Jahreskonzert beim Musikverein Klein-Welzheim Stark alkohollastiger Musikgenuss

Jahreskonzert des Musikvereins Klein-Welzheim. Foto: ha

Na denn Prost! Sehr alkohollastig gab sich der Musikverein Klein-Welzheim am vergangenen Wochenende bei seinem Jahreskonzert. Wohlgemerkt jedoch nicht im Zustand seiner Musiker, sondern in der Auswahl seiner Stücke. 

„Von Virtuosen und Spirituosen“ war das Motto des Konzertes und die Zuschauer im vollbesetzten und mit Flaschen dekorativ gestalteten Bürgerhaussaal konnten wahrhaft hochprozentiges erleben - nicht nur durch die Titel sondern auch in der musikalischen Umsetzung. Obwohl es die „echten“ Spirituosen erst gab, als sich die Virtuosen auf der Bühne ausgetobt hatten, war schon weit vorher eine begeisterte Stimmung zu verzeichnen.
Eröffnet wurde das Konzert mit dem „Big Time Operator“ durch das Jugendorchester des Vereins unter Leitung von Anja Schrod.

Heiß und kalt wurde es den Zuschauern danach, denn mit Ausschnitten aus dem Musical „König der Löwen“ steuerten sie in die heißen Gefilde Afrikas, während die anschließende Filmmelodie aus „Der Polarexpress“ in die genau gegenteilige Klimazone führte. Dem Publikum gefiel dieses thematische Wechselbad, so dass die Jugendlichen mit „Just give me a reason“ von PINK noch einen drauf setzten.
Moderator Jürgen K. Groh ist in einer kongenialen Symbiose mit dem Verein schon seit Jahren viel mehr Conférencier als schlichter Ansager. Er geleitete das Publikum nun in das Reich der Spirituosen, beginnend mit „Marsch und Prozession des Bacchus“ aus Leo Delibes Ballett „Sylvia“.

Schon hier ließ das Orchester aufblitzen, was sich durch das ganze Konzert durchziehen sollte: eine ausgewogene Harmonie. Man spürt ständig, dass der Orchesterleiter, Maestro Dietmar Schrod, äußerst viel Wert auf guten Klang und ausgewogene Harmonie legt und die Musiker im Laufe der Zeit darauf eingeschworen hat.
Genau diese Kunst war insbesondere in den drei Werken vonnöten, in welchem eine Gesangsstimme die Hauptrolle spielte. Die Welzheimer hatten Tenor Wolfgang Häfner ins Boot geholt, ausgebildeter Gesangssolist und Chorleiter. Mit „Una furtiva lagrima“ aus dem „Liebestrank“ von Donizetti, sowie später der Champagner-Arie „Fin ch’han dal vino“ aus Mozarts „Don Giovanni“ und dem Lied „No puede ser“ aus der Zarzuela „Taberna del Puerto“ von Pablo Sorozabal wehte hier große Opernluft durch Klein-Welzheims Bürgerhaus.
Eher dem Dunst des Alkohols erlag Gott Dionysos in einem Originalwerk für Blasorchester von Thomas Doss. Der Österreicher, einer der ganz großen Blasorchester-Komponisten unserer Zeit, beschreibt in seinem Werk „Dionysos takes a little walk“, was der Gott des Weines erlebt, als er vom Olymp heruntersteigt und ein Weinfest besucht. Von Liebe über Trunkenheit bis zu handfestem Streit war ein herrliches, perfekt komponiertes Werk der Programmmusik zu erleben, welches wie auf das Klein-Welzheimer Orchester zugeschnitten ist.

Die Freude und Begeisterung, mit der das Stück vorgetragen wurde, war deutlich zu spüren und zu sehen. Interessant zu beobachten, dass das Publikum immer wieder solche programmatischen Originalwerke liebt, obwohl kein Wiedererkennungseffekt bekannter Melodien gegeben ist.
Der Wiedererkennungseffekt vorprogrammiert war aber im „Champagner-Galopp“.

Das schwungvolle Werk mit dem berühmten „Plopp“ des Champagner-Korkens klingt wie eines aus der Wiener Strauß-Dynastie, stammt aber tatsächlich von einem Dänen: Hans Christian Lumbye.
Richtig spanisch wurde es bei der „Hochzeit des Luis Alonso“ von Geronimo Gimenez. Der feurige, kastagnettenunterlegte Rhythmus dieses Werkes lässt die Beine der Zuhörer nicht ruhig halten und die Finger der Holzbläser zum Glühen bringen.

An schwindelerregender Fingerfertigkeit noch einen drauf setzte man mit dem „Root Beer Rag“ von Billy Joel. Damit war auch der Abschluss-Block eröffnet, der sich mit „Pick up the pieces“ von der Avarage White Band und „Sing Sing Sing“ von Louis Prima sehr funkig und jazzig gestaltete. Gerade letzteres Werk war durch das anspruchsvolle Arrangement des Japaners Naohiro Iwai ein kleines musikalisches Juwel, gespickt mit großartigen Solos.

Überhaupt Soli: ob in Trompete, Saxophon, Posaune, Klarinette oder Schlagzeug, ob in kleineren Sequenzen oder über ausgedehnte Passagen hinweg, ob notenbasierend oder frei interpretiert: immer wieder erstaunlich, was sich so manch Hobbymusiker in begrenzter Freizeit wohl mühevoll für einen einzigen Konzertauftritt erarbeitet.
Als Zugaben lieferten die Virtuosen um Dietmar Schrod ein fetziges Arrangement von „Tequila“ sowie ein Medley des whisky-liebenden Frank Sinatra. So wandelten die Zuschauer trunken von den musikalischen Eindrücken und geistvoll bereichert wie ein edler Cognac selig wie nach einem Weingenuss nach Hause.
 

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