Evangelisches Kirchenparlament beschließt Bildung von „Nachbarschaftsräumen“ Auf dem Weg zur Großgemeinde

Die Kirchengemeinden stehen vor einem Wandel. Archivfoto: Georg Bild: -

Offenbach – Während bei Städten ein Trend zu erkennen ist hin zum Stadtteil, zur Stärkung des Quartiers und zur Bildung einer lokalen Identität, gehen die beiden großen Kirchen den umgekehrten Weg: In Offenbach hat die katholische Kirche mit dem „pastoralen Weg“ die Umwandlung der Dekanate in Großpfarreien bereits angestoßen, die evangelische Kirche hat inzwischen Ähnliches beschlossen.

In der jüngsten Sitzung des Kirchenparlaments im Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach hat sich die Mehrheit für die Bildung sogenannter Nachbarschaftsräume ausgesprochen, zwölf Delegierte enthielten sich. Für Offenbach bedeutet dies, dass die evangelischen Gemeinden sich bis 2027 in einem Nachbarschaftsraum wiederfinden. Lediglich die französisch-reformierte Gemeinde ist, da sie einen Sonderstatus hat, nicht betroffen. Die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hatte bereits im vergangenen Jahr die Schaffung von Nachbarschaftsräumen als Teil des Reformprozesses EKHN 2030 beschlossen.

Unter Nachbarschaftsraum versteht man die Zusammenarbeit oder den Zusammenschluss von Kirchengemeinden, jeder soll zwischen 2000 und 6000 Mitgliedern zählen. Pfarrer, Gemeindepädagogen oder Kirchenmusiker sollen gemeinsam und ortsübergreifend arbeiten.

Die Kirchengemeinden eines Nachbarschaftsraums „bündeln ihre Verwaltung in einem gemeinsamen Gemeindebüro, in der Regel an einem Standort“, heißt es. Wer in Rumpenheim oder Waldhof wohnt, kann wegen Trauung oder Taufe also nicht mehr in der Gemeinde anfragen, er muss sich ans Zentralbüro wenden.

Für Offenbach soll überlegt werden, eventuell zwei „Verwaltungseinheiten“ (Gemeindebüros) zu schaffen. Denn bis vor Kurzem war die Stimmung noch zugunsten zweier Nachbarschaftsräume, was die Mitgliederzahl abbilden würde. Mit derzeit 13 000 läge sie weit über dem Maximum von 6000.

Zuletzt schlug die Stimmung aber um zugunsten des Wegs, den die Kirchenleitung propagierte: Bis 2030 werde man weiter viele Mitglieder verlieren, da sei es besser, nur einen Nachbarschaftsraum in Offenbach zu bilden. Nur noch Markus- und Friedenskirchengemeinde sprachen sich für zwei aus.

Als Vorteil des Zusammenschlusses zu einer Großgemeinde wurde angeführt, dass die Vertretungsfrage einfacher zu lösen wäre. Klagen, dass dies momentan sonderlich problematisch wäre, gibt es jedoch nicht.

Bis 2027 müssen die Gemeinden klären, wie sie künftig zusammenarbeiten. Fusionen wären denkbar, aber auch Kooperationen oder Arbeitsbündnisse. Unklar ist, wie sich die Nachbarschaftsräume auf die Liegenschaften auswirken: Durch ein gemeinsames Gemeindebüro oder bei Zusammenschlüssen würde ein Teil der Verwaltungs-, aber auch der Gemeinderäume nicht mehr benötigt. Kein Geheimnis ist, dass das Raumkonzept der Landeskirche wie des Stadtdekanats in manchen Gemeinden umstritten ist.

Bis Ende 2026 soll über die Zukunft der Gebäude im Dekanat entschieden sein. Dann wird sich zeigen, welche Häuser weiter genutzt und instandgehalten werden und welche Flächen anderweitig vermietet oder in Erbpacht vergeben werden.

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Von Frank Sommer