MUSEUMSTAG Besucher staunen über Postfahrzeuge aus den 20ern Briefe per E-Auto zugestellt

Elektrisch betriebene Postautos aus den 1920er Jahren gehören zu den bekanntesten Exponaten des Sammlungsdepots. Fo: Lynch Bild: -

Heusenstamm – Mit der Postkutsche eine Runde durch die Schlossstadt drehen, hinter dem Steuer eines elektrischen Paketwagens aus den 1920ern sitzen und danach auf Kontakt zur Internationalem Raumstation (ISS) hoffen: Anlässlich des Internationalen Museumstages am vergangenen Sonntag lud das Sammlungsdepot des Museums für Post und Kommunikation an der Philipp-Reis-Straße zu einer Reise in die (Technik-)Vergangenheit.

Vor dem Depot piepst, brummt und summt es. Der Deutsche Amateur-Radio-Club wirbt mit einem besonderen Angebot. „Bei gutem Wetter kann man die Internationale Raumstation anfunken“, sagt Hobby-Funker Ignacio Garro. Und die Chancen stünden gut, dass einer der Astronauten antwortet.

Denn alle von ihnen seien begeisterte Amateurfunker, erläutert er: „Die Astronauten machen das in ihrer Freizeit als Hobby. Und falls mal die Technik der ISS ausfallen sollte, können sie so auch mit der Erde kommunizieren“, erklärt Garro. Damit der Kontakt zustande kommt, hat der Club auf dem Vorplatz eine große Antenne aufgebaut. Am Nachmittag haben die Amateurfunker allerdings kein Glück. Trotz phasenweise guten Wetters bleibt das Funkgerät stumm.

Die ISS sei zu weit entfernt, um sie zu erreichen, erläutert Garro.
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Der Amateurfunk sei jedoch nicht nur ein Hobby für Astronauten und Technikbegeisterte, die sich ihre Geräte selbst zusammenbauen, sondern auch eine Sportart, sagt Garro. Beim Amateurfunkpeilsport werden Sender im Wald versteckt. Für die Wettkämpfer gilt es dann, den Standort herausfinden. Dabei seien körperliche Fitness, Orientierungssinn und technisches Verständnis für die Ausbreitung von Funkwellen Grundvoraussetzung. Am Stand des Clubs dürfen sich die Besucher selbst als Funker ausprobieren sowie das Morsealphabet lernen.

In der Halle schlängeln sich die Besucher derweil an den dort ausgestellten Fahrzeugen vorbei. Und davon gibt es eine Menge zu sehen: Unweit des Eingangs stehen gelb lackierte Fahrzeuge aneinandergereiht. Manche Besucher registrieren erstaunt, dass schon vor 100 Jahren elektrische Autos und Lkws der Post auf den hiesigen Straßen unterwegs waren und ihre Briefe und Päckchen von Strom angetrieben auslieferten. „Wir sind besonders stolz auf unsere reichhaltige Sammlung von Elektrofahrzeugen aus den 1920er Jahren, manche Menschen denken ja, das sei eine neue Erfindung“, sagt Depotleiter Frank Gnegel. Zu den Exponaten gehört auch ein elektrisch betriebener Lkw von 1924.

In dem Depot verstecken sich viele kleine und große Schätze aus der Vergangenheit – Postkutschen, ein gelbes Post-Motorrad mit Beiwagen aus der Nachkriegszeit, ein Übertragungswagen mit Kamerakran, große Fernmelde-Lkws der Post, die vollgepackt sind mit alter Technik – und das nicht nur aus BRD-Beständen. Auch Fahrzeuge aus der DDR sind ausgestellt, darunter zwei Trabbis. Das Besondere an den Sammlungsstücken: Fast alle Exponate dürfen die Besucher von innen besichtigen. Mancher Besucher, der sich in den Kraftpostbus aus dem Jahr 1963 setzt, stellt fest, wie komfortabel die Menschen in dieser Zeit unterwegs waren. „So bequem sitzt man heute ja nicht mal auf dem eigenen Sofa im Wohnzimmer“, scherzt ein älterer Herr, als er sich auf eine der stark gepolsterten Sitzbänke niederlässt. Wer auch mal so richtig in Nostalgie schwelgen möchte, muss sich nicht bis nächstes Jahr gedulden. Jeden ersten Freitag des Monats findet eine Führung durch das Depot statt.  sl