Wenn Bildschmuck Stadtgeschichte erzählt: Historische Kommunikation

Silke Wustmann. F.: Stadt/Salome Roessler/p Bild: -

Altstadt (red) – Kaiser, Könige, Liebespaare, Lauscher, Gelehrte und Äffchen: Sie alle haben sich am Rathaus Römer versammelt – und das seit dem 19. Jahrhundert. Sie schmücken nicht nur die Fassade des Gebäudes, sondern erzählen auch ein Stück Stadtgeschichte.

Wer auf dem Römerberg mit dem Rücken zum Justitia-Brunnen steht und auf die Dreigiebelfassade des Rathauses blickt, sieht den reichen Bildschmuck des Bauwerks. Der Blick fällt sofort auf den Balkon, der weit über Frankfurts Grenzen hinaus bekannt ist – er hat so manch siegreiche Fußballmannschaft, einige Präsidenten, Königinnen und Könige getragen. Vier Kaiser wachen seit Ende des 19. Jahrhunderts über dem Balkon: Der Staufer Friedrich I. Barbarossa, der 1152 in Frankfurt zum König gewählt wurde. Daneben der Wittelsbacher Ludwig der Bayer – ihm verdankt Frankfurt die Messeprivilegien ab 1330 und die Stadtbefestigung ab 1333. Der Luxemburger Karl IV. legitimierte Frankfurt mit der Goldenen Bulle 1356 als Wahlort der Kaiser. Der letzte in der Reihe ist der Habsburger Maximilian II. – der erste im Frankfurter Dom 1562 gewählte und gekrönte Kaiser. Aber Könige und Kaiser in allen Ehren – der Bildschmuck des Rathauses bietet über sie hinaus in den kleinen und versteckten Details nicht minder interessante Geschichten: Silke Wustmann ist (Kunst-)Historikerin und Expertin für Stadtgeschichte sowie Geschichte des Rathaus-Bildschmuckes. Dass die Fassade des Rathaus-Komplexes quasi mit dem Betrachter „spricht“, wird bei einem Rundgang mit ihr sehr deutlich. Die vier Kaiserfiguren sind für die Stadtführerin bei Weitem nicht so interessant wie ein Schlussstein über dem rechten Tor unterhalb des Balkons, durch das heute frisch getraute Paare aus dem Trausaal herausschreiten. „Durch dieses Portal gingen früher die zuvor im Dom gekrönten Kaiser zum Festbankett durch“, sagt sie. Die aus dem 15. Jahrhundert stammende Stiege wurde Ende des 19. Jahrhunderts zum Aufstieg ins Standesamt. „Auf dem Schlussstein sitzt – etwas pathetisch – unter einem Baum ein Liebespaar, das sich Ringe ansteckt. Sehr interessant dabei ist der Baum“, führt Wustmann aus. Man könne annehmen, es handle sich um einen Apfelbaum: „Es ist aber ein Granatapfelbaum. Das ist deshalb erstaunlich, weil der Grantapfel im 19. Jahrhundert als eine sehr exotische Frucht galt. Doch in Frankfurt kannte man sie.“

Den Eingang des Ratskellers, der sich im Haus zum Goldenen Schwan befindet, schmückt der Kopf eines Fauns – ein Mischwesen aus der antiken Mythologie. Er wirft dem Betrachter ein verschmitztes, vielleicht sogar beschwipstes Lächeln zu. Über ihm erhebt ein Kellermeister seinen Becher und ein Winzer hält eine Traube in der Hand. Der Goldene Schwan gehört seit dem 15. Jahrhundert zum Komplex. Er grenzt nordwestlich an den Römer.