FFH-Moderatorin Evren Gezer berichtet im Landesausschuss Integration beginnt bereits in der Familie

Mühlheim (man). Wenn alle, die es von irgendwo her nach Deutschland zog, einen ähnlichen Weg hinter sich hätten, wie die beiden, die heute vor viel Publikum rhetorisch parlieren, wäre ein „Landesfachausschuss Integration“ mit dem Vorsitzenden Ismail Tipi ziemlich überflüssig. Er wurde 1959 in Izmir geboren. Der christdemokratische Landtagsabgeordnete hatte für den 20. Mai Evren Gezer zur öffentlichen Tagung in die Gaststätte „Zum Forsthaus“ in Markwald eingeladen. Die prominente FFH-Moderatorin kam 1980 in Istanbul zur Welt.

Für Tipi ist es eine Fingerübung, Fragen zu stellen. Das ergibt sich von selbst, Von Haus aus ist der Mann schließlich Journalist. Und Gezer fällt nichts leichter, als auf Fragen zu antworten. Die Radiomoderatorin nennt eine Grundvoraussetzung für ihren Beruf: „Ich höre mich gerne reden.“ Gezer, die mit Sohn, Gatten und Mutter erscheint, erklärt, wie es dazu kam, dass sich für sie die Frage nie stellte, „wie kann ich mich integrieren?“.

Ihre Mutter ist Pädagogin, der verstorbene Vater war linker Aktivist und Gewerkschaftsfunktionär. Als das türkische Militär 1980 die Macht übernahm, wurde das Leben gefährlich für den Mann, der bald darauf in einem Asylbewerberheim in Coburg aufschlug. Evren kam nach. Genossen des Vaters reisten mit ihr aus, gaben den Säugling an der Grenze als ihren Sohn aus. Es dauerte noch Monate, bis auch die Mutter folgte. Zwischendurch erkrankte der Vater. Evren kam bei Pflegeeltern unter, „in der Phase, in der sich die Sprache entwickelt“. Als Evren in den Kindergarten kam, sprach sie schon Deutsch.

Im politisierten Elternhaus habe Religion keine Rolle gespielt. Damit sei ein möglicher Hemmschuh zur Integration entfallen, anders als etwa bei einer türkischen Freundin, von der Gezer erzählt. Der gefiel das Drumherum von Weihnachten, „zu Hause durfte sie das Wort ‘Weihnachten’ aber auf keinen Fall erwähnen“. Sowieso fange Integration in der Familie an. In ihrer habe eine freie, kommunikative Atmosphäre geherrscht. Für die Eltern galt, „wir wollten nicht kommen, aber wir nehmen Deutschland als neue Heimat an“.

Tipi will wissen, wie Menschen zu integrieren seien, „deren Familienehre an der Jungfräulichkeit der Tochter hängt?“ Gezer erzählt von einem Freund, der zwar in die Moschee gehe, sich aber dennoch gesellschaftlich ungezwungen bewege. Die Regel sei das allerdings nicht. Ihre Eltern hätten ihr weder geistige noch moralische Schranken auferlegt, „meine Freunde saßen sonntags mit am Frühstückstisch“.

Aus dem Publikum kommt an die studierte Publizistin die Frage, ob sie sich ein politisches Engagement vorstellen könne. Das verneint Gezer, „vorerst zumindest“. Sie sei jemand, der Schwierigkeiten gerne sofort löst. Die Probleme in der Politik seien jedoch komplexer Natur, nur schwer oder auch gar nicht zu beheben. Als Beispiel nennt sie ihre Skepsis gegenüber einem Burkaverbot, das Tipi im Einklang mit dem Europäischen Gerichtshof fordert. Evren Gezer fürchtet, das wirke auf die Islamisten ähnlich wie ein Verbot der Eltern gegenüber ihren pubertierenden Kindern. Wenn die etwas nicht dürften, dann reizte das gerade zum Gegenteil.