Aus Lego-Steinen entstehen kleine tragbare Rampen für Rollstuhl-Fahrer „So lange wir Steine haben, bauen wir weiter“

Rampenbau mit Lego-Steinen: Im Jugendzentrum waren viele Helfer dabei, um die Schrägen für Rollstuhl-Fahrer entstehen zu lassen. Foto: p

Heusenstamm (m) – Die Älteren hatten nur Zweier, Vierer, Sechser und Achter in allen Farben zur Verfügung, um als Bauherr im Kinderzimmer ganze Wohnsiedlungen entstehen zu lassen.

Die Jüngeren bauten mit vielen Spezialsteinen schon Fahrzeuge und Fluggeräte nach vorgegebenen Plänen zusammen. Dank Claudia Kamer von der Behinderthilfe Stadt und Kreis Offenbach erfährt der schlichte Lego-Stein jetzt seinen Ritterschlag durch seinen Einsatz in Rampen für Rollstuhlfahrer.

„So lange wir Steine haben, bauen wir weiter.“ Der Gast im Jugendzentrum gibt sich kämpferisch. Die Initiatorin der Fertigung von mobilen Schrägen für die Rollis kann aus vollen Schüsseln schöpfen: Nach einer Aktion im Kaufhof in Frankfurt hat sie große Mengen der Plastiksteine geschenkt bekommen. Die wichtigen schrägen, roten Dachsteine aber müssten sie selbst kaufen, erklärt sie.

Was Menschen mit gesunden Beinen kaum bemerken, kann einen Gehbehinderten ausschließen. Auch um ins Juz zu gelangen, muss eine Stufe überwunden werden. Jahn Scheel, Sozialpädagoge der Kinder- und Jugendförderung in der Schlossstadt, hat zwei lange Tische zusammengerückt. Ein halbes Dutzend Teenager, die den offenen Treff besuchen, ist schon eine Stunde früher eingetroffen, um sich an der guten Sache zu beteiligen.

Und um wie die Kleinen im Kindergarten mit Legos zu bauen.

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Auch die 14-jährige Aya, die selbst im Rollstuhl sitzt, und Lena (15) von der Schule am Goldberg machen mit. Aya kommt regelmäßig ins Juz, hat schon mit Gleichaltrigen von der Adolf-Reichwein-Schule an einem Theaterprojekt teilgenommen. Um in das Gebäude zu gelangen, braucht sie jedoch starke Helfer und einen Kraftakt, um sie mit ihrem Gefährt über die Schwelle zu hieven.

Begleitung wird Aya wohl auch mit Rampen noch brauchen. Aber die Einfahrt wird einfacher dank der Hilfsmittel. Über die stabilen Keile gelangen die Rollis viel leichter auf eine höhere Ebene. Das liegt an den kleinen Kunststoff-Bauklötzern mit den Noppen zum Zusammenstecken und in verschiedenen Längen, die sich sehr flexibel verwenden lassen, wirbt Sozialpädagogin Kamer für die beliebten Spielsachen aus Dänemark.

Exakt 11,5 Zentimeter liegt der Juz-Flur über dem Hof, hat sie gemessen und eine Lego-Platte in der Mitte geteilt. Die ist jetzt noch 19 Zentimer breit – genug für alle Modelle von Rollstuhl-Rädern. Die Länge von 38,5 Zentimeter bedingt zwar noch einen recht steilen Winkel, eine Erweiterung würde die Rampe aber deutlich schwerer machen. Das fertige Modell, das die Besucherin von der Behindertenhilfe als Anschauungsobjekt mitgebracht hat, wiegt 2,6 Kilogramm, ermitteln die Bauleute mit der Küchenwaage.

Sportliche Rolli-Fahrer führen zwei der Teile mit sich, um leichter die nicht abgesenkten Bordsteine zu überwinden. Claudia Kamer sieht außerdem gute Ensatzmöglichkeiten für Geschäfte und öffentliche Einrichtungen wie die Stadtbücherei. Vor allem für Fahrer der schweren Elektro-Rollstühle bilden die Elemente eine enorme Erleichterung. Die Fachfrau hat schon mehrere Rampen-Paare für Läden mitgefertigt. „Das können schon Kindergartengruppen oder Menschen mit Behinderungen übernehmen“, zeigt die Frau mit dem schwäbischen Akzent.

An der Juz-Tafel drückt auch Aya Stein für Stein auf die vorgegebene Fläche. Auf jeder neuen Ebene wird Plastikkleber verteilt, damit die Konstruktion nicht auseinanderfällt. Schicht für Schicht wächst das Projekt, nicht schneeweiß wie der Prototyp, kunterbunt werden die Schrägen vor der Juz-Tür Aufmerksamkeit erheischen.

Lego-Steine sind gefragt, besonders die fürs Dach. Spenden sind also sehr willkommen. Unterstützung gebe es auf Antrag von der Aktion Mensch in Köln, informiert Sprecherin Kamer. Weitere Informationen für Leute, die Rampen brauchen oder welche fertigen wollen, erteilt sie telefonisch unter der Rufnummer Z 069 809 09 69-17 und per E-Mail an c.kamer[at]behindertenhilfe-offenbach[dot]de.