Ausstellung im Museum Angewandte Kunst befasst sich mit „Mythos Handwerk“ Mit Kopf, Herz und Hand

Ran an Hammer und Feile: Im Handwerkraum können die Besucher an sechs Stationen selbst tätig werden.

Sachsenhausen (jf) – Den ersten Impuls für die Ausstellung „Mythos Handwerk, zwischen Ideal und Alltag“ erhielt Matthias Wagner K, Direktor des Museums Angewandte Kunst, 2017 bei einem Besuch in Vorarlberg. Er war begeistert vom Werkraum Bregenzerwald, dem sich zurzeit rund 100 Handwerksbetriebe der Region angeschlossen haben. Der Verein ist eine zeitgenössische Plattform, verbindet Kunst, Tradition und Natur, bezieht Aspekte wie Globalisierung und Endlichkeit der Ressourcen mit ein.

„Im Frühjahr 2020 hatten wir aufgrund des Shutdowns Zeit, lasen Fachbücher, knüpften Verbindungen. Die Kooperation mit dem Vorarlberg Museum in Bregenz und dem Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ist ein Glücksfall“, erklärt Mit-Kuratorin Grit Weber vom Museum Angewandte Kunst. In gemeinsamer Arbeit entstand die Exposition, die anhand von Objekten, Filmen, Bildern, Fotografien und Kunstwerken sowie in zehn Interviews mit Handwerkenden das Spannungsfeld zwischen Ideal und Alltag auslotet.

In sechs Kapiteln mit den Titeln Einzelstück/Serie, Hand/Kopf, Lokal/Global, Luxus/Notwendigkeit, Meisterschaft/Do-it-yourself und Tradition/Fortschritt wird Fragen auf den Grund gegangen: Ist Handwerk immer einzigartig? Handelt es sich um Handwerk oder Design? Was macht Handwerk zu Luxus? Was unterscheidet Profis von Laien?

„Der Ruf des Handwerks hat jahrelang gelitten. Das hat sich inzwischen geändert“, stellte Wagner K fest. Es gibt mehr als 130 Handwerksberufe in Deutschland, die sich in sieben Bereiche aufgliedern. In 53 Berufen benötigt man einen Meisterbrief, um sich selbstständig machen zu können.

Noch immer bilden die Frauen eine Minderheit in handwerklichen Berufen, in den entsprechenden Betrieben arbeiten sie meist im kaufmännischen Bereich. Nicht gut sieht es beim Nachwuchs aus: 2019 begannen nur knapp 140.000 junge Menschen eine handwerkliche Ausbildung – trotz griffiger Werbekampagnen des Deutschen Handwerkskammertags.

„Heimwerkerking“ Fynn Kliemann folgen auf seinen Youtube Kanälen mehr als eine Million Menschen, DIY ist das Motto, Kurse sind gefragt. Doch nicht alles kann und will man selbst machen. Das Museum Angewandte Kunst hat einen Handwerkraum eingerichtet, dort kann sich jede und jeder an sechs Stationen ausprobieren.

Die Exposition ist im Haus am Schaumainkai 17 bis zum 11. September zu sehen und kann dienstags, donnerstags und freitags zwischen zwölf und 18 Uhr, mittwochs zwischen zwölf und 20 Uhr, samstags und sonntags zwischen zehn und 18 Uhr besucht werden. Ein vielseitiges Rahmenprogramm mit Vorträgen, Workshops sowie Aktionen für Erwachsene und Kinder – auch ein Repair-Café gehört dazu – begleitet die Schau im zweiten Obergeschoss des Richard Meier-Baus. Mehr ist unter www.museumangewandtekunst.de nachlesbar.