Atelier-Theater Obertshausen überzeugt mit witzigen Stück Zimmer-Vermietung als Komödie

Das Atelier-Theater Obertshausen in Aktion: Die kreative Vermietungsaktionen von Rentner August sorgt für Turbulenzen. Die zahlreichen Besucher konnten herzhaft über die Darsteller lachen. Foto: m

Obertshausen (m) – Angesichts der aktuellen Immobilien-Preise erscheint die Posse gar nicht mehr so übertrieben: Das Rentner-Paar August und Ida Bodendiek hat einfach „Kein Auskommen mit dem Einkommen“ und vermietet darum sein schönstes Zimmer unter. Allerdings schließen die Eheleute unabhängig voneinander Verträge ab – und lassen die Doppel-Vermietung einfach laufen.

Zumindest in der Komödie von Fritz Wempner funktioniert das, und natürlich gibt’s im Pfarrer-Schwahn-Haus auch ein Happyend. Das Atelier-Theater Obertshausen (ATO) entschied sich einmal mehr für die heitere Muse, und die Resonanz gab den Laien-Darstellern Recht. Die drei sehr gut besuchten Vorstellungen bestätigen den Weg der Truppe, den sie nach zehn Jahren eingeschlagen hat. Sowohl ihr Spiel als auch Technik und Ausstattung tragen professionelle Züge.

„Wo bleibt denn die Zeitung?“, fragt August Bodendiek. Heute steht nämlich ihre Annonce drin, mit der sie einen Untermieter suchen. Oder eine Untermieterin, geht es nach August. Die Idylle auf dem Balkon in der Eichenstraße 37 ist perfekt – bis die grantige und neugierige Nachbarin von oben ihren Staubwedel in Frau-Holle-Manier ausschüttelt.

Eigentlich fällt es den Bodendieks schwer, ihr „bestes Zimmer herzugeben“. Doch, „der Staat ist wie ein Rabenvater“, die Rente zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Für August ist kein Glas Bier, keine Zigarre drin, es kommt nur Margarine aufs Brot und „Muckefuck“ in die Tasse. Aus Versehen wirft er einem Mädchen einen Blumentopf an den Kopf, das Fräulein ist Lisa Franzen und sofort seine bevorzugte Kandidatin für das Zimmer.

August macht gleich Nägel mit Köpfen, während Ida dem jungen Klaus Jäger zusagt. Sein Vater will wieder heiraten, der Sohn kennt die künftige Stiefmutter gar nicht und will weg von daheim. Die Stiefmama ist die Mutter von Lisa, die Privatsekretärin kennt aber ihrerseits die Jägers nicht. Sie benötigt die Unterkunft nur nachts, während der Fernfahrer unterwegs ist – darin liegt die Lösung!

Das Auswechseln von Bettzeug und Zahnbürsten in der Frühe kann natürlich nicht lange gut gehen, Rasierpinsel und Parfümduft bleiben im Zimmer. Noch kann August den Mieter als Staubsauger-Vertreter ins Zimmer abschieben, als Lisa unvermittelt am Tag auftaucht. Doch auch die Mieterin hütet ein kleines Geheimnis – sie hat sich der Frau ihres Chefs als Ehefrau und Mutter vorgestellt, und so braucht der Single einen Mann fürs Betriebsfest.

Klaus hätte die Mitbewohnerin am liebsten schon längst näher kennen gelernt, sein Heiratsantrag lässt nicht lange auf sich warten … Im zweiten Akt gewinnt das Stück kräftig an Fahrt. Die Hauptrollen bekleiden Oliver Bode und Sylvia Pieroth als August und Ida, Tobias Kurz gefällt als stets freundlicher Mieter, Sabrina Grab-Achard ist Lisa. Ein Volltreffer ist der böse Blick von Nachbarin Paula Sprott alias Gisela Reinschmidt aus dem zweiten Stock.

Die Bühne ist in alle Dimensionen erweitert, holt das Publikum sozusagen mitten in die Szenerie. Seriös und streng taucht Papa und Obstverkäufer Helmut Jäger (Joachim Rodenhauser) im Frack auf. Da gewinnt Mama Gerry Franzen (Kirsten Altmann) lächelnd mehr Sympathien. Auch Chefin Bollmann (Iris Grab) lässt sich erweichen, Friedrich Sprott (Heinz Hoos) findet in August einen Verbündeten gegen seine keifende Ehefrau.

Zum engagierten Team zählen auch die Techniker Marc Oliver Reinschmidt, Jan Haller und Axel Grumbach. Sie haben die Darsteller von allen Seiten über Monitore und Laptops im Blick, spielen Licht und Töne ein. Emma Grab und Eva Roth haben die Wohnung ganz im Stil der 50er und 60er Jahre ausgestattet.

Souffleuse Karina Döbert-Haase ist gut beschäftigt, aber das vergrößerte Ensemble reagiert reifer und sicherer, überspielt verlorene Sätze oder Schuhe improvisierend. So ist das ATO zu einer echten Bereicherung der Kulturszene erwachsen.