Sehbehinderte plädieren für Nachbesserungen an der Kappler-Straße Neustart mit bewährten Kräften

Helga Johannes, Walter Johannes und Walter Maier (von links) engagieren sich in der Selbsthilfevereinigung. Bild: pelka

Rodgau – Menschen mit Degenerationen der Netzhaut (Retina) finden in der Regionalgruppe Offenbach/Rodgau der Pro Retina Selbsthilfevereinigung eine kompetente Anlaufstelle. Die Gruppe macht einen Neuanfang. Und sie mischt sich in aktuelle Themen ein. So möchte der Vorstand erreichen, dass auf der Konrad-Kappler-Straße nachträglich Blindenleitlinien eingebaut werden.

Der Neubeginn geschieht mit bewährten Kräften. Helga Johannes aus Jügesheim, die schon von 2017 bis 2022 Regionalgruppenleiterin war, übernimmt diese Aufgabe nun erneut. Ihre Vorgängerin hat ihr Amt aus persönlichen Gründen niedergelegt. Weitere Ansprechpartnersind Walter Johannes (Jügesheim) und Anton Fröhlich (Offenbach). Als Hilfsmittelberater stellt sich Walter Maier zur Verfügung. Zu Pro Retina kommen Menschen meist in einer verzweifelten Lage. „Ihr Arzt hat ihnen gesagt, sie würden erblinden. Das ist ein Schock. Dann wissen viele nicht mehr ein noch aus“, erläutert Helga Johannes’ Mann Walter. Die beiden leisten praktische Hilfe und geben aus eigener und fremder Erfahrung unverbindliche Ratschläge. „Medizinische Untersuchungen oder Rechtsberatung sind für uns tabu. Aber wir vermitteln in Patientensprechstunden, geben wichtige Adressen und Ansprechpartner weiter und können Tipps geben, die kennen nicht mal Krankenkassen, noch Augenoptiker oder Ärzte.“ Wer ist der passende Arzt für mich? Wie steht’s um weiterführende Hilfen? Solche Fragen stehen im Zentrum vieler Gespräche. Zu speziellen Tipps gehört zum Beispiel der Hinweis auf ein Adressenverzeichnis sämtlicher Behindertentoiletten in Europa, die mit einem einheitlichen Schlüssel kostenlos geöffnet werden können. „Wir wissen nicht nur von dem Verzeichnis, sondern wir sagen dann auch noch, wie man an den Schlüssel kommt.“ In einem vereinseigenen Beratungsraum konnten bisher auch Schulungen angeboten werden. Etwa für Krankenschwestern im Umgang mit blinden und sehbehinderten Patienten. Manchmal ging es dabei um verblüffend einfache Dinge: „Es reicht eben nicht, einem blinden Patienten zum Mittagessen den Teller hinzustellen. Man muss ihm auch sagen, wo das Fleisch, die Kartoffeln und das Gemüse liegen.“ Nach dem Umzug des Ehepaars Johannes gibt es den Beratungs- und Schulungsraum aber nicht mehr. Helga und Walter Johannes müssen nun in einer vergleichsweise kleinen Wohnung beraten. Für die Schulungen werden ehrenamtliche Kräfte gesucht. Um in der Öffentlichkeit präsent zu sein, nimmt die Regionalgruppe am nächsten Seniorentag in Rodgau teil. Bereichern wird sie auch den Offenbacher Selbsthilfegruppentag. Die Gruppe schaltet sich aber auch bei aktuellen Problemen ein. So hat Helga Johannes Bürgermeister Max Breitenbach für ein Thema sensibilisiert, das Menschen mit Augenkrankheiten und Sehschwäche den Alltag erschwert. Ausgerechnet auf dem viel genutzten Weg vom Jügesheimer Ortskern zur S-Bahn fehlen in der gerade eben erst im oberen Teil aufwendig sanierten Konrad-Kappler-Straße klare Leitlinien im Bodenbelag, an denen sich Sehbehinderte mit ihrem Blindenlangstock orientieren könnten. Betroffene suchen dort die sogenannten taktilen Bodenindikatoren vergebens, wie man sie zum Beispiel von den Bushaltestellen am S-Bahnhof in Jügesheim kennt. „Und weil es keine Bürgersteige mehr in der Kappler-Straße gibt, gibt es nicht einmal einen Randstein, an dem man entlanggehen könnte. Das erhöht die Unfallgefahr. Man läuft womöglich in den Autoverkehr oder in stehende Hindernisse hinein“, erläutert Regionalgruppenmitglied Uwe Grunh aus Offenbach. So könne das nicht bleiben.

Von Bernhard Pelka