Frank Wedekinds „Frühlingserwachen“ Theaterkurs setzt sich mit Pubertät auseinander

Fast schon professionell wirkte das Spiel der Kerschensteiner-Schüler, die sich Frank Wedekinds „Frühlingserwachen“ für das Schuljahr ausgesucht hatten. Foto: pro

Obertshausen (pro) – Sie „hoffen, die Zeit heilt alle Wunden“, doch die sind oft vermeidbar. „Warum hast du mir nicht alles gesagt“, klagt Wendla ihre Mutter an. Mehr Aufklärung hätte in „Frühlings Erwachen“ drei Menschenleben gerettet. So wird die 14-Jährige ungeahnt schwanger – ein Umstand, der ihr, dem ungeborenen Kind beim Versuch der Abtreibung das Leben kostet.

Ein Schulkamerad flieht vor der Nichtversetzung in den Suizid. Der Wahlpflichtkurs „Darstellendes Spiel“ des Beruflichen Gymnasiums an der Georg-Kerschensteiner-Schule inszenierte Frank Wedekinds revolutionäres Werk.

Keine leichte Kost für die Mimen, sie lassen auch pikante Szenen nicht aus. Dabei wirkt das Spiel der Oberstufen-Schüler nie kitschig, sondern gewinnt den Respekt des Publikums. Und mindestens ebenso heikel wie Liebesszenen im Rampenlicht ist es, wenn die meisten Zuschauer Mitschüler sind. Das funktionierte in der vergangenen Woche in der Aula der Beruflichen Schulen, denn, wie Abteilungsleiterin Martina Wenzel feststellte, „ihr habt eure Rollen gelebt“.

Stück aus dem Jahr 1891

Das 1891 von Frank Wedekind geschriebene, aber erst vor 110 Jahren uraufgeführte Stück mahnt, Fragen und Nöte Jugendlicher ernst zu nehmen – auch oder gerade wenn es um pikante Themen wie Liebe und Sex geht.

„Deine Unschuld löst meine Phantasie aus“, formuliert Melchior. „Die Sache will’s, ich lieb’ dich genauso wenig wie du mich.“ Im „Erwachen“ führen das Festhalten an gesellschaftlichen Normen und die Unsicherheit zum Tod dreier junger Menschen. Das Werk darf so auch als Plädoyer für Bildung verstanden werden.

Die Oberstufen-Schüler von Christiana Blumöhr erwiesen sich als textsicher und von der Botschaft überzeugt, die sie vermittelten. Die 24 Kursteilnehmer traten in einer permanenten Kulisse aus einer Steinmauer und einem Tor auf, die mit eingeblendeten, den Hintergrund ausfüllenden Fotos die unterschiedlichen Spielorte andeutete. Auch einige Schüler von der Produktion des vergangenen Jahres hatten sich erneut beteiligt.

Etwas störend wirkten die häufigen Szenenwechsel mit dem sehr langsam schließenden Vorhang, der von den jungen Schauspielern Standbilder abforderte. Geschickt überbrückte die Regie dann die Pausen mit passenden und aktuellen Rock-Rhythmen, Rap und Pop. Der Lichtkegel des Verfolgers förderte nicht immer die Atmosphäre.

Lehrerin Blumöhr hat „schon immer vorgehabt“, das prominente Wedekind-Stück zu inszenieren. „Jede heranwachsende Generation muss lernen, verantwortungsbewusst und respektvoll miteinander umzugehen“, plädierte sie für das Werk.

Die Entscheidung hänge jedoch maßgeblich von der Anzahl der Schüler im Kurs ab. Ihnen gelang in diesem Schuljahr mit einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein und viel Engagement über die Unterrichtszeit hinaus mit diesem Stück ein wahres Meisterwerk.