Philatelisten treffen sich zum Großtauschtag im Bürgerhaus Fehldrucke werden teuer

Jeder hat seinen eigenen Sammel-Schwerpunkt: Briefmarken aus Deutschland sind aber besonders begehrt. Foto: M

Obertshausen – Die Aktien des kleinen Mannes beschäftigen auch große Frauen. Sabine Hinke zum Beispiel, Jugendleiterin des Briefmarken-Sammlervereins Ehringshausen.

Sie verbindet die Leidenschaft für die kleinen Abzeichen mit einer weiteren, immer noch typischen Männerdomäne, der Feuerwehr. „Schon die Römer hatten eine“, erzählt sie von Löschzügen mit Sklaven kurz vor Christi Geburt. So ein Großtauschtag birgt Unterrichtsstoff für mehrere Schuljahre.

Immer zu Beginn eines neuen Jahres lädt die Arbeitsgemeinschaft Philatelie Obertshausen-Heusenstamm zu einem solchen Treffen ins Bürgerhaus ein. Diesmal erwarteten die Gastgeber Gleichgesinnte aus der Partnerstadt Meiningen, aus Bayern und aus Vereinen der Nachbarstädte. Die Sammler aus der Ferne hatten kurzfristig abgesagt – der Schneefall hinderte sie an der Reise über die Berge.

Dafür versuchen die Besucher aus Aßlar, ihre Alben aufzufüllen. „Sammeln macht nicht dumm“, unter diesem Motto möchte Hinke daheim Nachwuchs für ihr mannigfaltiges Hobby gewinnen. Sie zeigt interessierten Schülern, wie man eine Sammlung aufbaut, sich mit kritischem Blick die Weiten des Internets zu Nutze machen kann.

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Sabine Hinke stöbert an der Seite von Walter Scholz in den Plastikkästen und Ordnern an den neun Ständen in der Hausener „gut’ Stub’“. Der Vorsitzende aus Ehringshausen sucht Pinguine. Dank seiner Spezialisierung habe er schon viel über Arten und Lebensformen der Tiere gelernt. Und weil die nicht allein am Südpol vorkommen, sondern auch auf den Landzungen einiger Staaten, schaut Scholz bei Kollegen nach, die sich auf Postwertzeichen dieser Länder konzentrieren.

Günter Brosch ist so einer, bei ihm trifft man die ganze Welt. Der Vorsitzende der Veranstalterin besitzt frankierte und abgestempelte Briefumschläge jeder Nation der Erde. Zu seinen Schätzen zählen japanische Tauschscheine, eine Art Währung für den internationalen Kauf von Briefmarken. Seine oft komplett beklebten und beschriebenen Kuverts lassen sich kaum gegen Gleichwertiges wechseln, verdeutlicht Brosch.

„Wenn du findest, was dir noch fehlt, musst du es kaufen oder bei einer Auktion erwerben“, sagt er. Die Gesprächspartner des früheren Getränkehändlers fragen nach Papageien, Antilopen, Eulen und Spinnen, nach Greifvögeln, architektonischen oder elektrotechnischen Raritäten auf den Bildchen.

Während das Sammeln der kleinen Klebrigen in Europa auf dem absteigenden Ast angesiedelt ist, befindet es sich in China offenbar im Aufwind. Immer wieder begrüßt Brosch Händler und Auktionatoren aus der aufstrebenden Großmacht, in der sich immer mehr Menschen dem Steckenpferd verschrieben haben. Sie werfen natürlich viel Ware auf den Markt, auch von kleinen Auflagen, die bei den Sammlern sehr begehrt sind.

Die meisten der gut 50 Philatelisten im Saal interessieren sich für Motive aus ehemaligen und heutigen deutschen Regionen. „Hitler hat in den Besatzungsgebieten stets eigene Marken drucken oder wie in Elsass und Lothringen überstempeln lassen“, lehrt Brosch. Sie wurden dann per Handstempel entwertet. Solche raren Exemplare seien freilich teuer. „Da gibt es Farbunterschiede und Fehldrucke, vielleicht durch ein Staubkorn auf der Druckplatte, die nur mit einer Lupe erkennbar sind“, erläutert der Fachmann. „In der DDR hatten sie schöne Motive, aber miserables Papier“, schildert er, wie kostbares Sammler-Gut entsteht.

Infos Die AG Philatelie trifft sich am zweiten und vierten Sonntag im Monat von 9 bis 11 Uhr im Familienzentrum an der Vogelsbergstraße, z 06104 4 16 92.

VON MICHAEL PROCHNOW