Nach Jahren im Zwinger genießt Viski sein neues Leben Seelenfreund auf vier Beinen

Unzertrennlich sind Stephan Rauschkolb und sein Hund Viski, seit sie zu Ostern zusammengefunden haben. Auch in der Werkstatt darf der Vierbeiner nicht fehlen.

Obertshausen – Die Chemie muss stimmen – das gilt nicht nur für menschliche Beziehungen, sondern auch bei solchen zwischen Mensch und seinem viel zitierten besten vierbeinigem Freund. Mit dieser Einstellung ist Stephan Rauschkolb auf die Suche nach einem Hund gegangen und hat ihn gefunden. „Er ist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen“, sagt Rauschkolb über den achtjährigen Mischling. Dabei hatte Viski (kroatisch für Whiskey) große Konkurrenz: Auch einen Welpen hat er sich bei der Pflegestelle angesehen. Doch wo die Liebe hinfällt...

Viski ist kein junger Hund mehr. An der Schnauze ist sein Fell etwas heller. Das liegt nicht am Alter, sondern an seinem früheren Leben im Tierasyl Spas im kroatischen Varazdin. Dort leben zwischen 450 und 500 Hunde in Zwingern mit mehreren Tieren – dauerhaft der Witterung ausgesetzt. Viski, der vor seiner Vermittlung noch Bib hieß, ist als Welpe dorthin gekommen und sieben Jahre lang geblieben. Nun blüht er in seinem neuen Zuhause auf und holt alle Erfahrungen und Streicheleinheiten nach, die er bisher kaum sammeln konnte.

„Ich bin am Anfang gar nicht mehr zum Arbeiten gekommen“, sagt der Inhaber von Rauschkolb Antike Restaurierung und Holz-Design. Viski weicht seinem Besitzer kaum noch von der Seite. In seiner Werkstatt in der Spessartstraße hat der Vierbeiner seine festen Plätze. Gerade liegt eine große Tischplatte zur Bearbeitung bereit. „Wenn ich keine lauten Maschinen benutze, liegt er direkt bei mir und guckt zu.“ Wird es doch lauter, zieht sich Viski ins Büro zurück. Doch am liebsten bekommt der Rüde Aufmerksamkeit. Auch Besuchern weicht er nicht mehr von der Seite. Hört das Streicheln auf, stupst er mit der Pfote, bis es weitergeht.

Auch wenn Viski zum echten Familienhund geworden ist, hat er eine besondere Beziehung zu Stephan Rauschkolb, seit er an Ostern zu ihm gekommen ist. „Zunächst hatte er Verlustängste und ist mir überall hin gefolgt.“ Das sind vermutlich die Spuren davon, als Welpe weggegeben worden zu sein. Doch sonst hat er Kroatien hinter sich gelassen und genießt das neue Leben.

Im Wald kommt sein Jagdinstinkt durch, erzählt Rauschkolb. Auf dem Rücken hat Viski struppigeres Fell, das ihn vor dichtem Geäst schützt. „Es ist dann auch schon mal mit ihm durchgegangen. Dann kam er nach 15 Minuten erst wieder.“ Insgesamt sei Viski ein sehr wissbegieriger Hund, der ein großes Vertrauen gegenüber seinem Besitzer zeigt: „Viski hasst Wasser. Trotzdem ist er mit mir auf ein Stand-up-Paddel geklettert und wir sind über den Vierwaldstätter See gefahren.“ Da war Viski erst eineinhalb Monate bei der Familie Rauschkolb.

Vermittelt hat Viski die Lesika Hundehilfe. Sie arbeiten eng mit dem Asyl in Kroatien zusammen. Ungefähr 45 Pflegestellen hat der Verein aus Obertshausen in ganz Deutschland, um Notfälle oder Hunde, die schon lange im Asyl sind, nach Deutschland holen zu können. „Manche sagen, man muss den Hund sehen, ihn anfassen und erleben, bevor sie zur Adoption bereit sind“, sagt die Vorsitzende Meri Ivcevic. In den Pflegestellen können die Tierschützer außerdem sehen, wie der Hund mit Kindern umgeht, wie er die Umstellung verkraftet und zu welchem Interessenten er am besten passt.

„In Obertshausen leben mittlerweile schon etwa 15 unserer Hunde“, sagt Sandra Kunkel, die beim Verein die Pflegestellen koordiniert. Das sei besonders schön, weil sie so leichter den Kontakt zu Besitzer und Hund halten können und in der Stadt wird die Arbeit des Vereins bekannter.

Die beiden Frauen freuen sich sehr für „Bib“, wie sie ihn noch nennen. Sie sind erstaunt, wie brav er beim Gassigehen ohne Leine direkt bei seinem Herrchen bleibt. Die beiden haben sich gesucht und gefunden. Bei der Verbindung könne man fast ein bisschen eifersüchtig werden, auch als Ehefrau, fügt Ivcevic mit einem Schmunzeln an. Sie hätte da noch andere süße Hunde, die ein Zuhause suchen...

Von Theresa Ricke