Auf Entdeckungsreise in den Frankfurter Stadtteilen Riederwald: Kleine Siedlung mit viel Grün

Die Heilig-Geist-Kirche mit beeindruckenden Beton-Reliefs.

Frankfurt (sh) – Nennt man einen Frankfurter Stadtteil, hat fast jeder ein bestimmtes Wahrzeichen, etwas für den Stadtteil Typisches oder auch ein Klischee vor Augen. Redakteurin Sabine Hagemann hat die Frankfurter Stadtteile besucht, sie erlaufen, auf sich wirken lassen und sich umgeschaut, was es dort neben den üblichen Sehenswürdigkeiten noch so gibt.

Es geht per Pedale in den Riederwald. Normalerweise sollte man, um in den Stadtteil einzutauchen, vom Erlenbruch kommend durch das Torhaus, das über die von Platanen gesäumte Schäfflestraße gebaut ist, hindurchschreiten. Das markante rote Gebäude ist schließlich Mittelpunkt des Stadtteilwappens. Ich lege allerdings erst einmal nördlich des Torbogens, auf der anderen Seite der Gleise der U-Bahnlinie, los. Denn dort befinden sich das Eintracht Frankfurt Leistungszentrum und das Riederwaldstadion. Den amtlichen Gemarkungsgrenzen folgend, gehören die moderne Sportstätte sowie der VGF-Betriebshof Ost und die Pestalozzischule zwar zu Seckbach, werden aber informell gerne dem Riederwald zugeordnet. Das Sportleistungszentrum ist gigantisch: Mehrere Fußballplätze, ein Hockey-Kunstrasenplatz, Tennisplätze sowie eine Drei-Feld-Sporthalle und Gastronomie gibt es auf dem Trainingsareal.

Den Erlenbruch entlang laufe ich zum Johanna-Tesch-Platz, also zur westlichen Grenze des Stadtteils. Die Straße Am Erlenbruch ist der Albtraum vieler Autofahrer: Dort staut es sich ständig. Entlastung soll der Riederwaldtunnel bringen. Der Tunnel ist zudem ein Teilstück einer geplanten Verbindung der Autobahnen A661 und A66, inklusive oberirdisch verlaufender Fahrbahnen und Autobahndreieck. Die ersten Planungen für den Lückenschluss starteten schon in den 60er-Jahren. Aufgrund von Einwänden musste immer wieder umgeplant werden. Mittlerweile sind die vorbereitenden Bauarbeiten aber unübersehbar im Gang. Kritiker warnen allerdings, dass der Tunnel und der Lückenschluss eher für einen Anstieg an Kraftfahrzeugen anstatt für Entlastung sorgen würden. Lärm, Luftverschmutzung und Verkehrschaos seien dann die Folge.

Für meinen Weg zum Johanna-Tesch-Platz wähle ich den idyllischen Grünstreifen des Erlenbruchs gegenüber der Häuserzeile und den Bahngleisen, der von vielen Spaziergängern und Radfahrern genutzt wird. Am Johanna-Tesch-Platz selbst gibt es eine blühende Insektenwiese und Pflanzkübel, die von einer Urban-Gardening-Gruppe betreut werden. Überhaupt gibt es viel Grün in dem kleinen Stadtteil, der 1910 als Arbeitersiedlung von der Genossenschaft Volks-Bau- und Sparverein Frankfurt (VBS) im sogenannten „Heimatstil“ gebaut wurde. Beim Spaziergang durch die Straßen im westlichen Teil des Riederwalds kann man die Architektur genießen: Walmdächer mit Gauben, Vordächer und eben jede Menge Gärten. Traumhaft. 2006 wurde der westliche Teil des Riederwalds unter Denkmalschutz gestellt.

Über die Raiffeisenstraße gehe ich zur Schäfflestraße. Dort zeigt sich dann der zweite Baustil, der im später gebauten östlichen Teil zu finden ist: Der des Neuen Frankfurts nach Plänen von Ernst May. Die Wohnhäuser, die es dort zu sehen gibt, sind funktional gestaltet.

Ich passiere die evangelische Philippuskirche, deren Glocken in einem rund 20 Meter hohen Stahlgestell aufgehängt sind. In unmittelbarer Nähe befindet sich die katholische Heilig-Geist-Kirche mit ihren beeindruckenden Beton-Reliefs. Langsam nähere ich mich dem eingangs erwähnten Torbogen, doch vorher werfe ich noch einen Blick auf eine Sportstätte der SG Riederwald: Die Walter-Richter-Halle mit Fußballplatz. Ein Stück dahinter befindet sich ein Hochbunker, in dem der Karnevalverein „Narrhalla“ und die Modellbahnfreunde zu Hause sind. Rund um den Bunker feiern zudem die Riederwälder ihren Weihnachtsmarkt. Und noch eine Sehenswürdigkeit nehme ich auf meinem Weg zum Torbogen mit, nämlich den Engelsplatz. Wer diesen betritt, läuft zwischen zwei abgeschrägten Betonplatten hindurch, die mit den Pultdächern der Häuser korrespondieren. Architektur-Fans kommen im Riederwald echt auf ihre Kosten.

Endlich schreite ich durch das Tor, die Schäfflestraße rauf und runter – so gehört sich das. Schließlich biege ich in die Lassallestraße ein. Dort gibt es einen weiteren Bunker, in dem das Klubheim des Dartvereins Riederwald 81 untergebracht ist. Ich biege rechts in die Lahmeyerstraße ein und folge dieser bis zur rund 160 Meter langen Lahmeyerbrücke auf Höhe des Kleingarten Bau Vereins Ostend. Für Fußgänger und Radfahrer ist sie eine praktische Verbindung zwischen Riederwald und der Hanauer Landstraße (etwa auf Höhe der Haltestelle „Dieselstraße“).

Von der Brückenrampe aus folge ich der Iselinstraße und begebe mich in den Wald. Die SG Riederwald trägt auf den dortigen Fußballplätzen gerade ihr Pfingstturnier aus – wenn nicht gerade Pandemiezeiten sind, wird dort auch Wäldchestag gefeiert. Ich spaziere durch das schattige Grün des Waldstücks. Im Licht- und Luftbad (Liluba) spielen die Kinder, während die Eltern die Sonne genießen. Angrenzend an das Liluba ist der Abenteuerspielplatz Riederwald. Kinder können zu den Öffnungszeiten Hütten bauen, Stockbrot am Lagerfeuer backen und regelmäßig werden Feste wie das Indianertanzfest Pow Wow und Halloween gefeiert.

Ich verlasse den Wald über die Kirschenallee und begebe mich auf die Straße Am Riederbruch, um dort einen Blick auf den Metro Großmarkt zu werfen, in dem Gewerbetreibende ihre Großeinkäufe tätigen können. Kurz vor Ende der Straße führt mich ein Weg durch den Wald wieder zum Johanna-Tesch-Platz, wo ich mich aufs Fahrrad schwinge und heimfahre.

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