Nina Kudernak gewinnt das Hessische Berufsreiterchampionat Ein Mädchentraum wird Wirklichkeit

Ein eingespieltes Team: Nina Kudernak und Dione alias Doris können sich über einen tollen Erfolg freuen. Foto: zcol

Dreieich (zcol) – Dione steht in der Sonne auf ihrem Paddock auf dem Hofgut Neuhof. Die schöne Fuchsstute genießt den sonnigen Oktobertag sichtlich. Die kleine Auszeit hat sich das Dressurpferd mehr als verdient, schließlich hat es gemeinsam mit seiner Reiterin und Besitzerin Nina Kudernak kürzlich erst das Hessische Berufsreiterchampionat gewonnen. Eine kleine Sensation, denn es war der erste Start der Götzenhainerin bei dieser Prüfung, die ausschließlich den Profis vorbehalten ist. Auf dem großen Dressurviereck in Darmstadt-Kranichstein glänzte Nina Kudernak in beiden Qualifikationsprüfungen und trug mit Dione den Sieg davon.

Das Spannende beim Berufsreiterchampionat ist jedoch das Finale: Die drei besten Reiter aus den Vortagen müssen am dritten Tag mit allen drei Finalpferden ins Prüfungsviereck. Es bleiben nur fünf Minuten Zeit, um sich auf die Pferde der Konkurrenten „einzufühlen“. Eine Herausforderung auch für die Profis. „Aber das ist eine schwere Prüfungsaufgabe und fünf Minuten sind sehr wenig Zeit“, erzählt Nina Kudernak lachend. Letztlich hat sie diese Aufgabenstellung hervorragend gemeistert. Royalito, das Pferd ihres sehr erfahrenen Kollegen Paul Schmid aus Mainz, lag Nina besonders gut. „Von ihm wollte ich am liebsten gar nicht mehr absteigen“, berichtet sie. Catal, der holländische Wallach von Berufsreiter Christian de Brujn aus Ruppertshain, war da schon komplizierter zu reiten. „Das ist mehr ein Männerpferd. Aber mein Ziel war es, mit möglichst wenig Aufwand und fein durch die Prüfung zu kommen, das ist mir dann doch ganz gut gelungen“, so Nina weiter. Die Herren taten sich etwas schwerer mit ihrer Dione. Die Hannoveraner Stute ist empfindlich und wurde mit den ihr unbekannten Herren im Sattel etwas spannig – und so ging Nina bei ihrer Berufsreiter-Championats-Premiere gegen die viel erfahreneren Männer als strahlende Siegerin hervor.

Dabei war Doris, wie Dione liebevoll im Stall genannt wird, zunächst gar nicht als wertvolles Sportpferd vorgesehen. „Ich habe sie von meiner Mutter übernommen, sie hat dafür meine Stute bekommen“, erinnert sich Nina. Ihr damaliges Turnierpferd war Duke of Fire, ein frecher Fuchswallach, den sie schon vierjährig unter den Sattel bekam. Damals war Reiten nur Hobby. „Mit Doris bin ich zum Spaß im Gelände geritten, bin bei Vielseitigkeitslehrgängen über feste Hindernisse gesprungen und habe sie auf Fuchsjagden geritten. Die Karriere als Dressurpferd war da definitiv nicht geplant“, erinnert sie sich noch gut. Dann war Duke verletzt und sie fuhr kurzerhand mit Dione zum Turnier – und kam mit einer Schleife zurück. „Ich war schon hier auf dem Neuhof und wir haben dann doch etwas Arbeit in meine Stute investiert“, erzählt die junge Berufsreiterin.

Geritten ist Nina übrigens schon ihr ganzes Leben. Von Mama Jutta Kudernak „infiziert“, ritt sie schon als Fünfjährige auf den Shetlandponys auf dem Hof Stolle in Götzenhain. Nach einem Sturz vom Großpferd ihrer Mutter wollte sie zunächst nicht mehr reiten. Doch dann kam Reitpony Paso Doble ins Spiel. Mit ihm erreichte sie die ersten Erfolge im Dressurviereck. Reitlehrer Erhard Stolle erkannte das Talent von Nina und ließ sie seine Pferde reiten. „Damals habe ich schon gelernt, mich schnell auf verschiedene Pferde einzufühlen.“ Mit zwölf bekam sie das erste Großpferd und mit Wynona wurde sie Mitglied im hessischen Nachwuchskader.

Das Reiten zum Beruf zu machen war dennoch erst einmal kein Plan. Nach dem Abitur ging sie zum Studium des Immobilienmanagements auf die Hochschule nach Wiesbaden. „Ich habe sehr schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist, eingesperrt zu lernen. Dann habe ich mit meinen Eltern gesprochen, ob ich nicht doch eine Ausbildung zum Pferdewirt klassische Reitausbildung machen kann.“ Ralf und Jutta Kudernak haben glücklicherweise verständnisvoll reagiert. „Sie haben gesagt, ich soll das machen was mich glücklich macht und einen Beruf finden, in dem ich engagiert und damit auch erfolgreich sein kann.“

Das hat bis jetzt ja ganz gut geklappt. Mit Ellen Bontje hat sie die Silbermedaillengewinnerin der Olympischen Spiele von Sydney als Ausbilderin und auch der weltweit angesehene Trainer Conrad Schumacher schaut ihr regelmäßig auf die Finger. Mit der Ausbildung auf dem Neuhof war die Zeit von wilden Studentenparties natürlich vorbei. Der Jungmädchentraum Pferdewirt ist in Wirklichkeit nämlic hart , mit frühem Aufstehen und körperlicher Arbeit verbunden. Nach zweieinhalb Jahren Lehrzeit hat Nina ihre Ausbildung im vergangenen Jahr abgeschlossen und arbeitet jetzt als Bereiterin auf dem Neuhof. „Ich habe hier viel gelernt. Vor allem die Ausbildung junger Pferde steht immer im Mittelpunkt. Ich habe Ellen und Conrad Schumacher viel zu verdanken. Sie haben mich Geduld gelehrt. Lieber einen Schritt zurück, den Pferden die nötige Zeit geben zu lernen und zu verstehen. Damit habe ich langfristig mehr Erfolg.“ Das hat sich auch bei Dione ausgezahlt. Viele Freunde und Bekannte haben immer mal wieder gesagt, sie solle die Stute verkaufen. „Und jetzt ist sie so erfolgreich. Ich muss sie so lassen, wie sie ist. Sie ist eigen. Aber sie weiß, wann es darauf ankommt und hat ein echtes Kämpferherz“, sagt sie, während sie die Stute tätschelt. „Heute ist sie für mich ein so besonderes Pferd, weil ich solche großen Erfolge mit ihr habe, die so gar nicht zu erwarten waren.“ Auch den Umgang mit den Kunden, deren Pferde sie mit Unterstützung von Ellen Bontje ausbildet, liegt ihr.

Mit „Great Gatsby“ hat Nina noch ein zweites Pferd, das erst noch in die „Hufspuren“ von Doris“ treten muss, mit „Fabian“, einem Kundenpferd einer Schweizerin, hat sie ein zweites sehr gutes Nachwuchspferd im Stall. „Doris soll nächstes Jahr Grand Prix gehen, ich bin gespannt“, freut sich die 23-Jährige schon jetzt auf die Saison 2018. Und auch auf dem Neuhof wird ein frischer Wind wehen. Ellen Bontje wird die Verantwortung über den Stall an Nina Kudernak abgeben, bleibt aber als Trainerin auf dem Hofgut erhalten. „Es wird jetzt also richtig spannend für mich und ich freue mich auf alles was kommt.“