Künstlerfest wie 1928 im Projekthaus Leistikow anlässlich „Frankfurt liest ein Buch“ Zebras und Stadtadler

Brigitte Leistikow (links) als Carry Hess, stellt Ella Burmeister, verkörpert von Elisabeth-Marie Leistikow, vor. Bild: Jeannette Faure

Nordend (jf) – Hutparty und Künstlerfest, Lesungen, Zeichenkurs, Musik und Tanz – unter dem Titel „Dilettanten“ fand im Projekthaus Leistikow ein grandioser Abend statt. Anlass war das Festival „Frankfurt liest ein Buch“, bei dem „Zebras im Schnee“ von Florian Wacker im Mittelpunkt stand. Das Projekthaus hatte sich in das „Nini & Carry Hess. Photographische Atelier“ verwandelt, wie am Eingang zu lesen war.

„50 Gäste und 15 Künstler haben sich angemeldet“, freute sich Gastgeberin Carry alias Brigitte Leistikow. Ihr zur Seite stand Schwester Nini (Christiane Boehm-Kochanski). Viele Besucher hatten fantasievolle Kopfbedeckungen auf; Zebras spielten eine Rolle, eine Eidechse und ein Hirschkopf an einem Jägerhut. Wer das schmückende Accessoire vergessen hatte, dem wurde eine Kopfbedeckung übergestülpt; es war vorgesorgt. Das traf als Erste die Protagonistin Ella Burmeister (Elisabeth-Marie Leistikow): Sie bekam von Carry kurzerhand einen voluminösen Lampenschirm aufgesetzt.

Die Räume waren mit Fotografien vom Gartenbad Fechenheim, von der Großmarkthalle, von Feiern im Hause Martin Elsaesser, mit Zeichnungen und Künstlerfotos geschmückt. Im Flur hingen Bilder und Kurzbiografien der Personen, die im Buch und an diesem Abend eine Rolle spielten.

La Jana alias Giuseppina Galloro und zwei Tänzerinnen sowie ein Tänzer ihres Swing Dance Clubs „Die Blaue Stunde“ zeigten, was Ende der 1920er Jahre „in“ war und boten einen kleinen Shimmy-Kurs an, der begeisterte.

Der Maler Walter Hagedorn alias Wolfgang Voss und seine Assistentin Mariia zogen sich mit dem Aktmodell Florian Eisenbart und einigen Interessierten in einen der hinteren Räume zurück und übten sich im Halbaktzeichnen. Vor diesem Raum konnte man in Büchern blättern, die etwas mit dieser Zeit vor knapp hundert Jahren zu tun hatten.

„Na Max, was steht in der Zeitung?“, fragte Carry den Leiter des „Illustrierten Blattes“ Max Geisenheyner (Ottis Richter). Aber um Politik sollte es an diesem Abend nicht gehen. „Es sei denn, es dient der Unterhaltung“, warf der Komponist Paul Hindemith (Bastian Hahn) ein. „Oder der Kunst“, fügte die Zeichnerin, Schriftstellerin und Naturwissenschaftlerin Erna Pinner alias Celine Vajen hinzu. „Ein Hoch auf die Kunst!“, wurde gerufen und einander zugeprostet. Hindemith am Klavier begleitete Pinner dann beim gekonnten Vortrag von Liedern nach Texten von Else Lasker-Schüler und Rainer Maria Rilke.

Aus „Zebras im Schnee“ las Carry, Kasimir Edschmid (Jean Paul Baeck) sollte später aus seinem Roman „Sport um Gagaly“ vortragen.

Radiomann Hans Flesch alias Tobias Rüger spielte am späten Abend auf seinem Saxofon ein Duett mit Paul Hindemith am Klavier.

Natürlich wurde auch die gelungenste Hutkreation prämiert: Unter viel Applaus erhielt eine Dame, die sich als Gast angemeldet hatte, ein signiertes Exemplar von „Zebras im Schnee“. Sie hatte sich einen ganz besonderen Hingucker ausgedacht und geschaffen; zwei Zebras im Schnee mit dem von Hans Leistikow entwickelten modernen Adler der Stadt Frankfurt, den der Grafiker 1925 im Bauhaus-Stil gestaltet hatte. Es war eine gelungene Party, die noch einen fulminanten Höhepunkt fast schon am Ende des Lesefestivals bildete.

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Kommentare

Zebras und Stadtadler

Danke, danke für diesen begeisterten und die Atmosphäre, die an diesem Abend geherrschat hat, einfangenden Artikel .
Es lebe die Kunst und das Miteinander. Sich gegenseitig bereichern und friedvoll und wertschätzend miteinander umgehen und feiern, dafür lohnt sich jede Mühe.
Brigitte Leistikow