Weseler Werft bis Hafenpark Führung: Östliches Mainufer im Wandel der Zeiten

Ingo Bohl (Mitte) erklärt die Veränderungen des Mainufers an der Weseler Werft, im Hintergrund die EZB. Foto: Faure

Ostend (jf) – Erstaunlich viele Interessierte hatten sich zur Führung entlang des Mainufers am nördlichen Ende der Flößerbrücke eingefunden. Gartenbauingenieur Ingo Bohl hatte alte Fotos mitgebracht, berichtete aus vergangenen Zeiten. Die 1986 errichtete Flößerbrücke gehört zu den jüngsten Flussquerungen, gleich dahinter befindet sich die 1222 erstmals urkundlich erwähnte Alte Brücke, tatsächlich die älteste Verbindung zwischen Sachsenhausen und der heutigen Altstadt.

Von Johann Michael von Loën (1694 bis 1776) stammt eine Beschreibung vom Wohnen am Main. Von Loën heiratete Katharina Sibylla Lindheimer, die Schwester von Goethes Großmutter Anna Margaretha Textor, geborene Lindheimer. Passend dazu fährt die „Johann Wolfgang von Goethe“ der Primus-Linie den Main hinauf. „Früher war hier im Fischerfeld zu Messezeiten ein Lagerplatz“, berichtete Ingo Bohl. Bis ins 17. Jahrhundert lag das Gebiet außerhalb der Stadtmauer.

1863 errichtete der Bauunternehmer Philipp Holzmann in Frankfurt seinen Betrieb, es war zeitweise das zweitgrößte deutsche Unternehmen in der Bausparte. Ein Holzlagerplatz befand sich auch auf dem Fischerfeld.

Mit Beginn der Industrialisierung wandelte sich das Mainufer: 1859 wurde die sechs Kilometer lange Eisenbahnstrecke am nördlichen Mainufer dem Verkehr übergeben, sie verband die Anschlussstellen zwischen Höchst und dem Osthafen. Seit 1979 dampft an mehreren Wochenenden im Jahr die Historische Eisenbahn auf den Gleisen zwischen Griesheim und dem Osthafen entlang.

Von 13 Kränen sind noch zwei da

Die Weseler Werft, die vor über hundert Jahren ein Umschlagplatz für Schüttgut war, wurde nach einem 1986 gefassten Beschluss der Stadtverordnetenversammlung umgestaltet: Auf einer über zwei Hektar großen Fläche entstand eine öffentliche Grünanlage mit Bäumen, Pflaster- und Hochwasser-Schwemmflächen und Platz für Kulturfeste. Jüngste Neuerung ist die Anlage des Eidechsen-Habitats Oskar gleich an der Flößerbrücke unterhalb des ehemaligen Bordells Sudfass. „Meinrad Schneider war der verantwortliche Architekt. Er griff das Allee-Motiv, das bereits im Uferbereich des 1875 angelegten ‚Nizza’ und am Schaumainkai umgesetzt wurde, auf“, erklärte Ingo Bohl. Von den ehemals 13 Kränen der Ruhrorter Werft gegenüber der ehemaligen Großmarkthalle sind zwei als Industriedenkmale übrig geblieben. An dieser Werft wurde Kohle verladen, später Schrott. Heute kann der Spaziergänger im „Oosten“ einkehren und dem Treiben auf dem Main zuschauen. Im Rücken des Beobachters erhebt sich der Doppelturm der Europäischen Zentralbank (EZB).

„Der Main war früher ein flacherer Fluss, er wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts korrigiert und mit Staustufen ausgebaut“, erläuterte Ingo Bohl. Funde von Kaimauern, die bei Bauarbeiten am Historischen Museum ans Licht kamen, belegen, dass der Main um 1200 tiefer gelegen haben muss.

Wünsche der Bürger

An den Ufern ist vor allem in den vergangenen 15 Jahren nicht nur eine gern und vielfältig genutzte öffentliche Grünfläche entstanden, sondern auch ein Ausgleichsgebiet für Hochwasser – das letzte im Jahr 2011 bewies diesen wichtigen Aspekt anschaulich.

Weiter ging es an der EZB vorbei bis zum Hafenpark, der ein Areal von insgesamt 5.500 Quadratmetern umfasst. Die Skateanlage, eine Einrichtung für Könner und nicht für kleine Kinder unter acht Jahren, das Sportband mit Übungsmöglichkeiten für alle Altersklassen und das Wiesenband zum Ausruhen, Sonnenbaden und Picknicken werden von vielen Besuchern geschätzt – gerade an so einem sonnigen Sonntag.

„Früher konzipierten einzelne Landschaftsgärtner die Parks. Das hat sich geändert: Heute fließen die Wünsche der Bürger in die Gestaltung ein – ein wesentlicher Unterschied“, unterstrich Ingo Bohl. So werden aus Parks zum Staunen und Rasenflächen, deren Betreten verboten ist, Grünflächen zum Spielen, Sport treiben und Ausruhen. Ein bisschen mehr Verantwortung der Nutzer wäre allerdings schön; den Müll, den sie verursachen, sollten sie auch wieder mitnehmen.