Beim Deutschen Roten Kreuz gibt es immer weniger ehrenamtliche Kräfte Die Hausener Retter benötigen Hilfe

Nachwuchshelfer trainieren für den Ernstfall: Auch wer sich zunächst beim Jugend-Rotkreuz engagiert, ist versiert in Erster-Hilfe. Bild: drk

Obertshausen – Über die ehrenamtliche Arbeit beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) muss man Jürgen Aulbach nicht viel erzählen. Der 66-jährige Inhaber einer kleinen Druckerei ist vor 48 Jahren in den Ortsverein Mühlheim eingetreten, seit gut 12 Jahren gehört er dem Vorstand des DRK Hausen an. So heißt offiziell der Ortsverein für die gesamte Stadt Obertshausen.

In seiner besten Zeit hatten die Hausener Rotkreuzler 35 Mitglieder, also auch ehrenamtliche Helfer. Dann kam die Coronapandemie, und seitdem ist nichts mehr wie vorher. Treffen und Aktivitäten waren damals nicht möglich, das Vereinsleben starb aus. Nach dem Wiederaufbau der Nachwuchsgruppe (der man bis zu einem Alter von 30 Jahren angehören kann) sind jetzt immerhin wieder zehn junge Leute dabei und helfen etwa bei Blutspendeterminen oder sozialen Angeboten des Hausener DRK, wie Basteln oder Ausflüge. Die Abteilung der Erwachsenen umfasst 16 Mitglieder. Auch dort sind in der Pandemie einige abgewandert.

Mitgliederschwund beim DRK ist kein lokales Problem. „Das betrifft alle Ortsvereine“, sagt Gisela Prellwitz, Sprecherin des hessischen Landesverbandes, zu dem 416 Ortsvereine gehören. Stand Dezember 2022 (ein jüngeres Datum gibt es nicht) hatte das DRK Hessen 17 467 ehren- und hauptamtliche 9390 Mitglieder. „Die Zahlen werden nicht gestiegen sein. Seit gut zehn Jahren hält dieser Trend an, die Coronazeit hat ihn beschleunigt. Aber das gilt für alle Hilfsdienste.“

Viele Menschen wollen nicht mehr Zeit in die mitunter anspruchsvolle Weiterbildung investieren, die nach der DRK-Standardausbildung (Einführungsseminar und Erste-Hilfe-Kurs) notwendig ist, um etwa eine Trinkwasseraufbereitungsanlage zu betreuen. So etwas wurde nach der Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal eingesetzt. Auch Berg- und Wasserwacht sowie Sanitätsdienst verlangen qualifizierte Helfer. „Wir wollen daher auch niedrigschwellige Angebote machen, um viele Menschen für eine ehrenamtliche Mitarbeit bei uns zu begeistern“, sagt Prellwitz. Es gibt ja auch Tätigkeiten wie Einkaufsbegleitung für Senioren oder Mitarbeiten in Kleiderkammern. „Jeder ist gleich wichtig“, betont Prellwitz.

Trinkwasser bereitet das DRK Hausen nicht auf, aber die Leute dort üben Sanitätsdienst aus, Aulbach war etwa jahrelang aktiv als Einsatzleiter bei Spielen der Offenbacher Kickers oder Konzerten in der Stadthalle Offenbach. Heute sind seine Kollegen präsent auf dem Wein- und Europafest Obertshausen, die beide im Stadtteil Hausen stattfinden.

Weiter betreut der Ortsverein das Kreisauskunftsbüro Hausen, das zum Suchdienst des DRK gehört. In der Geschäftsstelle in der Friedenstraße 26 ist auch der Hausnotrufdienst beheimatet sowie das Sozialkaufhaus mit Kleiderkammer und Lebensmittelausgabe „Lädchen“, wo das DRK Hausen einer der fünf Kooperationspartner ist. „Das ist eine Perle“, lobt Landessprecherin Prellwitz .

Und für so ein üppiges Sozialprogramm benötigen die Hausener Rotkreuzler mehr Leute. Gerne genommen wird etwa ein Automechaniker, der den kleinen Fuhrpark des Hausener DRK warten kann. Der besteht aus einem Rettungswagen (für Katastrophenschutz), Krankentransportwagen und einem Kleinbus. Aulbach weiß, dass es dem DRK geht wie der Freiwilligen Feuerwehr. Immer mehr Menschen arbeiten auswärts, bei einem überraschenden Einsatz bräuchten sie viel Zeit, um zum Einsatzort zu kommen. Also machen sie erst gar nicht mehr mit. Und dann ist ja noch die generelle Müdigkeit, sich in Vereinen aller Art zu engagieren. Die Angebote werden nachgefragt – als Dienstleistung. „Aber ohne Helfer gibt es keine Angebote mehr“, warnt Aulbach. Sein Ortsverein soll wenigstens bis auf 25 Mitglieder anwachsen, Für den Hausnotruf werden etwa noch Fahrer auf 520-Euro-Basis gesucht. Die Helfer brauchen neue Helfer.

Von Steffen Gerth