Dom- und Orgelführung in St. Bartholomäus „Es steht alles voll mit Pfeifen“

Andreas Boltz am Spieltisch der Hauptorgel in St. Bartholomäus. Bild: Faure

Altstadt (jf) – An jedem letzten Freitag im Monat ist die Domführung mit einer Erläuterung der Orgel im größten Sakralbau Frankfurts verbunden. Der Rundgang beginnt in der Vorhalle des Doms. Erste Station ist das Dommuseum links. „Streng genommen ist die Bartholomäus-Kirche kein Dom, denn sie war nie Bischofssitz“, beginnt Matthias Hoch die Führung. Aber seit 1147 gab es Krönungen in der Kirche, zwischen 1562 und 1792 wurden dort zehn Kaiser gekrönt. Der Name Kaiserdom blieb erhalten. Elf verschiedene Architekten bauten am Dom, der berühmteste ist Madern Gerthener, er leitete ab 1409 den Bau des Westturms.

Seit 1803 gehört der Dom der Stadt, ein Dotationsvertrag wurde 1830 unterschrieben. „Die Kirche ist als Zentralbau im 14. Jahrhundert auf Vorgängerbauten errichtet worden. Der Grundriss zeigt ein gleichmäßiges Kreuz nach griechischem Vorbild“, erwähnt Matthias Hoch. 1525 wurde die Bartholomäus-Kirche geteilt: Im Chor hielten die der römischen Kirche Getreuen ihre Gottesdienste ab, der restliche Raum gehörte den Protestanten. 1530 trat Frankfurt offiziell der Reformation bei. 1548 gab die Stadt die Kirche an die Katholiken zurück. 1631, während des Dreißigjährigen Krieges, kam die Kirche erneut zu den Protestanten, 1635 fiel sie wieder an die Katholiken. Diesmal endgültig.

„Auf diesen Kupferstichen sind die Feierlichkeiten zur Krönung Kaiser Karl VII. 1742 zu sehen“, sagt Hoch und zieht Repliken der Stiche aus einer Bildwand im Dommuseum. Übrigens, fügt der Experte hinzu, seien im Dom keine Kaiser bestattet. Man fürchtete das Hochwasser des nahen Mains. Bei Grabungen 1991/92 fand man das Grab eines Mädchens und Überreste einer Einäscherung, die Beigaben sind im Museum in einer Vitrine zu sehen. Schräg gegenüber befindet sich eine Statue des Heiligen Bartholomäus.

Nach dem Dombrand 1867 ging es zügig an den Wiederaufbau, Spenden aus allen Teilen der Bevölkerung und von allen Religionen halfen. Zehn Jahre später wurde das Werk vollendet, der Turm misst 94,8 Meter. Und er erhielt ein neunstimmiges Geläut, das alle Kriege überstand. Der Wiederaufbau gab einer historisierenden Restaurierung den Vorzug gegenüber einer historisch korrekten Konservierung.

Nach 1945 musste ein zweites Mal aufgebaut werden. 1953 war die Rekonstruktion vollendet, seit 1954 erklingt viermal im Jahr das Stadtgeläut auf Basis der Kaiserdom-Glocken. Einzigartig in Deutschland. Einzigartig in Hessen und größte des Bundeslandes ist die Orgel von St. Bartholomäus: Dommusikdirektor Andreas Boltz nimmt die Interessierten mit auf die Orgelempore. Hier ist man nicht nur der Königin der Instrumente, sondern auch den Fenstern, die Hans Leistikow in den 50ern schuf, nahe. Boltz trägt ein Stück aus Bachs Partita „Ach was soll ich Sünder machen“ vor und vermittelt einen Eindruck vom Klang. „Das ist die siebtgrößte Orgelanlage in Deutschland“, bemerkt der Experte und verweist darauf, das es eine Haupt- und eine Chororgel gibt.

1957 wurde das Instrument aus dem Haus Johannes Klais geweiht und ständig erweitert. Es sind 8801 Pfeifen und 116 Register. 2020, während der Pandemie, wurden die Orgeln grundlegend renoviert. „Es steht alles voll mit Pfeifen, nur fünf Prozent davon sind zu sehen“, erklärt der Organist. Die Pfeifen sind von zwei Zentimeter bis zehn Meter lang, aus verschiedenen Hölzern oder unterschiedlichen Metalllegierungen. Boltz: „Es gibt immer etwas Neues zu entdecken.“

Das Orgelspiel ist im Laufe der Jahrhunderte einfacher geworden. Während die Kalkanten, Helfer, die zu Zeiten Bachs die Blasebälge bedienten, unter der körperlichen Arbeit stöhnten, übernimmt das heute ein elektrisches Gebläse. Die Einstellung der Register lässt sich vorprogrammieren. „Fürs Umblättern nutze ich eine App mit Gesichtserkennung. Wenn ich zwinkere, blättere ich die Seiten weiter“, verrät Boltz. Zum Abschluss spielt er ein Stück aus einem Menuett von Alexandre Guilmant.