Eine „wahrlich historischen Entscheidung“ nach zweijährigen Diskussionen Fischerzunft verhindert das drohende Aussterben

Irgendwie passt das Archivfoto zum Bericht. Zwar ist hier die Fischerzunft nicht vertreten beim Fischerstechen anno 2014, aber symbolisch ist"s allemal. Nach zwei Jahren kämpferischer Diskussion dürfen Frauen Zunftmitglied werden. Foto: SHB-Archiv

Seligenstadt (red) – Historische Entscheidung bei der Fischerzunft Seligenstadt von 1546. Mit einer Satzungsänderung erleichtert die letzte Zunft der Einhardstadt die Aufnahmemodalitäten und will so das drohende Aussterben verhindern.

Um die Fischerzunft vor dem Aussterben zu verwahren, haben die Mitglieder nun im Verlauf einer Versammlung auch die Aufnahme von Frauen beschlossen. Vorangegangenen waren Diskussionen, die sich über einen Zeitraum von zwei Jahren hinzogen.

Beim Zunfttag 2015 wurden den Mitgliedern eine umfangreiche Dokumentation vorgelegt, in der der Rückgang und das offensichtliche „Aussterben“ ganzer Familien dokumentiert wurde. Bis dahin galt, dass nur erblich berechtigte Söhne Mitglied bei der 1546 gegründeten Zunft akzeptiert wurden. Ein eigens gegründeter Ausschuss sollte Lösungsmöglichkeiten entwickeln, um die einzige verbliebene Zunft in der Einhardstadt vor dem Ende zu bewahren. Elf Teilnehmer diskutierten in mehreren Sitzungen die verschiedenen Alternativen und legten zum Zunfttag 2016 einen gemeinsamen Entwurf zur Entscheidung vor. Dieser scheiterte jedoch nach etlichen engagierten und emotionalen Wortmeldungen mit zwei Stimmen an der geforderten Dreiviertelmehrheit. Damit ging der Auftrag zurück an den Ausschuss.

Beim diesjährigen Zunfttag wurde das überarbeitete Ergebnis in einer „anschaulichen, mit statistischen Fakten unterlegten Präsentation vorgestellt“. Dann stimmten die Mitglieder erneut über die Satzungsänderung ab. Diesmal war das Ergebnis eindeutig: Von den 32 anwesenden stimmberechtigten Mitglieder cotierten 30 für die Änderung, nur zwei waren dagegen.

Der wichtige Passus des Paragrafen elf („Mitgliedschaft“) lautet nach Eintragung in das Vereinsregister nun so: „Ordentliches Mitglied kann nur der direkte und unmittelbar erblich berechtigte Nachkomme (Sohn/Tochter) eines Zunftmitgliedes oder eines verstorbenen Zunftmitgliedes werden.“

Nach dieser Abstimmung gratulierte der Zunftmeister Henrik Beyke der Zunft und den Mitgliedern zu dieser „wahrlich historischen Entscheidung“. Zudem würdigte er den Einsatz der Ausschussmitglieder, die es sich nicht leicht gemacht hatten, zu einem tragfähigen Konsens zu kommen

Traditionsgemäß begann der Zunfttag mit dem Besuch eines Gottesdienstes in St. Marien.

Nach einem gemeinsamen Frühstück im Zunfthaus eröffnete Zunftmeister Henrik Beyke die Veranstaltung. Anschließend lud der Zunftmeister wie üblich Ehefrauen, Kinder und Witwen der Mitglieder zu einem gemeinsamen Mittagessen und einem gemütlichen Nachmittag bei Kaffee und Kuchen ein. Begleitet von einem Trompetensolo von Willi Beike stimmten alle das Fischerlied an, was dem Tag und dem Anlass eine besondere Bedeutung verlieh.