Eine neues Modell muss her

Luftbild Baugebite Peller. Foto: Stadtmarketing Bruchköbel

(Bruchköbel/jgd) – Nach Diskussionen um die Vergabe von Bauplätzen im neuen „Peller“-Baugebiet soll die Richtlinie, nach der Bürger zu einem verbilligten städtischen Grundstück kommen können, neu aufgestellt werden. Zuvor wollen die Parlamentarier im Ausschuss über die Kriterien beraten.

Die Vergabepraxis nach dem Punktesystem mit Namen „Bruchköbeler Modell“ war zuletzt wegen der hohen Zahl von Bewerbern ins Gerede gekommen. Das „Modell“ ist über 25 Jahre alt, und eine Überarbeitung steht insoweit an. Dass dies nötig ist, hatte Bürgermeister Maibach bereits selbst vor dem Parlament mitgeteilt.

Zur letzten Stadtverordnetensitzung hatte die FDP dazu einen Antrag eingebracht. Innerhalb des nächsten halben Jahres sollten demnach neue Richtlinien zur Vergabe von städtischen Bauplätzen entwickelt werden. Die Stadtverordnetenversammlung werde dann darüber entscheiden. „Insbesondere soll auch eine Priorisierung von Familien mit Kindern und in Bruchköbel bereits wohnhaften Bürgerinnen und Bürgern geregelt werden“, heisst es in dem Antrag darüber hinaus.

Obwohl dieses Ansinnen im Grunde unter den Bruchköbeler Parteien nicht strittig ist, entzündete sich daran eine heftige Diskussion, wieder einmal reichlich garniert mit Vorwürfen über Vergangenes. FDP-Sprecherin Sylvia Braun hatte zu ihrem eigentlich trocken formulierten Antrag, dessen Verabschiedung jedenfalls einen Erfolg für ihre kleine Partei bedeutet hätte, verbal „nachgelegt“. „Wie ist die Baulandvergabe der letzten Jahre erfolgt?“, versuchte sie frühere Bauland-Zuteilungen in Zweifel zu ziehen. Auch habe es schon 2010 ein rechtliches Gutachten gegeben, das die Stadt in Auftrag gegeben hatte. Uwe Ringel, Sprecher der Grünen-Fraktion, hieb ebenfalls in diese Kerbe: 2010 sei eine Vorlage der Verwaltung in den Ausschuss zur weiteren Beratung verwiesen worden. Das Rechtsgutachten habe dann im Oktober 2010 vorgelegen. 2015 sei der Vorgang im Ausschuss erneut aufgerufen worden – ein SPD-Antrag hatte diesmal das Thema wieder auf den Tisch gebracht. Eine nochmalige Verweisung in den Ausschuss sei daher nicht sinnvoll – sollte heißen: man könne jetzt der Verwaltung den Arbeitsauftrag erteilen, eine neue Richtlinie vorzulegen.

Bürgermeister Maibach wies die in den Beiträgen mitklingenden Vorwürfe, seine Verwaltung habe die Arbeiten an der Thematik verzögert, zurück. Er griff den Grünen-Sprecher Uwe Ringel an:  Im Zeitraum bis 2012 sei Ringel selbst Erster Stadtrat im Rathaus gewesen, mit direkter Zuständigkeit für das Bauwesen und Grundstücksfragen. Ringels Kritik treffe daher zu einem Großteil dessen eigene Arbeit im Amte. Ringel schaltete daraufhin vorsichtig einen Gang herunter: Die Diskussion zeige, „dass die Sache nicht einfach ist“. Damals seien „Bremsklötze unterwegs gewesen“, stellte er fest.

Anders wiederum argumentierte BBB-Sprecher Rabold, der betonte, dass das Bruchköbler Modell bis zuletzt funktioniert habe. Er wolle allerdings „die Liste der Bewerber“ sehen, und plädierte für eine Verweisung des FDP-Antrages in den Bauausschuss. CDU und SPD als Regierungskoalition stimmten ebenfalls für eine weitere Beratung im Ausschuss. Thomas Sliwka (CDU) begründete das mit der Ausdrucksweise in der Begründung des FDP-Antrages, welche die Arbeit der Verwaltung diskreditiere. Sliwka will vom Ausschuss ein „Leistungsverzeichnis“ erstellen lassen, als Basis für eine neue Richtlinie.  Zu erwarten ist somit am Ende eine neue Vorlage aus der Verwaltung Maibachs, ein „Bruchköbeler Modell 2.0“. Maibachs Verwaltung dürfte sich vermutlich über den Städte- und Gemeindebund mit Sachverstand versorgen, möglicherweise ist von dort sogar schon die Blaupause eines Vergabemodells zu bekommen. Denn im Frühjahr 2017 hatte das Bundesbauministerium eine Empfehlung an die Kommunen herausgebracht, die Modelle zu überarbeiten. Das Bundesland Bayern soll daraufhin seinen Kommunen inzwischen einen solchen Blaupausentext vorgestellt haben (der BK berichtete).

 

Beißreflexe

Kommentar von Jürgen Dick

Das seit Jahren von Bruchköbeler Parteien vorgeführte Ritual, bei nahezu jeder Frage, die politisch zu entscheiden ist, erst einmal auf den Bürgermeister und seine angeblich untätige Verwaltung einzudreschen - es wird so langsam schal. Wie oft schon wurde aus Richtung der Parteien betont, dass man nichts habe beschließen können, weil Vorlagen und Anträge „im Ausschuss begraben“ lägen. Weil dort nicht weitergearbeitet werde. Jedoch gilt: Anträge sind nicht aus dem Parlament verschwunden, bloß weil sie im Ausschuss ruhen. Auch die Ausschüsse des Parlamentes sind ja Veranstaltungen des Parlamentes, und nicht etwa des Bürgermeisters. In den Ausschüssen sitzen, Überraschung, stets einige der gleichen Parlamentarier, die sich im Parlament darüber beschweren, dass in den Ausschüssen nichts vorangehe.

Solche politische Verdrängung der Verantwortung zeigte sich jetzt an der Diskussion um das „Modell“: Nach wochenlangen Berichten der Presse darüber, nicht zuletzt des BK, entdeckten mehrere Parteienvertreter nun überraschend, dass dieses Thema in den Ausschüssen ihres eigenen Parlamentes seit fast 10 Jahren von ihnen selbst hin und her verhandelt wird. Dass die Verwaltung bereits ein Rechtsgutachten darüber verfassen ließ. Jedoch: Einen klaren, terminierten Arbeitsauftrag an die Verwaltung, wie ihn der aktuelle FDP-Antrag jetzt formulierte, hat das zuständige Parlament in dieser Zeit nun mal nicht zuwege gebracht. Umso mehr war es schade, dass FDP-Sprecherin Sylvia Braun ihren pragmatischen Antrag, der genau diesen Auftrag eindeutig formulierte, im Begründungstext und im Vortrag wieder mal mit Spitzen gegen die Verwaltung „würzte“, die man als Unterstellungen werten durfte. Das war politisch unklug. Denn ein Parlament, das bei Trost ist, kann keinen Antrag beschließen, in dessen schriftlicher Begründung frühere städtische Grundstücksverkäufe auch nur irgend in Zweifel gezogen werden. Dass auch der neue FDP-Antrag folglich erst mal wieder in den Ausschuss weitergereicht wird, war also zu erwarten. Merke: Manchmal ist es politisch falsch, wenn man ein sauberes politisches Anliegen mit unnötigen Beißreflexen selbst entwertet. Man erzielt dann zwar kurzfristige politische Wirkung und Aufregung. Aber das geschieht um den Preis der Vernichtung des möglichen politischen Erfolgs. Der, im Namen der Sachlichkeit, der kleinen FDP ja durchaus zu gönnen gewesen wäre.