„Der Vogel singt, und nicht der Käfig“

Interview: Sliwka (CDU) fordert Nutzungskonzept für Stadthaus

Foto: privat

(Bruchköbel/jgd) – Thomas Sliwka, der Vorsitzende der Bruchköbeler CDU und der CDU-Fraktion im Parlament, hatte kürzlich die parteiinterne Kandidatenkür gegen Daniel Weber denkbar knapp verloren. Dennoch ist er seither als möglicher weiterer CDU-Kandidat im Gespräch. Wird er auf eigene Faust antreten? Der BK fragte ihn einfach mal selbst.

BK: Herr Sliwka, spielen sie jetzt noch immer mit dem Gedanken, für das Bürgermeisteramt zu kandidieren?

Thomas Sliwka: Vorstand und die Fraktion, also der aktive Teil der CDU Bruchköbel, haben sich für ihren Vorsitzenden ausgesprochen. Die Nominierung schien Formsache zu sein. Dass nun ein sehr indifferentes Wahlergebnis in der Mitgliederversammlung alles auf den Kopf stellt, hat nicht nur mich, sondern auch alle anderen aktiven CDU-Mitglieder tief enttäuscht, jedoch nichts an ihrer Einstellung geändert.

Im letzten BK benannten Sie mich als „parteiinterner Widersacher“. In meinen Augen sind es eher mehrere Altvordere im Magistrat, die Angst vor Veränderung haben. Mir hätte der Verschleiß an meinen vielen Vorgängern im Amt des Fraktionsvorsitzenden Warnung genug sein sollen. Bis zum Wahltag haben wir noch eine Menge Zeit, deswegen stelle ich diese Frage nach einer Kandidatur erstmal ganz hinten an. Vordringlich gilt es, das allerwichtigste Problem  –das Innenstadtprojekt–  pflichtbewusst zu lösen.

BK: Okay. Trotzdem angenommen, Sie kandidieren – was wäre die Begründung?

Sliwka: Neben der ungebrochenen und sehr motivierenden Unterstützung aus der Fraktion und meiner Vorstandskollegen erfahre ich ungeheuer positive und sympathische Rückmeldungen aus den verschiedensten Bereichen der Bevölkerung. Ich werde ermutigt, nicht aufzugeben. Das werte ich als Beweis, dass die Wahrnehmung meines Engagements für unsere Stadt wohlwollend zu Kenntnis genommen wird.

BK: Erwarten Sie ausreichende Unterstützung aus Ihrer Partei?

Wir können von Akzeptanz und der daraus resultierenden Unterstützung sprechen. Über die Jahre hinweg habe ich wiederholt  –zuletzt bei den Zwischenwahlen zum Fraktionsvorsitzenden–  nahezu einstimmige Bestätigung erhalten. Und ich bin gewählter Parteivorsitzender mit über 80% der Stimmen. Meine Reputation, so glaube ich, resultiert aus meiner Arbeit als Gestalter, als Ideengeber. Etwa der Idee, die Sport- und Vereinsförderung auf komplett neue Füße zu stellen. Das Herzstück, welches unsere Stadt so lebenswert macht, sind gut funktionierende Vereine. Hier findet das Miteinander statt. Da muss es eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir mit maximalen Mitteln fördern und auch eine top funktionierende Infrastruktur bieten. Weitere Maßnahmen waren die Einführung der sanften Verkehrserziehung (Speedtafeln) und angestoßene Digitalisierung für kommunale Dienstleistungen rund um die Uhr. Ein weiteres Thema wird die Einbringung des bereits ausgearbeiteten Antrags im Juni sein, wo es sich um das „aktive Energiemanagement“ der Stadt dreht. Der Einsatz von neuer, sparsamer LED-Technik wird massiv vom Land gefördert. Unsere Stadt mit all ihren Einrichtungen hat ihren Umweltbeitrag dazu zu leisten. Und am Ende kostet es auch noch weniger.

BK: Thema „Neue Mitte“: Hier steht bald die Entscheidung über die Angebote der Investoren an. Früher als erwartet, noch vor der Sommerpause, sollen diese nun vorliegen.

Sliwka: Das ist richtig und ist die besagte Aufgabe, die höchste Priorität genießt. Der Bürgermeister hatte ja zunächst angekündigt, dass mit Ergebnissen erst nach der Sommerpause zu rechnen sei. Wir im WeDi-Beirat haben darauf gedrängt, unbedingt vorher eine finale Entscheidungsvorlage zu formulieren. Das wurde uns zugesagt. Bei der letzten Stadtverordnetenversammlung im Juni vor der Sommerpause sollen wir dann handfeste Fakten auf dem Tisch haben und damit genügend Zeit, in aller Ruhe alle Interessen abzuarbeiten. Ganz sicher werden wir auch noch die Stimmung der Mitbürgerinnen und Mitbürger abrufen. Der Dialog ist uns wichtig, damit wir in unserer Entscheidung richtig liegen.

BK: Wenn die „Neue Mitte“ einmal steht, haben Sie für das Stadthaus und den neuen Freien Platz am Krebsbach eigene Vorstellungen? Sliwka: Der Vogel singt und nicht der Käfig. Eine schöne und moderne Location kann sich sicher belebend für das kulturelle Erleben auswirken. Bislang habe ich das Gefühl, dass einfach nur das Vorhandene eine Adaption erfahren soll. Nicht im Ansatz ist schlüssig geworden, welche Vorteile für Veranstaltungen und Gastronomie das Stadthaus-Konzept bieten könnte. Meine beharrliche Kritik, auch aus der Fraktion heraus, an diesem wunden Punkt des Projekts scheint auch der Grund für die feindselige Haltung der Altvorderen mir gegenüber zu sein. Von meinem Verständnis aus pulsiert das „Herz“ Bruchköbels auf dem Freien Platz, in den Altstadtgassen. Ergänzt wird das Angebot durch seine formidablen Stadtteil-Veranstaltungen. Das ist die zu stärkende Identität der Stadt! Das Potenzial von unseren ehrenamtlichen Organisationen, wie z.B. der „Wundertüte“ oder dem hiesigen Lions Club oder auch der Bürgerhilfe gilt es zu unterstützen. Und vorgelagert ist immer noch das Problem, dass ein realistisches und tragfähiges Bewirtschaftungskonzept der Tiefgarage fehlt.

BK: Und die lokale Wirtschaftsförderung? Geht da Ihrer Ansicht nach mehr?

Sliwka: Wir als Mittelzentrum bieten ein recht ordentliches Angebot und leisten uns z. B. ein eigenes Schwimmbad zu mehr als verbraucherfreundlichen Preisen. Das alles muss gegenfinanziert werden, da ist jeder Cent an Gewerbesteuereinnahme sehr wertvoll. Gerade Unternehmen mit starkem regionalem Bezug müssen im Fokus stehen. Es kann nicht sein, dass die Stadt nur träge auf Expansionswünsche der Unternehmen reagiert. Es wäre in meinen Augen fatal, wenn z.B. auf dem Etikett eines hessischen Traditionsgetränks nicht mehr „Bruchköbel“ stehen würde. Eigentlich müsste unser Konzept zum regionalen Flächennutzungsplanung 2020 schon längst auf dem Tisch liegen.

BK: Arbeiten Sie an einem eigenen Wahlprogramm? Ein paar Stichworte zu „Ihren“ weiteren Themen?

Sliwka: „Bruchköbel - leben, gestalten und verantworten“, das ist seit 2011 mein mich vollkommen auslastendes Hobby als gewählter Bürgervertreter. Ganz sicher steht auf der Agenda die weitere Stärkung des regionalen Gesichts der Stadt. Sinnvolles Wachstum bezogen auf Wohnraum, speziell innerstädtische Wohnraumoptimierung. Wir stehen beim Individualverkehr vor der größten Veränderung seit Jahrzehnten, wir werden an Optimierungen und Attraktivitätssteigerungen des ÖPNV intensiv arbeiten müssen. Dem Zeitgeist geschuldet muss der „Dienstleister Stadt“ seinen Bürgerinnen und Bürgern das Rathaus auf das Handy bringen: Stichwort Digitalisierung. Unser Kindergarten- Angebot ist gut, aber mit zunehmendem Alter unserer Kinder, siehe Hort und Jugend, ist noch Luft nach oben. Hier kann sich meiner Ansicht nach der Kreis schließen, wenn wir mit unseren Vereinen stärker interagieren. Ganz wichtig ist auch die Pflege und Erhaltung unseres Einzelhandels. Bedingt durch die Entwicklung des Online-Handels eine echte Herausforderung.

BK: Herr Sliwka, wir danken Ihnen für das Gespräch. (Das Interview führte Jürgen Dick)