Jost Wiebelhaus ist preisgekrönter Einzelhändler Der Kundenversteher

Händler mit Leidenschaft: Der Obertshausener Jost Wiebelhaus (rechts) in seinem „Frankfurter Laufshop“. Neben ihm Ehefrau Daniela und Frank Schuffelen (Vorstandsvorsitzender der Einkaufsgenossenschaft ANWR). Bild: p

Obertshausen – Dieser Termin im April 2020 war einer der besonderen Momente im Leben des Einzelhändlers Jost Wiebelhaus. Im Rahmen der digitalen Gesprächsreihe „Händler helfen Händler“ traf er auf Ralf Kleber, damals Chef von Amazon Deutschland. Es ging darum, wie Einzelhändler sich mit Ideen unterstützen konnten in der gerade hereingebrochenen Coronapandemie.

Kleiner Sportartikelhändler trifft auf den deutschen Boss des weltgrößten Internetkaufhauses – das war eine schöne Geschichte, in der Wiebelhaus unter anderem mit einem Satz aufhorchen ließ. Auf die Frage, ob er sein Sortiment auch auf Amazon anbieten würde, antwortete er: „Stand heute: nein.“

Dabei ist es geblieben. Wiebelhaus ist ein Meister im Ausnutzen vieler digitaler Möglichkeiten als Händler (Whatsapp-Bestellservice, Laufstilanalyse, Social Media). Diese Strategie hatte ihn vergleichsweise souverän und mit bundesweiter Bekanntheit durch die Coronakrise getragen. Doch einen Onlineshop hat er bis heute nicht, wie er weiterhin Amazon als Verkaufsplattform meidet. Die Betriebskosten hier wie die Verkaufsprovisionen dort wären zu hoch für seinen „Frankfurter Laufshop“ nahe der Konstablerwache.

Vor zwei Wochen war Wiebelhaus wieder ein gefragter Fachhändler. Am 15. November wurde er beim jährlichen Berliner Kongress des Handelsverbands Deutschlands Zweiter in der Kategorie „Kundenversteher“ der Wertung „Zukunft Award Handel“. Drei Tage später gewann er zum dritten Mal in Folge die Hessenwertung der bundesweiten Kundenaktion „Deutschland sucht den Lieblingsladen“, hinter der auch die Einkaufsgenossenschaft ANWR (Mainhausen) steht, bei der Wiebelhaus Mitglied ist.

Mag der gebürtige Sauerländer seinen Laden in Frankfurt betreiben – er lebt seit zwei Jahrzehnten in Obertshausen. Und von dort fährt er auch bei den aktuellen Minustemperaturen mit dem Fahrrad nach Frankfurt. Seine Frau Daniela stammt aus Obertshausen – sie macht im Laufshop die Buchhaltung. Der 17 Jahre alte Finn, neben Felix einer seiner Zwillingssöhne, debütierte in diesem Jahr als Nachwuchs-Autorennfahrer in der Formel 4.

Wiebelhaus sieht sich als Teil der Obertshausener Bürger – und auch der Händlerschaft – letzteres ideell. „Nur der inhabergeführte Einzelhandel bietet persönliche Beratung, Begegnung und ist ein Treffpunkt für die Menschen“, wirbt er für seine Kollegen vor Ort. „Die Bürger sollen dort einkaufen. Wir haben hervorragende Händler in Obertshausen“, sagt Wiebelhaus und meint damit unter anderem seine Kollegen Sabine und Frank Hill vom Laufsportgeschäft „Nowalala“ in der Heusenstammer Straße, die ebenfalls einen Lauftreff initiiert haben und Aktionen anbieten, wie eine Lesung des Tagesschau-Sprechers und Hobby-Triathleten Thorsten Schröder im Juli.

Auch Anja Sauer als Inhaberin des „Büchertreffs“ (Schulstraße) beweist für Wiebelhaus, wie kreativ Obertshausener Einzelhändler sind. Im „Das Brillenlädchen“ in der Kapellenstraße gehören die Wiebelhaus‘ ebenfalls zu den Kunden. „Allein diese drei Läden stehen beispielhaft für Inhaber mit Herz und Leidenschaft. Weil die überregionalen Ketten beides nicht bieten können, verschwinden sie nach und nach vom Markt.“ Der Leerstand auf der Zeil spricht Bände. Aber wieso nach Frankfurt fahren, wenn es doch in Obertshausen alles zu kaufen gibt? Na ja, fast...

Von Steffen Gerth