Im Fokus der Studie standen drei Fragen: Wie wird Geschlecht in den Interaktionen zwischen Kindern in den ersten drei Lebensjahren, ihren Eltern sowie Pädagogen bedeutsam gemacht? Wie stellen sich Verknüpfungen zu weiteren sozialen Differenzlinien dar, zum Beispiel zu „Class, Race and Body“? Welche Bedeutung haben Mobiliar und Spielzeugausstattung bei den Interaktionen bezogen auf das Geschlecht?
Die Forschung wurde in drei Kinderkrippen im städtischen Raum mit heterogenen Einzugsgebieten im Hinblick auf Bildungsnähe, Einkommensniveau und Migrationserfahrungen der Familien ausgeführt. In ihnen wurden morgendliche Ankommens-, Frühstücks- und Spielsituationen teilnehmend beobachtet, um die Interaktionen aller Beteiligten – Kind(er), Eltern und pädagogische Fachkräfte – zu erfassen. Ebenso wurden Interviews mit Fachkräften und Eltern geführt und ausgewertet. Es liegen 15 Beobachtungsprotokolle und 18 transkribierte Interviews (neun mit Fachkräften und neun mit Eltern) vor. Das Alter der 31 beteiligten Kinder lag zwischen 14 und 36 Monaten.
„Eine Herausforderung bestand darin, dass Kinder in diesem Alter noch relativ am Anfang ihrer Sprachentwicklung stehen. Zur Erfassung ihres Relevanzsystems war es deshalb bedeutsam, den Blick gerade auch auf Körperhaltungen, Bewegungen, Stimme, Kleidung und Körperschmuck zu richten“, sagt Schaich. Um Geschlechterstereotype nicht zu reproduzieren, galt es bei der Auswertung zu beachten, dass Handlungen, Kleidung oder Spielgegenstände zwar geschlechtlich codiert, Geschlechtersymboliken aber dynamisch sind.
Schaich hebt hervor: Auf der Ebene der Kinder wurde deutlich, dass es in ihren Interaktionen mit Erwachsenen oder Gleichaltrigen vier Tendenzen im Hinblick auf die Konstruktion von Geschlecht gab: Sich ähneln beziehungsweise unterscheiden; Reflexion auf Geschlechterinszenierungen der Erwachsenen; Bezug zu Körpermerkmalen; Bezug zu symbolhaften Körperausstattungen und/oder geschlechtersymbolisch besetzten Gegenständen. Auf der Ebene der Fachkraft-Kind-Interaktion zeigten sich Tendenzen der Reproduktion wie auch der Überschreitung von herkömmlichen Geschlechtermustern. Etwa wurden Jungen schwerpunktmäßig für motorische Handlungsautonomie im Zusammenhang mit Mut, Kraft und Stärke gelobt, Mädchen für Selbstständigkeit in alltäglichen Dingen, wie sich selbst an- oder auszuziehen.