad Strom gewonnen, ist aber vor allem eine der Touristenattraktionen in dem kleinen Ort. Deshalb war für Bürgermeister Klaus Büttner auch von Anfang an klar: Die Mühle muss erhalten bleiben.

Dem gegenüber stehen allerdings die EU-Wasserrahmenrichtlinien, die alle EU-Staaten verpflichten, bis spätestens 2027 alle Gewässer in ihrem jeweiligen Land in einen „guten ökologischen“ und „guten chemischen Zustand“ zu bringen. Dabei bedeutet guter Zustand, die Gewässer so zu gestalten, dass die Lebewesen in ihnen vom Menschen nur gering beeinflusst werden.

Deshalb musste Niederdorfeldens Bürgermeister auch nach einer Maßnahme suchen, die das Wanderhindernis für Fische und andere Flusslebewesen in Form des Wehres in Niederdorfelden für diese passierbar machen und sie vor Verletzungen schützen soll. Als Möglichkeiten bieten sich eine Fischtreppe oder ein sogenanntes Umgehungsgerinne an, wie es derzeit auch in Nidderau an einem Wehr geplant ist. Ein Abriss des Wehrs in unmittelbarer Nähe zu der alten Ölmühle schließen Büttner und sein Bauamtsleiter Carsten Breitbach aus, weil dadurch die Stilllegung der Mühle drohe. Übrig bleibt also nur ein Umgehungsgerinne. Aber auch diese Maßnahme bedeutet einen geringeren Wasserdurchlauf im Mühlgraben, der von der Nidder gespeist wird. Weil also beide Maßnahmen wegen des reduzierten Wasserzuflusses erheblichen Einfluss auf den Mühlenbetrieb haben werden, ein Umgehungsgerinne außerdem auch sehr viel Platz in Anspruch nehmen wird, galt es zunächst, sich mit Charlotte Solzer zu einigen, der Eignerin der alten Ölmühle. Schließlich kosten Unterhalt und Pflege des historischen Mühlengebäudes viel Geld. Mit stark reduzierten Einnahmen wäre der Erhalt der Mühle infrage gestellt.

Aber der gute Wille auf allen Seiten und auch der Gedanke an den Natur- und Umweltschutz ebneten den Weg. Ein Abschluss soll kurz bevorstehen. Denn für das angestrebte Umgehungsgerinne wird eine größere Wiesenfläche benötigt und auch die gehört der Mühleninhaberin.

Büttner hat noch ein weiteres Ziel. Er möchte im gleichen Atemzug auch den Flusslauf der Nidder auf einem Bereich von etwa zwei Kilometern in Höhe von Niederdorfelden renaturieren lassen. Doch auch da gibt es Probleme, denn die Gemarkungsgrenze der Nachbarkommune Karben verläuft genau in der Mitte des kleinen Flusses. Weil die Renaturierung nur eines Flussufers wenig Sinn macht, benötigt Büttner das Mitwirken der Nachbarstadt.

Denn erste Kostenschätzungen haben für Niederdorfelden allein rund 250 000 Euro inklusive der Planungskosten ergeben. In diesem Betrag ist allerdings auch das Umgehungsgerinne enthalten und macht den größten Teil der Kosten aus.

Doch auch für Karben wäre die Renaturierung ihrer Flussseite mit Kosten verbunden. Als Karbens Bürgermeister Guido Rahn von den Plänen erfuhr, signalisierte er sofort eine wohlwollende Prüfung. „Hier geht es um Naturschutz und wie kann man da Nein sagen“, so Rahn, der innerhalb seiner Stadtgrenzen schon viel für die Renaturierung der Nidda getan hat.

Wesentlich erleichtern werde beiden Bürgermeistern ihre Entscheidung die Fördermaßnahmen vom Land und vom Bund, denn deren finanzielle Unterstützung soll bis zu 90 Prozent betragen. „Wenn alles glatt läuft, sollen die Maßnahmen bereits im kommenden Jahr beginnen und voraussichtlich im Laufe des Jahres 2023 abgeschlossen sein“, freut sich Bürgermeister Büttner schon jetzt.
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