Sonja Niebergall von den Wildtierfreunden Maintal pflegt drei Feldhasen Langohren werden aufgepäppelt

Mama auf Zeit: Sonja Niebergall, Vorsitzende der Wildtierfreunde Maintal, mit dem kleinen Rammler.

Maintal – „Ich habe wirklich noch nie so einen bösen Hasen gehabt. Ein richtiger Griesgram“, sagt Sonja Niebergall und lacht. Vorsichtig schiebt sie ihre Hand in den Käfig, um den Rammler zu streicheln, schon beißt er zu, kratzt und verkriecht sich dann wieder in seine Ecke.

Seit einiger Zeit kümmert sich die Vorsitzende der Wiltierfreunde Maintal um drei kleine Feldhasen. Als Niebergall den Rammler und die beiden Häsinnen im Tierheim Frankfurt abholt, sind sie in bemitleidenswertem Zustand. „Es hatte geschneit, die Hasen waren total durchnässt, abgemagert und verängstigt.“

Die beiden weiblichen Jungtiere müssen gerade erst das Licht der Welt erblickt haben, der Rammler ist erst eine, maximal zwei Wochen alt. Wo die Hasen gefunden wurden, ist nicht klar. Leider komme es immer wieder vor, dass Spaziergänger junge Feldhasen mitnehmen, wenn diese scheinbar allein und verlassen am Feldrand sitzen, berichtet Niebergall. Doch in der Regel sei das kein Grund zur Sorge: „Hasen werden mit Fell und offenen Augen geboren und schon kurz danach von ihrer Mutter verlassen“, erklärt Niebergall. Die Häsinnen besuchen und säugen ihren Nachwuchs regelmäßig, aber immer nur kurz und wenige Male am Tag. So vermeiden sie, dass Beutegreifer auf die Jungtiere aufmerksam werden. Die Jungen warten in der sogenannten Sasse, einer flachen Mulde zwischen Ackerfurchen, drücken sich tief auf den Grund und sind so dank ihrer Fellfarbe für Feinde nahezu unsichtbar.

Die Rolle der Hasen-Mutter hat jetzt Sonja Niebergall übernommen. Weil die Langohren eine Rundum-Betreuung brauchen, nimmt sie die Tiere mit zu sich nach Hause. Damit sie zu Kräften kommen, bekommen die Jungtiere Aufzuchtsmilch aus dem Fläschchen, anfangs auch nachts. Zu fressen gibt es getrocknete Kräuter wie Löwenzahn oder Spitzwegerich. „Hasen sind kleine Feinschmecker“, weiß die 62-Jährige. Mittlerweile gibt es nur noch morgens, mittags und abends ein Fläschchen, um 22 Uhr ist Schlafenszeit. Es sei am Ende wie mit echten Babys. Tagsüber nimmt Sonja Niebergall die Hasen in ihren Transportboxen mit auf ihre Arbeitsstelle.

Namen haben die Hasen ganz bewusst nicht. Das mache sie grundsätzlich nicht, sagt Sonja Niebergall. „Ich will sie nicht zu sehr vermenschlichen. Es sind Wildtiere. Deshalb sollen sie auch wieder in die Natur zurück.“ Die Hasen-Kinder sollen ausgewildert werden, wenn sie etwa zwölf Wochen alt sind. Aber noch sind die Häsinnen und der Rammler nicht über den Berg. „Oft haben die Tiere Bakterien oder Parasiten“, sagt sie. Dann könne sich der Zustand schnell wieder verschlechtern.

Bevor sie zurück in die Freiheit hoppeln dürfen, werden die Langohren noch gegen die Chinaseuche geimpft. Vor den anderen Bedrohungen kann Sonja Niebergall ihre Pflegekinder nicht beschützen. Durch die Intensivierung in der Landwirtschaft verliert der Feldhase immer weiter an Lebensraum. Äcker werden vollständig abgeerntet, Ackerrandstreifen oder brachliegende Flächen, auf denen der Feldhase Nahrung und Deckung findet, gibt es kaum noch. Feinde wie Greifvögel, Füchse oder Marder haben leichtes Spiel. Die Rote Liste gefährdeter Arten stuft den Feldhasen mittlerweile bundesweit als „gefährdet“ ein. Die Maintaler Häschen bekommen vor der Auswilderung noch Ohrmarken verpasst. So lässt sich mit ein bisschen Glück ihr Werdegang verfolgen. „Natürlich hofft man bei allen Schützlingen, dass sie alt werden“, sagt Sonja Niebergall, die mit ihrem Team jedes Jahr bis zu 2000 Tiere aufpäppelt.
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