Wir übernehmen Verantwortung für unsere Stadt

Bürgermeister Maibach im Interview mit dem BK

(Bruchköbel/jgd) – Vor der Entscheidung über die Vergabe des Bauauftrags für das Stadthaus am 25. Juni haben wir Bürgermeister Günter Maibach noch einmal einige Fragen zum Projekt gestellt.

BK: Die Planungen für Bruchköbels neues Zentrum sind abgeschlossen. Die Angebote liegen vor. Am 25. Juni müssen die Stadtverordneten entscheiden. Hand aufs Herz: Ist das Projekt, wie oft zu lesen, zu groß und zu teuer?

Günter Maibach: Fakt ist: 26,8 Millionen hört sich auf den ersten Blick viel an. Wir reden aber über ein Projekt, dessen Nutzung auf fünfzig, vielleicht mehr Jahre angelegt ist. Gegenfrage: was kostet heute ein normales Einfamilienhaus? Freistehend in Bruchköbel 450.000 Euro und mehr, ohne Grundstück, wohlgemerkt.  Maintal plant allein für ein neues Schwimmbad bis zu 22 Millionen Euro auszugeben. Man muss das, glaube ich, alles mal in Relation setzen. Wir haben Verantwortung für unsere Stadt übernommen und die Planung dessen, was in unserem Zentrum entsteht, gemeinsam entwickelt. 

Wir bekommen ein Gebäude mit vielfältigen Möglichkeiten für alle kulturellen Angebote, eine Gastronomie samt Biergarten, Räume für die Verwaltung, ein Familien- und Sozialzentrum, einen Platz samt Bühne für Veranstaltungen mitten in der Stadt und eine Tiefgarage mit über 220 Plätzen. Neue Wohnungen und Platz für weitere Geschäfte und Ärzte. Allein das Stadthaus ersetzt vier Gebäude: Seniorentreff, das Rathaus, das Parkhaus und das Bürgerhaus. Deren Sanierung hätte uns 10 bis 15 Millionen gekostet und wir hätten immer noch alte Gebäude.

Und ein  Rathaus und sein Umfeld, in unserem Fall ein Stadthaus,  war schon immer ein Gebäude, das eine Stadt repräsentiert. Auch das sollte man nicht vergessen.

BK: Manche sagen, es wäre auch eine Nummer kleiner gegangen?

Günter Maibach: Viele der Kritiker vergessen, dass wir hier kein reines Rathaus bauen, sondern ein Stadthaus, das eben Rathaus, Familien- und Sozialzentrum und Bürgerhaus zugleich ist. Aus drei Gebäuden, die einst rund 50.000 Besucher im Jahr allein zu Kursen aufsuchten, wird ein neues Haus. Und wir bekommen einen Platz für kulturelle Ereignisse. Haben wir schon am historischen Rathaus, sagen viele. Aber man darf nicht vergessen, dass die Hauptstraße- eine Landesstraße- maximal fünf Mal im Jahr gesperrt werden darf, um den freien Platz am alten Rathaus optimal nutzen zu können. 

BK: Auch die neue Tiefgarage hätte nicht sein müssen, ein neues Parkhaus wäre billiger gewesen?

Klar, wir hätten ein hässliches Parkhaus gegen ein neues, bestimmt nicht viel hübscheres Parkhaus ersetzen können. Aber das wäre auch nicht billig geworden. So wie wir die Tiefgarage besonders gegen Wasser schützen müssen, müssten wir das bei einem Parkhaus auch – sprich, es müsste auf eine Pfählung gestellt werden. Und: es würde uns den Raum für einen urbanen Platz zwischen Krebsbach, Supermarkt und Stadthaus wegnehmen. Auch für neue Wohnungen wäre dann kein Platz mehr geblieben.

BK: Warum aber wurde das Rathaus bereits abgerissen?

Kein Unternehmen lässt sich heute noch auf eine Planung ein, ohne zuvor den Baugrund untersucht zu haben. Wie ist die Bodenbeschaffenheit? Ist der Baugrund belastet? Das alles muss untersucht werden, und geht nicht mit einem noch stehenden Gebäude, und es braucht Zeit. Zudem haben wir die günstigste Angebotsphase für den Abriss genutzt. Ein leerstehendes Gebäude ist nicht besser.  

BK: Verfolgen Sie eigentlich die Dispute in den Sozialen Medien?

Ja klar. Ich beteilige mich sogar hier und da mal. Typisch für diese Medien ist, dass oft nur einige wenige Personen sich aktiv an Themen beteiligen. Viele andere lesen nur mit. Mich ärgert manchmal, wie massiv hier dann wenige Personen mit Unwissen oder gar mit Absicht Stimmung gegen oder für ein Thema machen. Da hilft nur, wenn jeder sich selbst informiert.  Bei einem umfangreichen Thema wie dem Stadtumbau, keine leichte Aufgabe. Ein Beispiel: das „Forum Bruchköbel“ hat über 4300 Mitglieder. Die Plattform wird, wenn es um den Stadtumbau geht, normalerweise komplett von vielleicht zehn Leuten beherrscht, die permanent diskutieren. Ich weiß nicht, ob das informiert.

BK: Unternehmen investieren, wenn sich die Anschaffungskosten amortisieren. Politiker geben das Geld der Bürger aus. Und in diesem Fall völlig nutzlos“. So liest man es sinngemäß öfter im Internet.

Kenne ich auch. Aber nicht alles was hinkt, ist ein Vergleich.

Erstens: eine Stadt ist kein Unternehmen.  Bund, Ländern, Kreisen, Kommunen obliegt die Daseinsvorsorge. Das heißt: sie stellen sicher, dass Bedürfnisse der Bürger erfüllt werden. Das gilt für den Straßenbau, für den öffentlichen Verkehr, eine funktionierende Verwaltung, Abfallwirtschaft  und auch für das Vorhalten von Räumen für Kulturelles und mehr.  Diese Leistungen können nicht immer rentierlich sein. Sie sind unabhängig davon zu erbringen, ob betriebswirtschaftliche Erträge generiert werden können. Und eben dafür zahlen wir Steuern.

Zweitens: Ja, Politiker geben das Geld der Bürger aus. Aber für Sachen, die die Bürger nutzen. Das ist ihre Aufgabe, auch dafür sind Politiker gewählt. Sie sollen es aber sinnvoll und mit Augenmaß tun. Genau das machen wir.

Drittens: ich glaube die Aussage „völlig nutzlos“ muss nicht kommentiert werden.

BK: Bruchköbel verschuldet sich so, dass unsere Enkel noch zahlen müssen, heißt es immer wieder?

Sehen Sie sich die Finanzierungsübersicht in der Beschlussvorlage für die Stadtverordnetensitzung am 25.Juni an. Wir haben 27,8 Mio. Euro im Haushalt durchgeplant und genehmigt, ohne dass weitere Einbußen erfolgen. Die ab 2022 notwendigen, weiteren 5,7 Mio. Euro für Maßnahmen der Stadtkernsanierung und weitere, den Bau begleitende Maßnahmen, sind schulterbar. Der Vorschlag dazu lautet, diese Mittel aus Erlösen zu nehmen, die die Stadt aus Grundstücksverkäufen in den letzten zehn Jahren bereits erwirtschaftet hat. Auch im Haushalt 2018 war die Neue Mitte schon eingepreist - und dieser schloss im Plus ab. Steigende Gewerbesteuereinnahmen von Firmen auf dem Fliegerhorst werden uns weiter entlasten und lassen uns handlungsfähig bleiben.

Und: keiner spricht von den weiteren, privaten Zusatzinvestitionen, die eine solche öffentliche Investitionsmaßnahme für die Stadt nach sich zieht. Diese liegt nach Studien im Durchschnitt mindestens dreimal so hoch wie das, was wir aufwenden. Darauf sollte man nicht verzichten.  

BK: Das Projekt wird 5,7 Millionen teuer als geplant, lautete diese Woche eine Schlagzeile. Ist das so?

Ja - aber im Wesentlichen nicht für das eigentliche Bauvolumen. Dieses erweitert sich um die halbe weitere Tiefgarage und trotzdem haben uns die Angebote der Bauunternehmen den Preis bestätigt, den wir auch eingeplant hatten. Also knapp 27 Millionen Euro. Wir haben jedoch dann in den Folgejahren noch weitere Kosten zu tragen wie die Stadtkernsanierung am Inneren Ring, Brückenbaumaßnahmen und baubegleitende Dienstleistungen.   

BK: Letzte Frage: Was sagen Sie eigentlich zu der Aussage, das geplante Gebäude sei nicht schön?

Dazu kann ich nur sagen: Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Was der eine schön findet, findet der andere eben nicht schön. Aber das war schon immer so.  (Das Interview führte Jürgen Dick)