CDU-NEUJAHRSEMPFANG Aral-Vorstandsmitglied kritisiert Bürokratie und lange Genehmigungsverfahren „Durch gesetzliche Vorgaben oft ausgebremst“

CDU-Stadtverbandsvorsitzender Carlos Gómez (Zweiter von rechts) begrüßte mit CDU-Mandatsträgern den Gastredner Alexander Junge, Aral AG (Vierter von links). Bild: Postl

Neu–Isenburg – Als Redner beim Neujahrsempfang hat der CDU-Stadtverband keinen Politiker ins katholische Gemeindezentrum von St. Josef eingeladen, sondern das Aral-Vorstandsmitglied Alexander Junge. Der Repräsentant der Energiewirtschaft spricht über die Herausforderungen eines Öl-Unternehmens auf dem Weg in eine „emissionsneutrale“ Zukunft. In seiner Begrüßung legt Carlos Gómez den Schwerpunkt auf den Bau der Regionaltangente West (RTW), aber auch die Schaffung eines „Dritten Ortes“. Denn Hugenottenhalle und Stadtbibliothek sollen zu einem gesellschaftlichen Mittelpunkt der Stadt umgestaltet werden. Zuerst geht er auf die Folgen des Krieges ein.

„Wir hatten vor zwei Jahren große Bedenken, dass der brutale Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine auch große Auswirkungen auf unser Leben haben könnte – aufgrund von ausbleibenden Öl- und Gaslieferungen Es kam glücklicherweise nicht so“, hebt Gómez hervor. Dennoch gebe es Zukunftsängste. „Das Jahr 2024 wird ein Schicksalsjahr für die Demokratie“, sagt der CDU-Stadtverbandsvorsitzende mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen.

Um den dringend nötigen Zusammenhalt in der Stadtgesellschaft, aber auch darüber hinaus, zu erhalten und zu fördern, plädiert er für die Schaffung von „belastbaren Beziehungen“. So fordert er, das freiwillige Engagement mehr zu fördern und Familien mit Kindern besser zu unterstützen. Zudem sollte der Austausch angeregt werden – durch die Schaffung von geeigneten Versammlungspunkten. „Das können Kirchengemeinschaften, Vereine, aber insbesondere auch Dritte Orte sein“, zählt Gómez auf. Er nennt die im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung verankerte Förderung von „Dritten Orten“. Einen solchen plane man mit dem Umbau der Hugenottenhalle und Stadtbibliothek. Wichtig sei deshalb neben der RTW als gigantisches Infrastrukturprojekt auch die baldige Realisierung des Kultur- und Bildungszentrums. „Es geht nicht darum, etwas nicht zu machen, sondern vielmehr darum, das zu realisieren, was möglich ist“, fordert Gómez. Im Jubiläumsjahr „325 Jahre Neu-Isenburg“ seien besondere Anstrengungen notwendig.

Wie sich ein Mineralölunternehmen auf die Herausforderungen der Transformation in ein neues Energie-Unternehmen einstellt, davon berichtet Alexander Junge, Vorstandsmitglied der Aral AG. „Wir könnten viel mehr machen und wären auch schon viel weiter, wenn wir nicht durch gesetzliche Vorgaben allzu oft ausgebremst würden.“ Als Beispiele nennt er die Hürden, die man dem Unternehmen beim Bau von wichtigen Infrastrukturmaßnahmen in den Weg lege. „Seitens der Bundesregierung wurde den Ländern aufgetragen, ihre Bauverordnungen so anzupassen, dass wir viel schneller werden können“, erklärt Junge. Geändert worden sei bisher keine einzige Landesbauverordnung. „Bei der Installation von Trafos für super-schnelle Ladestationen haben wir uns für einen Platzbedarf von 20 Quadratmetern entschieden, damit ein ungehindertes Arbeiten möglich ist. In der neuen Verordnung soll der Platzbedarf jedoch auf 16 Quadratmeter – ohne Umweltprüfungsgutachten – beschränkt werden. Gefragt hat uns jedoch keiner“, bedauert Junge.

Ferner kritisiert er die langen Genehmigungsverfahren für den Bau der Ladeinfrastruktur. Drei Jahre seien durchaus an der Tagesordnung. „Die Netzbetreiber sind derzeit aufgrund der großen Nachfrage einfach überfordert“, sagt Junge. Dabei sei man derzeit schon gut vorbereitet, um in naher Zukunft den Strombedarf für 15 Millionen E-Fahrzeuge bereitstellen zu können. Es gebe gute Fortschritte, doch die Bürokratie sei oft ein Hindernis. Der Gastredner fordert deshalb mehr Realitätssinn von der Politik.
 lfp