Ewald Wirth von der Initiative Stolpersteine sprach über die Pogrome im November 1938. Damals wurde auch die Synagoge, an die seit 1962 eine Gedenktafel erinnert, demoliert. „Das gemeinsame Gedenken im Hof schräg gegenüber der ehemaligen Synagoge ist ein starkes Zeichen“, sagte Wirth. Nach dem Verlesen der Namen spielte Martina Georgi auf der Querflöte.
„Jeder Mensch hat einen Namen, Yad Vashem, der nicht vergessen werden darf“, fügte der Rabbiner hinzu und betete für das Seelenheil der Menschen, deren Namen verlesen worden waren.
Pfarrerin Kathrin Fuchs bezog sich auf die Rede Roman Herzogs am 9. November 1998 und zitierte den Bundespräsidenten: „Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 gehört zu den schlimmsten und beschämendsten Momenten der deutschen Geschichte. Natürlich: Im Vergleich zu dem, was noch kommen sollte, war sie nur ein Vorbote. Aber ihre Geschehnisse waren auch für sich ein solcher Schlag in das Gesicht von Humanität, Zivilisation und Anstand, dass wir uns an dieses Datum immer wieder erinnern müssen.“ „Menschen wurden aussortiert. Solche Selektion nie mehr zu zulassen, ist unsere Verantwortung“, unterstrich Kathrin Fuchs. Till Lieberz-Groß beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Schicksalen jüdischer Kinder, die meist allein emigrieren konnten. 2018 erschien das von ihr und Angelika Rieber veröffentlichte Buch „Rettet wenigstens die Kinder“. „Etwa 20.000 jüdische Kinder konnten gerettet werden. Aber auf den Listen für die Kindertransporte standen 60.000 Namen“, verdeutlichte Lieberz-Groß. Ab Dezember 1938 fuhren die ersten Züge nach England, Belgien, Frankreich, in die Niederlande, die Schweiz und nach Schweden sowie Schiffe nach Palästina und in die USA. „Oft waren diese Kinder die einzigen Überlebenden der Familie. Sie mussten den tiefen Widerspruch zwischen Lebensrettung und Verlassenheit aushalten, waren traumatisiert“, bemerkte Lieberz-Groß.
Die engagierte Autorin nannte beispielhaft das Schicksal von Ulrich Stobiecka. Er war im Waisenheim der Flersheim-Sichel-Stiftung untergebracht und mit einem Kindertransport nach Waddesdon, nordwestlich von London, gekommen und so gerettet worden. Später setzte sich Stobiecka, der 1950 nach Israel auswanderte und den Namen Uri Sella annahm, für die Rettung äthiopischer Juden ein.
Seit 2019 erinnert ein großer Gedenkstein sowohl an die Rettung der Waisenheim-Kinder als auch an die Deportation von 80 Kindern und Mitarbeitern des Heims ab 1941. Nur wenige überlebten. 2021 wurde an der Gallusanlage das Waisen-Karussell von Yael Bartana errichtet. Es ist ein lebendiges Kunstwerk und erinnert an die Kindertransporte.