Auheimer Brücke: Hoffnung auf Wiederöffnung nach Prüfung Nicht einsturzgefährdet

Um einen Neubau der Auheimer Brücke wird man wohl nicht umhinkommen. Doch zunächst muss die Obere Denkmalschutzbehörde dafür ihre Zustimmung geben. Bild: Patrick Scheiber

Großauheim/Klein-Auheim – „Es besteht nicht die Gefahr, dass die Brücke einstürzt.“ Markus Henrich, HIS-Betriebsleiter, klärt beim Ortstermin an der Auheimer Brücke die Frage, die sich nach der plötzlichen Sperrung der Mainquerung in der vergangenen Woche viele Hanauer gestellt haben. Sicherheit, sagt er, habe hier nun einmal oberste Priorität. Und deshalb muss sich das denkmalgeschützte Bauwerk zunächst weiteren genaueren Untersuchungen unterziehen, ein zweites Gutachten ist in Auftrag gegeben.

Danach, so die vage Hoffnung der Stadt, könnte das 243 Meter lange Bauwerk möglicherweise wieder geöffnet werden. Doch die Untersuchungen sind langwierig. Denn um die gesamte Brücke zu begutachten, muss auch vom Wasser aus gearbeitet werden. Dafür bedarf es Genehmigungen. Um mit einem Ponton aufs Wasser zu fahren, muss der Abschnitt auf dem Main, der ja Bundeswasserstraße ist, gesperrt werden.

„Wir rechnen mit ungefähr vier Monaten, bis uns ein Bericht vorliegt. Der Prüfer muss handnah an die Brücke dran, um den neuen, durch die Korrosion an den Stahlträgern verursachten Querschnitt messen zu können. Daraus kann dann die aktuelle Tragfähigkeit berechnet werden. Ein sehr aufwendiges Verfahren“, so Henrich. In der Fachsprache nennt sich das „objektbezogene Schadensanalyse“, die eine Aussage darüber macht, wie angegriffen die Beton- und Stahlteile genau sind, wie tragfähig die Brücke noch ist und ob diese – so der Idealfall – wieder freigegeben werden kann.

Augenscheinlich liegt – vor allem unter der Brücke – einiges im Argen. Das fällt selbst dem Laien auf. Deutlich sind herausgebrochene Stücke in der Stahlbetondecke zu sehen. Damit diese nicht auf Fußgänger oder Radfahrer, die den Weg unter der Brücke passieren, fallen, wurden schon vor Jahren Fangnetze angebracht. Doch der Verfall der Brücke hat sich mittlerweile sichtbar auf die Stahlkonstruktion ausgeweitet.

Jörg Herchenröder, Abteilungsleiter Bauausführung beim städtischen Eigenbetrieb Hanau Infrastruktur Service, erklärt: „Die Brückenplatte ist aus Stahlbeton, das Traggerüst aus Stahl. Ursprünglich hatten wir die größten Schäden an der Platte, haben deshalb 2016 Netze gehängt, die verhindern, dass etwaig abbröckelnde Betonteile Schaden anrichten. Regelmäßig wird alles, was lose ist, abgeklopft. Jetzt haben wir aber auch Schäden am Stahlgerüst festgestellt, ausgelöst durch Korrosion. Die Brücke hat nicht mehr die Tragfähigkeit, die sie hatte. Das war der Grund, die Brücke sofort zu sperren.“

„Das ist eine unpopuläre Entscheidung, das ist klar. Aber es geht hier in erster Linie um Sicherheit“, betont auch die zuständige Dezernentin Isabelle Hemsley (CDU), unter deren Zuständigkeitsbereich die Hanauer Brücken fallen. Bereits 2016 habe festgestanden, dass die Brücke, die in den Jahren 1880 bis 1882 gebaut wurde und bei der die Nieten damals noch von Hand erhitzt und zusammengefügt wurden, „stark sanierungsbedürftig“ ist. „Schon damals haben wir einen Neubau ins Auge gefasst.“

Allerdings hat in Sachen der denkmalgeschützten Auheimer Brücke die Obere Denkmalschutzbehörde das letzte Wort. Und diese, so sagt die Stadt, habe 2019 festgelegt, dass die Brücke saniert werden muss und es keinen Neubau geben soll. Markus Henrich erinnert sich: „Die Begründung war, dass die Brücke als Einzelkulturdenkmal unbedingt erhaltenswert ist.“

Doch warum hat die Stadt damals nicht mit der Sanierung begonnen? „Eine Sanierungsmaßnahme durchzuführen, die neben immensen Kosten einen ebensolchen administrativen Aufwand für Genehmigungen, Sperrungen mit sich bringt wie ein Neubau, aber im Ergebnis eine Brücke hervorbringt, die nach wenigen Jahren vielleicht sogar gesperrt werden muss, da nicht alle tragenden Teile saniert werden können, wurde abgelehnt“, heißt es auf Nachfrage dieser Zeitung von Hanau Infrastruktur Service.

Fakt ist, dass nun akuter Handlungsbedarf besteht. Hemsley: „Wir gehen in Kommunikation mit Bahn, Wasserschifffahrtsamt und Oberer Denkmalschutzbehörde, hier ist das erste Gespräch für August terminiert. Wir müssen Gelder in die Haushaltsplanung 2024/25 einstellen.“ Die nach wie vor präferierte Lösung der Stadt ist ein Neubau. „Dafür werden wir uns notfalls auch über Ministeriumsebene einsetzen“, macht die Dezernentin deutlich.

Und wie sieht es mit alternativen Querungsmöglichkeiten wie einer Fähre aus? Diese wäre beim Wasserschifffahrtsamt zu beantragen. Notwendige bauliche Maßnahmen zum Betrieb wären zu planen, beantragen, genehmigen zu lassen und auszuführen. Ein Betreiber wäre zu suchen. Geschätzte Dauer: bis zu zehn Jahre. Daher sei dies keine Alternative, heißt es.

Auch eine Behelfsbrücke stellt laut Stadt keine wirkliche Alternative dar. Planung, Ausschreibung und Bau würden mindestens drei Jahre (ohne Genehmigungsverfahren) in Anspruch nehmen. Die Kosten lägen bei mindestens 12 bis 15 Millionen Euro. „Ein Neubau würde das Gleiche kosten“, macht Henrich deutlich.

Wenn die Denkmalschutzbehörde ihr Okay für einen Neubau – bei einer neuen Brücke würde man sich wieder für eine Stahlfachwerkbrücke entscheiden, aus verzinktem Stahl, weil dieser korrosionsbeständiger ist – gibt, würde die neue Brücke in fünf bis sieben Jahren stehen, so die Prognose der Stadt. Doch die Kommunikation mit der Behörde sei bislang zäh verlaufen. Einmal habe man ganze neun Monate auf Antwort warten müssen.

Doch was passiert, wenn das zweite Gutachten eine Wiederöffnung der Brücke nicht zulässt? Jörg Herchenröder bringt dafür die Möglichkeit ins Spiel, eine bis dato außer Betrieb befindliche Behelfsbrücke neben der parallel zur gesperrten Fuß- und Radweg-Brücke befindlichen Bahnbrücke zu ertüchtigen. Diese wird derzeit nicht genutzt, ist nicht zugänglich und es gibt auch keine Absturzsicherung. Eine etwaige Ertüchtigung müsse zunächst mit der Bahn besprochen werden.

Von Kerstin Biehl