Prädikantin Claudia Kaiser hält auch die Predigt Botschafterin des Wortes Gottes

Auf dem Weg zur Verkündungsarbeit in der Urberacher Petruskirche: die Ober-Röder Prädikantin Claudia Kaiser.

Ober-Roden – In der Evangelischen Kirchengemeinde Ober-Roden und der Petrusgemeinde Urberach übernehmen Gemeindemitglieder in Gottesdiensten eine Verkündigungsrolle, die Katholiken so nicht kennen: als Prädikant oder Prädikantin predigen sie. Eine von ihnen ist die Ober-Röderin Claudia Kaiser. In Mannheim 1961 geboren, kam sie der Liebe wegen 1989 mit ihrem Mann Franz-Dieter Mangold nach Rödermark. Die Volljuristin arbeitete in Rodgau, mit der Geburt ihrer zwei Söhne wechselte sie zu ehrenamtlichen Aufgaben.

In der Konfirmandenzeit von Sohn Urs bekam sie mehr Kontakt zur Kirchengemeinde und zu Pfarrer Matthias Welsch und wurde 2009 Mitglied im Kirchenvorstand (KV). Vom Tennisvorstand (beim TC Ober-Roden) zum Kirchenvorstand. „Eigentlich bin ich dazu wirklich wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Meine Großmutter hatte zwar in der Kinderkirche geholfen, aber meine Eltern hatten nichts mit Kirche am Hut. Doch ich war relativ neu hier und suchte nach einer sinnvollen Aufgabe“, erinnert sich Claudia Kaiser.

Bei der nächsten KV-Wahl 2015 hatte sie schon die zweitmeisten Stimmen bekommen – großes Engagement, vom Küsterdienst bis zum Personalbereich der Kirchengemeinde, zahlte sich in Stimmen aus. Im Februar 2019 trat sie schließlich aus dem KV zurück, doch ihr lebendiges Interesse an kirchlichen und Glaubensfragen ließ sie aktiv bleiben. Pfarrer Oliver Mattes und der Urberacher Prädikant Herbert Schäfer fragten an, ob sie sich zur Predigerausbildung entschließen könne. Nach reiflicher Überlegung startete sie im Herbst 2017 ihre stufenweise Ausbildung zur Prädikantin. Diesen Weg fixierte sie in einem Tagebuch. Erst kam die Lektorenausbildung, nach deren Abschluss Gottesdienste vollständig übernommen werden können, doch ohne Sakramentenausgabe.

Die ganze Ausbildungsgruppe ging weiter in die Prädikantenausbildung – aber erst nach einer Prüfung beim Zentrum für Verkündigung in Frankfurt. Im Januar 2020 war die Ausbildung abgeschlossen, dazu mussten vier Gottesdienste mit selbstgeschriebenen Predigten eingereicht werden. Ihre ersten Gottesdienste als Prädikantin hielt Claudia Kaiser in Hainhausen und in Ober-Roden, und das unter sehr erschwerten Umständen, nachdem im Herbst überraschend ihr Mann verstorben war. Claudia Kaiser darf auch das Abendmahl austeilen und taufen. Die Vorbereitung ist das Herzstück: Mindestens ein Arbeitstag dauert die Predigtvorbereitung – welcher Predigttext aus welcher Bibelübersetzung? Was liegt mir näher? Oft nimmt sie diese Gedanken mit in die Sauna. Danach braucht es noch rund zwei Nachmittage zum Feinschliff. „Ich bin sehr, sehr kritisch mit mir selber.“ Das wurde ihr auch im Abschlusszeugnis bestätigt: „Sehr sorgfältig und selbständig.“

Mit ihren ersten Gottesdiensten als Prädikantin in den Gemeinden des hiesigen Dekanats, von denen auch die Anfragen kommen, musste Claudia Kaiser coronabedingt ein paar Verschiebungen in Kauf nehmen. Am 24. Oktober 2021 war’s schließlich so weit. Seither geht es regelmäßig an Kanzel und Altar – in Rödermarks Kirchen oder auch im Haus Morija ebenso wie im Dekanat.

„Wir haben halbjährliche Treffen mit den Mitgliedern dieses Prädikantenpools, in dem aus Rödermark auch Herbert Schäfer, Kirsten Cammann oder Christiane Pforr dabei sind, und da tauschen wir uns aus“, berichtet die Prädikantin. Für die Gestaltung von Trauungen und Beerdigungen braucht sie noch rund drei Jahre Praxis und eine Zusatzausbildung. „Man muss sich auch jetzt schon so einiges merken. Zum Beispiel, dass ich beim Segen für die Gemeinde die Hände auf Schulterhöhe halte und nicht in die Höhe recke und dass ich dabei in die Gemeinde schaue.“

Von Christine Ziesecke