ZDF-Chefmeteorologe Gunther Tiersch zu Gast in Langen Der Klimawandel ist von Menschen gemacht

Wetterexperte Dr. Gunther Tiersch war auf Einladung der Langener Grünen gekommen. Foto: zcol

Langen (zcol) – Hinter uns liegt ein extremer Sommer, geprägt von hohen Temperaturen, Dürre und allen sich daraus ergebenden Konsequenzen: vertrocknete Rasenflächen, Laub abwerfende Bäume und erste Nachrichten von Wassermangel in den Städten. Sind das die unmissverständlichen Zeichen des Klimawandels? „Ja“, sagt ZDF-Chefmeteorologe Dr. Gunther Tiersch im Tagungsraum der Neuen Stadthalle Langen.

Der Wetterexperte war auf Einladung der Langener Grünen zu Gast und traf auf viele interessierte Bürger, die gerne den Ausführungen des Fachmannes lauschten. Und das Bild, das Tiersch zeichnet, ist wahrlich alarmierend. Der Fernsehmeteorologe zeigt aktuelle Statistiken der Temperaturen und Niederschlagsentwicklungen der vergangenen 150 Jahre. Es sei unbestritten, dass es seit dem Jahr 1980 immer höhere Temperaturen auf der Erde gebe. Noch schwieriger sind die immer niedriger werdenden Niederschläge.

„Aber trotzdem schlägt dieses Jahr voll raus. Gar nicht unbedingt in der Höhe der Temperaturen – 2014 war es in den Höchstwerten heißer – sondern in der Dauer der Hitzeperiode und vor allem in der Dauer der Trockenheit. Es gab ja so gut wie keinen Regen im Juli und im August“, erläutert der Wetterexperte. Probleme gebe es sehr vielfältige: Die Abholzung des Regenwaldes, die großen Brandrodungen in Afrika, die Masse an Plastikmüll, die sich auf Jahrhunderte in den Meeren sammelt, der immense Wasserverbrauch und CO2-Ausstoß.

Die Belastung der Meere ist immens: „93 Prozent der Treibhausgase werden in den Meeren gespeichert, nur zwei Prozent in der Luft. Dadurch erwärmt sich das Meer immer weiter“, erklärt Gunther Tiersch. Das zerstöre die Korallenlandschaften, ab 28 Grad Wassertemperatur sterben sie ab. Aber es kommt auch immer mehr Wärme in die Atmosphäre. Drastische Auswirkungen habe das auf Grönland. Noch sei das Areal eisbedeckt, aber die Ränder schmelzen immer weiter ab. Der Norden von Grönland sei in diesem August erstmals eisfrei gewesen.

„Bei einer Temperaturzunahme von zwei bis drei Grad taut das Eis in Grönland unwiederbringlich auf – das hat einen Anstieg des Meeresspiegels von acht Metern zur Folge“, warnt der Fachmann. Das Abtauen des arktischen Eises habe schon jetzt spürbare Auswirkungen für das Wetter. Die immense Kälte fehle, damit werden die Temperaturgegensätze geringer und die Strömungen kleiner. Das bedeute wiederum, dass das Wetter weniger Schwankungen unterliegt und extreme Wetterlagen länger bleiben – wie die immense Wärme und Trockenheit in diesem Sommer.

Die Realität in 80 Jahren, das hätten Fachleute untersucht, seien zehn bis zwölf Grad Temperaturzuwachs in der Arktis, sechs Grad im asiatischen Raum und drei bis vier Grad in Europa. Für Hessen geht Tiersch von durchschnittlich drei Grad aus. Das bedeute, dass es dann 30 zusätzliche Tage mit warmen Temperaturen gibt, etwa 50 Tage mit Temperaturen über 30 Grad. Auch für die sogenannten tropischen Nächte gelte das, Nächte in denen die Temperaturen nicht unter 20 Grad sinken. Das seien klimatische Bedingungen wie derzeit in Südfrankreich. „Da baut dann doch jeder eine Klimaanlage ins Schlafzimmer ein“, schätzt Tiersch. Der Niederschlag im Winter wird mehr – und im Sommer noch deutlich weniger. Das Bodenwasser wird geringer, die Waldbrandgefahr steigt und die Buchen werden schon in nicht allzu ferner Zukunft extrem leiden. „Jetzt können wir handeln, aber wir müssen international handeln“, hofft der ZDF-Wetter-Chef auf weitreichende politische Entscheidungen. Jeder könne etwas für das Klima tun: „Weniger in Plastik eingeschweißte Lebensmittel und Dinge kaufen und die Ernährung ein bisschen umstellen, das ist schon einmal ein Anfang“, sagte Tiersch.

Zum Abschluss betonte der Wetterexperte auf Nachfrage explizit, dass sich die Forscher sehr einig sind: der Klimawandel ist seit 20 bis 30 Jahren da – und menschengemacht.