Behindertenhilfe bastelt an kostengünstigen Rampen für Rollstuhlfahrer Stufen mithilfe von Legosteinen überwinden

Sabine Paul-Kickuth mit einer der Rampen aus Legosteinen, die bei der Überwindung einzelner Stufen helfen können. Foto: Mangold

Offenbach (man) – Manche Problemlösungen bestechen durch ihre Einfachheit: Die Behindertenhilfe in Stadt und Kreis Offenbach mit Sitz an der Ludwigstraße hat zwar nicht die aus Legosteinen gebauten Rampen, die es Rollstuhlfahrern und Rollatornutzern ermöglichen, über einzelne Stufen und Absätze zu gelangen, erfunden. Aber sie hat diese Idee engagiert aufgenommen, um Menschen mit Handicap den Alltag zu erleichtern.

Die Stufe ist der Feind des Rades. Sabine Paul-Kickuth, in der Behindertenhilfe für den Fachbereich „Freiwilliges, soziales Jahr (FSJ)“ zuständig, erzählt von Elektrorollstühlen, die bis zu 200 Kilogramm wiegen, „hinzu kommt noch das Gewicht des Fahrers“. Die Inhaberin eines Friseurgeschäfts kann einen einfachen Rollstuhl mit Hilfe von Mitarbeiterinnen vielleicht noch über einen kleinen Absatz ziehen, mit rund dreihundert Kilogramm kann das aber nicht mehr klappen.

Claudia Kamer, Referentin der Geschäftsführung der Behindertenhilfe, erzählt von einem Berliner Rollstuhlfahrer, dem die Idee mit den Lego-Rampen kam. Passgenau werden in Heimarbeit Rampen für Absätze im eigenen Haus und für alle möglichen Betroffenen fabriziert.

In Bielefeld gefiel der Gedanke etwa einer Corinna Huber. Die Rollstuhlfahrerin nahm Kontakt mit potenziellen Sponsoren und vor allem zu Geschäften auf, in die sie bisher zumindest nicht ohne Komplikationen hineinkam. Auch für Eltern können Lego-Rampen große Hilfen sein. „Wenn jemand eine Verletzung am Arm oder der Schulter hat, kann er keinen Kinderwagen schnell mal hochhieven“, sagt Sabine Paul-Kickuth.

Als Claudia Kamer von der Geschichte hörte, dachte sie sofort, „Lego-Rampen sind auch etwas für Offenbach“. An diesem Morgen sitzt beispielsweise eine wie Rebecca van der Bets an einem der drei Tische, zusammen mit Klienten der Behindertenhilfe und Kollegenschaft, die wie die 19-Jährige ein Freiwilliges Soziales Jahr ableistet. Außerdem nehmen Vertreter von „People’s Theater“ teil, junge Leute, die vor allem in Schulen Mini-Dramen aufführen, die plausibel zeigen sollen, wie sich Konflikte ohne Gewalt und Beleidigungen kommunikativ lösen lassen. Die Aktivisten des Vereins mit Sitz in Offenbach stellen erst ihre Arbeit vor, dann basteln sie mit.

Rebecca van der Bets kommt zwischendurch bei Claudia Kamer vorbei und schildert ein Problem. Die Rampe, an der ihre Gruppe baut, soll 14 Zentimeter hoch sein, liegt jetzt bei zwölf Zentimetern, „aber die Platte ist voll“.

Legosteine kosten nicht gerade einen Pappenstiel. Für 1.500 Stück muss man knapp 170 Euro hinlegen. Für eine 60 Zentimeter lange und 30 Zentimeter hohe Rampe braucht es gut 800 Teile. Dazu kommen die Platten als Untergrund, die auch nicht gerade umsonst sind.

Kamer, die findige Schwäbin aus Tübingen, weiß sich generell zu helfen. Sie stöberte im Internet nach Angeboten für gebrauchte Steine und ging außerdem Klinken putzen, wie etwa in der Spielzeug-Abteilung der „Galeria Kaufhof“ in Frankfurt. Das Kaufhaus rief Kamer bald danach an, denn um Verkaufsfläche zu gewinnen, verzichtete man auf die Spielecke. Vier Kästen Legosteine bekam die Behindertenhilfe überlassen: „Mein Herz ging auf.“ Außerdem stellte Kamer das Rampen-Projekt der „Aktion-Mensch“ vor. Mit Erfolg: Die 1964 vom ZDF ins Leben gerufene Sozialorganisation mit Sitz in Mainz spendete 5.000 Euro.

Bestellungen liegen schon länger vor, wie etwa aus der eigenen Wohnanlage an der Senefelder Straße. Auch Geschäfte und Privatleute ordern bei Claudia Kamer. Leisten kann sich eine Lego-Rampe auf alle Fälle jeder, der eine bekommt: „Wir nehmen dafür kein Geld.“ Am Ende des Morgens lässt sich auch das Problem mit der Platte lösen.