Marc Ermisch hat den Beruf gewechselt Vom Schauspieler zum Buchautor

Bis 2015 begegnete Marc Ermisch dem Publikum bei den Brüder-Grimm-Festspielen in unterschiedlichen Rollen und inszenierte danach Stücke im Comoedienhaus. Jetzt hat er sein erstes Buch geschrieben. Bild: jutta degen-peters

Hanau/Frankfurt – Fast 15 Jahre lang – von 2001 bis 2015 – gehörte er bei den Brüder-Grimm-Festspielen zu den festen Größen, spielte den Heinrich im „Gestiefelten Kater“ (2001), den Jäger in „Rapunzel“ oder den Magier in „König Drosselbart“. Er gründete 2004 seine eigene Theater-Company, schrieb Bühnenskripts und führte Regie. Doch inzwischen hat sich Marc Ermisch von der Bühne ab- und dem Schreibtisch zugewandt: Er schreibt. Gerade hat er sein Buch „Die Seele im linken Nasenloch“ herausgebracht, das Kurzgeschichten und Erzählungen beinhaltet. Am nächsten Buch, diesmal wird es ein Roman werden, arbeitet er bereits.

„Seit der Pandemie“, so erklärt er im Gespräch, „trete ich nicht mehr selber auf. Der Drang war plötzlich einfach weg“. Das ist fürs Theaterpublikum schade, das Ermisch wegen seiner Spielfreude und seines Witzes geschätzt hat. Doch das Schreiben seines Buches hat ihm so großen Spaß gemacht und er hat, wie er sagt, so viel durch diese Tätigkeit gelernt, dass er das Schreiben weiter verfolgen will.

Im Buch geht es um Begegnungen, um die Verbundenheit zwischen Menschen, um Wahrnehmung und genaues Hinschauen. Da sind der alte Mann im Pflegeheim, in dessen Wahrnehmung die aktuellen Lebensumstände und die Erinnerungen an die Vergangenheit ineinanderfließen, oder der Typ, zu dem urplötzlich das Wasser spricht. Ermisch fragt darin, was wäre, wenn wir alle miteinander verbunden wären oder wenn wir plötzlich die Verantwortung für das Schicksal der Menschheit übernehmen könnten.

Das, was der 47-Jährige in seinem Buch thematisiert, fließt aus ihm heraus. Ursprünglich sei das Ganze gar nicht als Buch gedacht gewesen. Er habe einfach das Gefühl gehabt, das aufzuschreiben, was ihn umtrieb. „Doch nach der vierten oder fünften Geschichte fand ich es zu schade, das Ganze nur als Seelenübung zu machen.“ Und so wurde ein Buch daraus. Ermisch hat sich auch nicht von der Aussage eines Verlegers abschrecken lassen, der auf seine Frage mit den Worten: „Um Himmels willen, Kurzgeschichten und Erzählungen – das will doch keiner lesen“, reagierte. Ermisch hofft, dass die Leserschaft das anders sieht, und hat bei ersten Lesungen sehr positive Erfahrungen gemacht.

Überhaupt verbindet er mit Hanau viel Gutes. Hier hat er seine Frau Natalie Raggi bei den Festspielen kennengelernt und sie hier geheiratet. Seine beiden Kinder sind in Hanau geboren. Hier hat er seine Schauspiel-Company Eratheco gegründet, mit der er heute 20-jähriges Jubiläum feiert. Er habe sich immer wieder im Comoedienhaus ausprobieren und fantastische Inszenierungen machen können. Unter anderem hat er dort seinen „König Horst“ auf die Bühne gebracht, ein Stück über einen schwulen König, für die damalige Zeit für Hanau fast schon revolutionär. Leicht verschreckt habe er das Hanauer Publikum später dann aber offenbar mit seiner experimentellen Version von „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“. „Es war eine schöne Zeit, und ich habe mich in diese Stadt verliebt“, sagt er mit leiser Wehmut.

Die Festspiele sind ihm ebenfalls in guter Erinnerung geblieben, wenngleich er findet, dass die Leistungen der Schauspieler der damaligen Zeit heute nicht wirklich gerecht beurteilt würden. Immer wieder sei vom Leuchtturm die Rede, zu dem sich die Festspiele entwickelt hätten. „Dabei wird vergessen, wie sehr wir Schauspieler in den frühen Jahren manche Aufführung durch Eigeninitiative und Kreativität bereichert und Schwächen kompensiert haben.“ Aber die Gemeinschaft unter den Schauspielern sei etwas Einmaliges gewesen.

Seit Marc Ermisch aus Hanau weg ist, war er unter anderem künstlerischer Leiter des Kulturkellers Höchst, hat am Frankfurter Theater „Die Schmiere“ inszeniert und in der Zeit der Pandemie für den Hessischen Rundfunk die sechs Drehbücher zur Miniserie „Kontaktlos“ geschrieben (die man in der ARD-Mediathek finden kann), bei der unter anderem Detlev Nyga mitwirkte.

Dreimal in der Woche gibt er Gedächtnistraining für Senioren in einem Frankfurter Altersheim, eine Aufgabe, die ihm großes Vergnügen bereitet. Er schrieb Stücke für das Theater Lampenfieber in Berkersheim und machte Business-Theater. Dass er bei Letzterem einmal eine Kontaktlinse spielte, unter anderem gemeinsam mit Nadine Buchet im Theater des Westens, zeigt seinen Sinn für Humor.

Marc Ermisch: Die Seele im linken Nasenloch, 154 Seiten, ISBN 9798871744574, 12,84 Euro.
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