Kirchen, Katzen, Harlekine im Haus am Dom Hans Leistikow: Ausstellung „Zurück in die Moderne“ eröffnet

Kuratorin Rosemarie Wesp vor einer Zeichnung für Kirchenfenster, dahinter ein großformatiges

Altstadt (jf) – Die Frankfurter Bartholomäuskirche, der Dom also, gehört zu den bekanntesten Gebäuden der Stadt. Er wirkt im Gegensatz zu anderen Sakralbauten hell, lässt viel Licht in den Innenraum. Das liegt vor allem an den Fenstern. Nach dem Zweiten Weltkrieg ragte der Dom aus der Trümmerwüste, er war erheblich beschädigt worden, aber stehen geblieben. Stadt und Kirche waren sich einig über den baldigen Wiederaufbau, 1950 wurde ein Wettbewerb für die insgesamt 780 Quadratmeter umfassende Gesamtverglasung des Kaiserdoms ausgeschrieben. Hans Leistikow gewann mit seinen hellen, klaren, geometrischen und auf der Basis von Industrieglas gestalteten Entwürfen.

Der 1892 im westpreußischen Elbing geborene Leistikow studierte an der Breslauer Kunstakademie, die seit 1903 von Hans Poelzig geleitet wurde. 1925 kamen er und seine Schwester Grete mit Ernst May nach Frankfurt. May wurde Siedlungsdezernent, Leistikow Stadtgrafiker. „Auf den Fahnen der Eintracht-Ultras prangt ein adaptierter Frankfurter Adler nach Leistikows Entwurf“, bemerkt nun Rosemarie Wesp, Kuratorin der Ausstellung „Zurück in die Moderne“.

Seit fünf Jahren hat sie sich mit der Exposition beschäftigt. Zunächst standen nur die Fenster des Doms im Fokus, aber immer mehr aus dem reichhaltigen künstlerischen Werk kam hinzu. Leistikow hatte von 1925 bis 1930 viel für Frankfurt geschaffen. Dann ging die Gruppe um May in die Sowjetunion, auch dort war Leistikow künstlerisch tätig. 1937 wurden die Leistikow-Geschwister ausgewiesen, kehrten nach Deutschland zurück. Nach dem Krieg engagierte sich der vielseitige Künstler für den Wiederaufbau, war von 1947 bis 1948 erneut Stadtgrafiker, erhielt 1948 eine Professur an der Werkakademie in Kassel. Dort lehrte er praxisorientiert und vom Bauhaus inspiriert, bezog seine Studenten in seine Aufträge ein.

So hat Leistikow Spuren in Frankfurt hinterlassen. Ihm oblag die Bauleitung bei der Renovierung der Westend-Synagoge, die 1950 wieder eingeweiht wurde. Die Fotografin Laura Padgett erarbeitete 2020/21 eine Fotoserie unter dem Titel „Regenerating Permanence“ (erneuerte Dauerhaftigkeit) über die Architektur der Synagoge. Einige großformatige Fotos sind im Dommuseum nun als Teil der Ausstellung zu sehen.

Die Exposition beginnt allerdings im Haus am Dom, Domplatz 3. Dort werden in fünf Kapiteln wichtige Lebens- und Schaffensabschnitte von Hans Leistikow anhand von rund 250 Objekten nachgezeichnet. Der Maler, Grafiker, Bühnenbildner, Buchgestalter, Hochschullehrer und Autor hatte ein Faible für Katzen. Er schuf ein fantasievolles und filigranes Modell eines Luftschiffes, entwarf Tapetenmuster, arbeitete an Zeitschriften wie dem legendären Magazin „Das Neue Frankfurt“ mit, gestaltete Plakate. Und immer wieder tauchen Harlekine in seinen Arbeiten auf.

„Gemeinsam mit den Architekten Hermann Mäckler und Alois Giefer sowie dem Schwager Werner Hebebrand, ebenfalls Architekt, war das ein äußerst produktives Team“, äußert Wesp. 1953 entstanden nahe dem Stadtwald drei von Giefer und Mäckler entworfene Häuser. Dort fand auch Leistikow mit seiner Frau Erica ein neues Zuhause. Während die Häuser von Giefer und Mäckler noch erhalten sind, wurde Leistikows Haus abgerissen. Die Domfenster aber werden hoffentlich noch lange zu bewundern sein und werden nicht, wie die der Wahlkapelle Ende der 80er-Jahre, ersetzt. Übrigens signierte Leistikow seine Arbeiten mit HAL. Nun haben diese drei Buchstaben neben dem Namen des Computers in Kubricks „2001 Odyssee im Weltraum“ noch eine ganz andere Bedeutung. Die Ausstellung „Zurück in die Moderne“ läuft bis 15. Januar.