Beim Hessischen Grundschultag wird das Gut Neuhof wieder zum grünen Klassenzimmer Uhu Lara und Pony Gypsy begeistern Schulkinder

Der Sibirische Uhu „Lara“ ist einer der tierischen Stars des Vormittags. Foto: zcol

Dreieich (zcol) – Shetlandpony Gypsy zupft reichlich unbeeindruckt an ihrem Heu. Das schwarze Pferdchen hat Dutzende Kinderhände auf ihrem Körper, gerät aber darüber kein bisschen in Aufregung. Roa und Hatice bürsten die Ponystute hingebungsvoll. „Immer nur in die Fellrichtung putzen“, erklärt Ponymädchen Katharina den Kindern die richtige Technik. Wer ein richtiger kleiner Reiter werden will, muss diese Details natürlich wissen. Mit langen, sanften Strichen lassen die Mädels die Kardätsche über das inzwischen schon glänzende Fell gleiten. „Das fühlt sich ein bisschen an, wie die weichen Federn der Hühner von meinen Nachbarn“, fährt Roa mit ihren Händen fasziniert über das glatte, schwarze Ponyfell, „ich habe noch nie ein Pferd geputzt“, sagt das Mädchen aus der 3a der Offenthaler Wingertschule.

Es gibt auf dem Hofgut Neuhof sicher noch manch andere Premiere. Der Hessische Grundschultag verwandelt das Dreieicher Hofgut im Zwei-Jahres-Rhythmus in ein „grünes Klassenzimmer“. 93 Schulklassen aus dem gesamten Kreis Offenbach reisen an, um an 70 Stationen alles über die heimische Nutztierwelt, Pferde, und Landwirtschaft zu lernen. Damit das alles reibungslos klappt, sind 300 ehrenamtliche Helfer im Einsatz, die in die Rolle der Lehrer schlüpfen.

„Mit dem Grundschultag wollen wir Schülern die Möglichkeit geben, Tiere und Landwirtschaft direkt zum Anfassen zu erleben. Dinge also, die sich so gar nicht in den normalen Unterrichtsalltag integrieren lassen, die aber wichtig sind, um zu verstehen, wo unsere Nahrungsmittel herkommen, oder wie Abläufe in der Natur funktionieren“, erläutert Landrat Oliver Quilling. Das Gewimmel auf dem Außengelände des Hofguts ist groß, die Begeisterung der Kinder noch viel größer. Ein Höhepunkt ist der Stand der Naturlandstiftung Hessen. Der sibirische Uhu „Lara“ ist einer der tierischen Stars des Vormittags.

Der riesige Vogel auf dem Arm von Falkner Matthias Müller gehört zu der größten Eulenrasse weltweit. „Wenn Lara jetzt wegfliegt, kommt sie dann wieder?“, wollen die Kinder vom Falkner wissen. Er hat das Tier an einer kurzen Leine an seinem Arm befestigt. „Ja, Zuhause fliegt sie oft los und kommt auch immer wieder. Aber heute sind hier so viele Kinder, da möchte ich das lieber nicht ausprobieren“, erzählt der Falkner den Kindern lachend, während er dem Vogel beruhigend das Gefieder krault. Gar kein bisschen beeindruckt von dem Trubel sind die Englischen Foxhounds, die es sichtlich genießen, so viele streichelnde Kinderhände zu haben. „Die Tiere leben in der Meute, sind aber doch sehr zutraulich und lieben es, zu schmusen“, erzählt die Hundefachfrau am Stand. Der größte Andrang mit der längsten Warteschlange herrscht aber beim Ponyreiten. Alle Kinder brennen darauf, eine Runde über die Wiese zu reiten. Das dauert natürlich seine Zeit, bis die Nachwuchsreiter mit Helm sicher verpackt sind, und dann das größte Glück der Erde auf dem Rücken der Pferde erleben.

Die Kinder dürfen aber auch einem Schäfer bei der Arbeit mit seinen Hütehunden zuschauen, die Beamten der Polizeireiterstaffel zeigen, wie unbeeindruckt die Polizeipferde nach jahrelanger Ausbildung selbst von Silvesterkrachern sind und sogar kleine Kutschfahrten rund um den Neuhof sind für die Schulklassen möglich.

Zum Thema Landwirtschaft gibt es auf dem achten Pferdetag so einiges zu entdecken. Die Kinder pressen aus Äpfeln frischen Apfelsaft, üben sich an einer künstlichen Kuh im Melken und können Getreide selbst zu Mehl vermahlen. „Das war für die Kinder eine spannende Station. Sie haben das Korn aus der Ähre geholt und es dann in der Mühle zerquetscht. Ich glaube, dass es sehr lehrreich ist, manche wussten gar nicht, was eine Ähre ist und die Kinder denken, dass ihr Müsli schon ein reines Naturprodukt ist. Sie machen sich gar keine Vorstellungen davon, wo das Korn wächst“, freut sich Grundschullehrerin Astrid Maroske aus Offenthal über den lehrreichen Vormittag für ihre Schüler.

Organisatorisch ist der Pferdetag wieder mal eine Meisterleistung. Die Lehrer und Betreuer laufen mit ihren Kindergruppen nach einem lockeren Zeitplan ab. Bis auf das Ponyreiten ist keine der 70 Stationen überfrachtet und alle kommen dran und können etwas sehen. „Um einen richtig nachhaltigen Effekt zu haben, müssten wir einzelne Themen, wie beispielsweise das Getreide im Unterricht vor- und Nachbereiten“, erklärt Claudia Fischer von der Ludwig-Uhland-Schule den pädagogischen Aspekt. Aber auch, ohne die Landwirtschaft explizit zum Thema im Sachunterricht zu machen, sei der Pferdetag ein Gewinn für die Kinder. „Ein Ausflug ist immer schön und hier konnten sie ja auch richtig viel erleben“, hat auch die Grundschullehrerin Spaß an den leuchtenden Kinderaugen.

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