Die Baumaschinen können loslegen

Innenstadt: Projekt ist freigegeben

(Bruchköbel/jgd) – Es ist geschehen: Am Dienstagabend haben die Stadtverordneten dem Baubeginn für die „Neue Mitte“ zugestimmt. CDU, SPD und B90/Grüne votierten dafür, BBB und FDP wie erwartet dagegen. Bei der SPD enthielt sich eine Stadtverordnete der Stimme. Eine runde 2/3-Mehrheit stimmte also für den Start des Bauvorhabens.

Bürgermeister Maibach hatte dieses Votum noch einmal vom Parlament verlangt - wenngleich manche sagen: rein formal besehen, wäre es gar nicht mehr nötig gewesen. Denn mit der Zustimmung zur Durchführung des „Wettbewerblichen Dialogs“ hätten die Abgeordneten schon vor einem Jahr grünes Licht gegeben, den besten Anbieter auszusuchen und den Auftrag zu vergeben.

Der Abstimmung waren eine europaweite Ausschreibung und ein gesetzlich geregelter „Wettbewerblicher Dialog“ mit mehreren Bietern vorausgegangen. Der auf den Bau von Marktzentren spezialisierte Konzern Schoofs erwies sich nach Ansicht der Verhandler als bester Bieter. Auf dem bereits geräumten Gelände im Stadtzentrum soll nun das viel diskutierte „Stadthaus“ mit seinem großen Freien Platz und der lange umstrittenen Tiefgarage entstehen. Anschließend folgt der Neubau eines neuen, großen „Rewe“-Marktes. Und in einem späteren Schritt wird dann auch das Bürgerhaus abgerissen. Es soll einem großen Geschäftszentrum weichen, ebenfalls mit einer Tiefgarage versehen. Auch für dieses Projekt gebe es bereits drei Anbieter - die Entscheidung darüber soll nach dem Sommer fallen.

Historischer Abend

Rund 100 Zuschauer hatten sich im Bürgerhaus eingefunden. Ein wenig streifte der Mantel der Geschichte den Saal. Viele ältere Zuschauer mochten sich noch einmal an die Zeit Anfang der 70er erinnert haben, als das damalige Stadtzentrum errichtet wurde, damals ebenfalls als Zeichen eines modernen Aufbruchs, und ebenfalls begleitet von aufgeregten Diskussionen. - Bürgermeister Maibach erläuterte zunächst den Antrag: Man werde rund 45 Jahre alte Gebäude durch einen einzigen neuen Bau ersetzen. Die Kosten von voraussichtlich 26,8 Millionen Euro für das multifunktionale „Stadthaus“, plus 5,7 Millionen für weitere Planung und Straßenbau könne die Stadt ohne weitere Einschnitte stemmen, so Maibach. Neben Krediten sollen auch Gelder aus früheren Grundstücksverkäufen herangezogen werden.

Für die Opposition zog dagegen BBB-Sprecher Alexander Rabold nochmals alle Register. Er forderte eine weitere Beratung im Ausschuss, geiselte die hohen Kosten und die Folgekosten für die Tiefgarage. In diese Kerbe schlug auch FDP-Sprecherin Sylvia Braun. Man stehe zwar dazu, dass in der Innenstadt „etwas geschehen“ müsse, aber nicht zu den jetzt bekannten Kosten. In die Führung der Verwaltung habe man kein Vertrauen, so die FDP-Frau, über die sich hartnäckig das Gerücht hält, dass sie für das Bürgermeisteramt kandidieren will.

SPD-Sprecher Ließmann positionierte sich dagegen als klarer Befürworter: Auf dem Weg zur Entscheidung seien inzwischen 23 Einzelbeschlüsse gefasst worden. Gerade seine SPD habe hart mit sich gerungen, sei eine der letzten Fraktionen gewesen, die sich für den Neubau ausgesprochen habe. Heute stehe man dazu. Alles nochmals von vorne zu planen, würde heissen, dass bisher ausgegebene Planungsgelder verloren seien, so Ließmann. Und sein Koalitionskollege Thomas Sliwka (CDU) verwies auf eingehende Prüfungen zur Finanzierung und Wirtschaftlichkeit, die man vorgenommen habe. Von den zuletzt bekannt gewordenen Irritationen um Sliwkas Haltung zum Neubau war an diesem Abend nichts mehr zu spüren.

Der Blick zurück, der Blick nach vorn

Mit Uwe Ringel (B90/Grüne) trat dann der wohl eigentliche „Vater“ des Projektes vor die Versammlung. In der ihm eigenen ruhigen Art erinnerte er noch einmal daran, dass dem heutigen Projekt schon im Jahr 2010 ein erster Versuch vorausgegangen war, die „Mitte“ über einen Investorenwettbewerb zu realisieren. Damals stand Ringel im Amt des Ersten Stadtrates. Das damalige Projekt wäre die Stadt, so Ringel, billiger gekommen, weil Planungs- und Baukosten beim Investoren verblieben wären – die Stadt hätte sich ihre Räume nach diesem Modell nach Bedarf angemietet. Dem habe aber das Parlament damals widersprochen, wollte stattdessen Planung und Finanzierung auf eigene Faust angehen. So sei es nun auch gekommen. Nochmals von vorne mit dem Planen anzufangen, sei nun keine Option mehr. Das jetzt geplante „Stadthaus“ werde hochmodern ausgelegt: Der Energiebedarf werde um 20% geringer sein als vorgeschrieben. Lediglich eine kleine Gastherme für besonders kalte Tage, sowie eine Wärmepumpe werden benötigt. Die Stadtverordneten träfen eine solch große Entscheidung wohl nur einmal in ihrem Leben, schloss Ringel. Ein „Stadthaus“ baue man nur einmal alle 50 Jahre.

Auch Thomas Sliwka (CDU) hatte zuvor darauf verwiesen, dass Bruchköbel sich mit seinem Stadthaus ein „Alleinstellungsmerkmal“ leiste. Den eventuell aufkommenden Neid anderer Kommunen habe man sich dann buchstäblich verdient. CDU, SPD, B90/Grüne hoben schließlich für das Projekt die Hand. Aber die beim Innenstadtbeschluss im Jahr 2014 noch gegebene Einigkeit des Parlamentes war auf dem langen Weg verloren gegangen – sichtbares Zeichen der erbitterten Diskussionen um die Kosten, die ab 2016 eingesetzt hatten. BBB und FDP verblieben letztlich unversöhnlich. Die Chance, wenigstens per Stimmenthaltung zu signalisieren, dass man trotz aller Differenzen zum ursprünglich gemeinsam verabredeten Ziel steht, Bruchköbel ein modernes Antlitz zu verleihen, wollte oder konnte man an diesem Abend nicht mehr wahrnehmen. Als aber das Parlament seine Entscheidung getroffen hatte, brandete im Saal erleichterter Beifall auf.